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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Niemand«, beharrte er.
    »Ich bin eine Howard-Frau. Das bedeutet, daß ich eine der größten im Land sein könnte. Oder ein Niemand wie Ihr. Es kommt alles darauf an.«
    »Worauf?« fragte er neugierig.
    Ich dachte daran, wie Henrys Gesicht plötzlich finster geworden war, als ich ihm mißfallen hatte. »Auf mein Glück.«

|74| Sommer 1522
    Mitten im Juni, im dritten Monat meiner Verbannung, als die Blüten der Rosen den Garten von Hever mit ihrem Duft erfüllten, erreichte mich ein Brief von Anne.
     
    Es ist vollbracht. Ich habe mich zu ihm gesellt und von Dir gesprochen. Ich habe ihm berichtet, daß Du ihn schmerzlich vermißt und Dich buchstäblich nach ihm verzehrst. Du hättest Deine Familie verärgert, indem Du Deine Liebe zu ihm allzu deutlich zeigtest, und man hätte Dich vom Hof fortgeschickt, damit Du ihn vergißt. So widersprüchlich sind die Männer: Die Vorstellung, daß Du seinetwegen leidest, hat ihn außerordentlich erregt. Jedenfalls kannst Du jetzt an den Hof zurückkehren. Wir sind in Windsor. Vater sagt, Du sollst einem halben Dutzend Männern aus der Burg befehlen, Dich zu begleiten, und sofort kommen. Richte es so ein, daß Du ohne großes Aufsehen bereits vor dem Abendessen hier eintriffst. Begib Dich dann unverzüglich auf unser Zimmer, wo ich Dir Anweisungen geben werde, wie Du Dich zu verhalten hast.
     
    Windsor Castle, eines von Henrys schönsten Schlössern, prangte auf seiner Anhöhe wie eine edle graue Perle auf grünem Samt. Vom Turm flatterte die Fahne des Königs, die Zugbrücke war heruntergelassen, und es herrschte ein ständiges Kommen und Gehen von Wagen, Händlern, Bierkutschen und Karren. Wo immer sich der Hof aufhielt, saugte er dem Land ringsum den Wohlstand wie Mark aus den Knochen. Windsor hatte reichlich Erfahrungen gesammelt, wie man den Appetit des Hofes stillen und dabei guten Gewinn machen konnte.
    Ich schlüpfte durch eine Seitentür ins Schloß und suchte |75| den Weg zu unseren Gemächern, ging unterwegs allen aus dem Weg. Annes Zimmer war leer. Ich richtete mich ein, und wie ich es erwartet hatte, kam sie gegen drei Uhr herein und zog sich die Haube vom Haar. Sie fuhr erschrocken zusammen, als sie mich sah.
    »Ich habe gedacht, du bist ein Gespenst! Hast du mich aber erschreckt!«
    »Du hast mir doch geschrieben, ich solle heimlich in dein Zimmer kommen.«
    »Ja, ich wollte dir die Lage erklären. Ich habe eben mit dem König gesprochen. Wir waren auf der Turnierbahn und haben Lord Percy zugesehen.
Mon Dieu!
Wie heiß es ist!«
    »Was hat er gesagt?«
    »Lord Percy? Oh, der war zauberhaft.«
    »Nein, der König.«
    Anne lächelte bewußt herausfordernd. »Er hat sich nach dir erkundigt.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Laß mich nachdenken.« Sie warf ihre Haube auf das Bett und schüttelte ihr Haar aus. »Oh, ich kann mich nicht mehr erinnern. Es ist so heiß.«
    Anne hatte mich zu oft zum Narren gehalten. Diesmal wollte ich mich nicht von ihr quälen lassen. Ich setzte mich also still auf den kleinen Holzschemel neben dem Kamin und wandte meinen Kopf nicht um, während sie sich das Gesicht wusch, Arme und Nacken mit Wasser besprengte, das Haar wieder zurückband und sich währenddessen laut und mit gezierten französischen Worten über die große Hitze beklagte. Nichts brachte mich dazu, den Kopf zu wenden.
    »Ich glaube, jetzt erinnere ich mich wieder«, meinte sie.
    »Es ist einerlei«, antwortete ich. »Ich werde ihn ja gleich beim Abendessen selbst sehen. Dann kann er mir persönlich sagen, was er mir mitteilen möchte. Dich brauche ich nicht dazu.«
    Das brachte sie sofort auf. »O doch! Wie wirst du dich verhalten? Du weißt schließlich gar nicht, was du sagen sollst!«
    |76| »Ich habe genug gewußt, daß er sich bis über beide Ohren in mich verliebt hat und mich um mein Halstuch bat«, erwiderte ich kühl. »Das sollte wohl reichen, um nach dem Essen ein wenig höflich mit ihm zu plaudern.«
    Anne trat einen Schritt zurück und musterte mich. »Du bist ja sehr gelassen«, meinte sie nur.
    »Ich hatte reichlich Zeit zum Nachdenken«, antwortete ich nüchtern.
    »Und?«
    »Ich weiß jetzt, was ich will.«
    Sie wartete.
    »Ich will ihn«, sagte ich.
    Sie nickte. »Das will jede Frau in ganz England. Ich habe nie angenommen, daß ausgerechnet du da eine Ausnahme wärst.«
    Ich tat diese Beleidigung mit einem Achselzucken ab. »Und ich weiß, daß ich auch ohne ihn leben kann.«
    Ihre Augen verengten sich. »Es ist dein Ruin, wenn William dich nicht

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