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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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zurücknimmt.«
    »Auch das könnte ich ertragen«, erwiderte ich. »Mir hat es in Hever gefallen. Ich bin gern jeden Tag ausgeritten und im Garten spazierengegangen. Ich war beinahe drei Monate allein dort, und ich war noch nie zuvor in meinem Leben irgendwo allein. Ich habe gemerkt, daß ich den Hof und die Königin und den König gar nicht brauche, nicht einmal dich. Ich reite gerne aus und begutachte das Ackerland. Es hat mir gefallen, mit den Bauern zu sprechen und ihre Felder zu sehen, zu beobachten, wie die Dinge wachsen.«
    »Willst du etwa Bäuerin werden?« Sie lachte verächtlich.
    »Ich könnte als Bäuerin glücklich sein«, erwiderte ich ruhig. »Ich bin in den König verliebt« – ich hielt den Atem an –, »o ja, sehr verliebt. Aber wenn alles schiefgeht, dann könnte ich auf einem kleinen Bauernhof leben und glücklich sein.«
    Anne ging zu der Truhe am Fußende des Bettes und zog eine neue Haube heraus. Sie betrachtete sich im Spiegel, während sie sich das Haar glattstrich und die Kopfbedeckung befestigte. Die verlieh ihren Gesichtszügen sofort eine elegante Note, was ihr natürlich bewußt war.
    |77| »Wenn ich an deiner Stelle wäre, ginge es für mich um den König oder nichts«, sagte sie. »Ich würde Kopf und Kragen riskieren, wenn ich die Chance hätte, den König für mich zu gewinnen.«
    »Ich will den Mann und nicht den König.«
    Sie zuckte die Achseln. »Das ist ein und dasselbe. Du kannst ihn nicht begehren wie einen ganz gewöhnlichen Sterblichen und dabei die Krone auf seinem Kopf vergessen. Er ist der Beste. Es gibt keinen Mann im Königreich, der über ihm steht. Du müßtest schon König François in Frankreich oder den Kaiser in Spanien aufsuchen, um seinesgleichen zu finden.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe den Kaiser und den französischen König gesehen, und ich würde keinen von beiden auch nur ein zweites Mal anschauen.«
    Anne zog ihr Mieder ein wenig nach unten, so daß die Rundung ihrer Brüste besser zur Geltung kam. »Dann bist du eine Närrin«, meinte sie schlicht.
    Als wir fertig waren, führte sie mich in die Gemächer der Königin. »Sie nimmt dich wieder auf, aber sie wird dich kaum herzlich willkommen heißen«, sagte Anne, als die Soldaten vor dem Gemach der Königin salutierten und uns die zweiflügelige Tür aufhielten. Wir beiden Boleyn-Mädchen traten ein, als gehörte uns das halbe Schloß.
    Die Königin saß am Fenster, das weit offenstand, um die kühle Abendluft hereinzulassen. Neben ihr sang der Hofmusikant zur Laute. Ihre Hofdamen umringten sie, manche nähten, andere waren untätig und warteten auf den Ruf zum Abendessen. Die Königin sah aus, als sei sie in vollkommenem Frieden mit der Welt – umgeben von Freunden im Heim ihres Mannes. Sie schaute aus dem Fenster auf die kleine Stadt Windsor und auf die Biegung des zinngrauen Flusses. Als sie mich erblickte, verzog sie keine Miene. Sie war zu gut erzogen, als daß sie ihre Enttäuschung gezeigt hätte. Sie warf mir ein kleines Lächeln zu. »Ah, Mistress Carey«, sagte sie, »Ihr habt Euch erholt und seid an den Hof zurückgekehrt?«
    Ich machte einen Hofknicks. »Sehr wohl, Majestät.«
    |78| »Ihr seid die ganze Zeit über im Heim Eurer Eltern gewesen?«
    »Ja, in Hever Castle, Majestät.«
    »Ihr müßt Euch wirklich gut ausgeruht haben. Dort gibt es doch nichts als Kühe und Schafe, glaube ich?«
    Ich lächelte. »Es ist Bauernland«, stimmte ich ihr zu, »aber es gab viel für mich zu tun. Es hat mir Freude bereitet, auszureiten und die Felder anzusehen und mit den Männern zu reden, die sie bestellen.«
    Ich merkte einen Augenblick lang, wie meine Vorstellung vom Land sie faszinierte, das sie doch selbst nach all den Jahren in England nur als Kulisse für die Jagd, für Picknicks und die sommerliche Staatsreise des Königs betrachtete. »Hat Seine Majestät befohlen, daß Ihr zurückkehren sollt?«
    Ich hörte hinter mir Anne leise warnend zischen, doch ich achtete nicht darauf. Ich war närrisch und romantisch genug, daß ich meinte, dieser guten Frau nicht in die Augen blicken und sie anlügen zu können. »Der König hat nach mir geschickt, Majestät«, erwiderte ich.
    Sie nickte und senkte den Blick auf ihre Hände, die ruhig gefaltet in ihrem Schoß lagen. »Dann seid Ihr vom Glück begünstigt«, war alles, was sie sagte.
    Es herrschte ein kurzes Schweigen. Ich wollte ihr so gern erzählen, daß ich mich in ihren Mann verliebt hatte, sie mir aber meilenweit überlegen wäre.

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