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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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sie vollständig genesen ist.«
    »Es ist zu spät«, erwiderte er. »Sie kann sich zu uns gesellen, wenn es ihr wieder gut geht.«
    »Man hat doch kaum mit dem Packen begonnen.«
    »Für sie ist es zu spät«, berichtigte er mich. Sofort machte auf dem Bowling-Platz ein unterdrücktes Raunen die Runde. »Es ist zu spät für sie, mich um Gefallen zu bitten. Ich weiß, was ich weiß.«
    Ich zögerte. Ich verspürte den starken Wunsch, ihn beim Kragen seines Wamses zu packen und seine fette Selbstsucht aus ihm herauszuschütteln. Meine Schwester lag nach dem Albtraum einer grausigen Totgeburt fiebernd zu Bett, und hier vergnügte sich ihr Mann im Sonnenschein beim Bowling-Spiel und erklärte dem Hof, sie sei in Ungnade gefallen.
    |619| »Dann muß ich Euch noch einmal versichern, daß sie und ich und alle Howards niemals auch nur einen Augenblick von unserer Liebe und Treue Euch gegenüber gewichen sind«, sagte ich. Ich bemerkte, daß mein Onkel bei meiner Anspielung auf die Verwandtschaft die Stirn runzelte.
    »Wir wollen hoffen, daß Ihr nicht alle auf die Probe gestellt werdet«, erwiderte der König unfreundlich. Dann drehte er mir den Rücken zu und rief Jane Seymour. Mit demütig gesenktem Blick kam sie herbeigetrippelt.
    »Möchtet Ihr mit mir spazierengehen?« fragte er sie mit völlig veränderter Stimme.
    Sie machte einen tiefen Knicks, als sei dies zuviel der Ehre, als könne sie nicht einmal mit ihm sprechen, legte ihre kleine Hand auf seinen mit Juwelen besetzten Ärmel und ging mit ihm fort. Der Hofstaat folgte ihnen in diskretem Abstand.
     
    Der Hof summte nur so von Gerüchten, die George und ich allein nicht widerlegen konnten. Früher einmal war es ein Verbrechen gewesen, auf das Todesstrafe stand, auch nur ein Wort gegen Anne zu sagen. Nun wurden Lieder und Scherze über ihren stets zu Tändeleien aufgelegten Freundeskreis verbreitet, und skandalöse Andeutungen machten die Runde über ihre Unfähigkeit, ein Kind auszutragen.
    »Warum bringt Henry sie nicht zum Schweigen?« fragte ich William. »Weiß Gott, er hätte die Macht dazu.«
    »Er erlaubt ihnen, alles zu sagen, was sie wollen«, meinte er. »Man behauptet sogar, sie hätte dem Teufel ihre Seele verkauft.«
    »Narren!« entrüstete ich mich.
    Er nahm mich sanft bei der Hand »Aber Mary, wie sonst hätte sie ein solches Ungeheuer gebären können, außer nach einer ungeheuerlichen Paarung? Sie muß das Kind in Sünde empfangen haben.«
    »Von wem denn, um Gottes willen? Glaubst
du
etwa auch, sie hätte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen?«
    »Glaubst du nicht, daß sie es täte, wenn sie dadurch einen Sohn empfangen würde?« fragte er zurück.
    |620| Das ließ mich innehalten. Unglücklich schaute ich ihm in die braunen Augen. »Pst«, warnte ich ihn, ich fürchtete mich sogar schon vor den Worten. »Ich will nicht einmal daran denken.«
    »Was ist, wenn sie einen Hexenzauber gemacht und so dieses Ungeheuer empfangen hat?«
    »Dann?«
    »Dann hätte er recht, wenn er sie verstieße.«
    Einen Augenblick lang versuchte ich zu lachen. »Das ist ein jämmerlicher Scherz in einer so traurigen Zeit, William.«
    »Es ist kein Scherz, Frau.«
    »Ich kann es nicht glauben!« rief ich ungehalten. »Ich kann nicht begreifen, was mit uns geschehen ist!«
    Er scherte sich nicht darum, daß wir im Garten waren und jeden Augenblick ein Höfling zu uns stoßen konnte, legte mir den Arm um die Taille und drückte mich fest an sich, so vertraut, als stünden wir auf dem Stallhof seines Gutshofes. »Meine Liebe, meine Liebste«, murmelte er zärtlich. »Sie muß etwas sehr Schlimmes getan haben, um ein solches Ungeheuer zu gebären. Du weißt nicht einmal, was. Hast du nicht selbst geheime Besorgungen für sie machen müssen? Eine Hebamme geholt? Einen Trank gekauft?«
    »Du selbst …«, stotterte ich.
    Er nickte. »Und ich habe ein totes Kind beerdigt. Gebe Gott, daß diese Angelegenheit bald ruhig beigelegt wird und niemand zu viele Fragen stellt.«
     
    Als der König und Anne lachend davongeritten waren und Königin Katherine allein zurückgeblieben war, hatte der Hof schon einmal eine Königin im leeren Palast zurückgelassen. Nun wiederholte Henry es. Anne schaute vom Fenster ihres Schlafgemaches aus zu. Sie kniete auf einem Stuhl, weil sie noch zu schwach zum Stehen war. Und er führte an der Seite von Jane Seymour die Reise des Hofes zu seinem Lieblingspalast in Greenwich an.
    Unter der Menge der fröhlichen Höflinge, die dem lachenden König

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