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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Schwester.«
    Hinter ihm blickte Henry rasch von seinen Papieren auf und sah mich im Türrahmen stehen, mit dem cremefarbenen Kleid, das Anne für mich ausgesucht hatte. Bei meinem Anblick seufzte er auf, und ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg und ein Lächeln das Gesicht wärmte.
    »Guten Tag, Sire. Und auch dir guten Tag, mein lieber Bruder«, sagte ich leise, während ich die Augen nicht von Henrys Gesicht losreißen konnte.
    Henry stand auf und streckte die Hand aus, als wolle er mich an sich ziehen. Mit einem Blick auf seinen Schreiber verharrte er jedoch in dieser Geste.
    »Ich frühstücke mit Euch«, meinte er. »Sagt der Königin, daß ich Euch in wenigen Augenblicken folgen werde. Sobald |93| ich mit diesen … diesen …« Seine vage Handbewegung verriet, daß er keinerlei Vorstellung hatte, worum es in diesen Papieren ging.
    Wie magisch angezogen kam er durch das Zimmer auf mich zu. »Und Ihr, geht es Euch gut heute morgen?« fragte er leise, nur für meine Ohren bestimmt.
    »Ja.« Ich warf ihm einen schnellen, koketten Blick zu. »Ich bin ein wenig müde.«
    Seine Augen blitzten auf. »Habt Ihr nicht gut geschlafen, meine Süße?«
    »Kaum.«
    »Hat Euch das Bett nicht gefallen?«
    Ich kam ins Straucheln; bei derlei Wortgeplänkeln stellte ich mich nie so geschickt an wie Anne. Schließlich sagte ich nur schlicht die Wahrheit. »Sire, es hat mir sehr gut gefallen.«
    »Würdet Ihr dort wieder schlafen?«
    Ich fand die richtige Antwort. »Oh, Sire, ich habe gehofft, daß ich dort schon sehr bald wieder
nicht
schlafen würde.«
    Er warf den Kopf in den Nacken und lachte, ergriff meine Hand und drückte mir einen Kuß auf die Handfläche. »Meine Dame, Euer Wunsch ist mir Befehl«, versprach er. »Ich bin Euer Diener – in jeder Beziehung.«
    Ich neigte den Kopf, um seinen Mund zu sehen, den er auf meine Hand preßte. Ich konnte die Augen nicht von seinem Gesicht losreißen. Er hob den Kopf, und wir blickten einander mit einem langen Blick voller Begierde an.
    »Ich sollte jetzt gehen«, sagte ich. »Die Königin wird sich schon fragen, wo ich bleibe.«
    »Ich folge Euch«, erwiderte er. »Glaubt mir.«
    Ich warf ihm ein rasches Lächeln zu und lief die Galerie entlang hinter den Hofdamen her. Ich hörte das Rascheln meines Seidenkleides. Mit jeder Faser meines Körpers spürte ich, daß ich jung und wunderschön war und geliebt wurde. Geliebt von keinem Geringeren als dem König von England.
    Er erschien zum Frühstück und lächelte, als er sich setzte. Die blassen Augen der Königin nahmen mein rosiges Gesicht und den satten Schimmer meines cremefarbenen Kleides wahr, |94| und sie wandte den Blick ab. Sie rief nach Musikanten, die uns während der Mahlzeit aufspielen sollten, und befahl ihren Rittmeister herbei.
    »Werdet Ihr heute auf die Jagd gehen, Sire?« fragte sie den König freundlich.
    »Ja, gewiß. Möchten vielleicht einige Damen der Jagd folgen?« lud uns der König ein.
    »Da bin ich ganz sicher«, antwortete sie in ihrem gewohnt liebenswürdigen Ton. »Mademoiselle Boleyn, Mistress Parker, Mistress Carey? Von Euch weiß ich, daß Ihr begeisterte Reiterinnen seid. Möchtet Ihr Euch heute dem König anschließen?«
    Jane Parker warf mir einen raschen, boshaften Blick zu, weil die Königin mich als letzte genannt hatte. Sie weiß nichts, dachte ich und vollführte im Geiste einen Freudentanz. Sie kann triumphieren, soviel sie will, denn sie weiß nichts.
    »Wir wären entzückt, mit dem König auszureiten«, antwortete Anne aalglatt. »Alle drei.«
     
    Im großen Hof vor den Ställen stieg der König auf sein großes Jagdpferd, während einer der Stallburschen mich auf den Sattel des Pferdes hob, das mir der König geschenkt hatte. Ich schlang mein Bein fest um den Sattelknauf und drapierte mein Reitgewand so, daß es mit schönem Faltenwurf herabfiel. Anne musterte mich kritisch wie immer, ohne auch nur die kleinste Kleinigkeit zu übersehen, und ich freute mich, als sie mir anerkennend zunickte. Sie rief dem Reitburschen zu, er möge ihr in den Sattel helfen, und brachte ihr Jagdpferd ruhig neben meinem zum Stehen, während sie sich zu mir herüberlehnte.
    »Wenn er dich in den Wald führen und dich dort nehmen will, sagst du nein«, flüsterte sie mir zu. »Versuche dich daran zu erinnern, daß du eine Howard bist und keine dahergelaufene Hure.«
    »Wenn er mich aber will …«
    »Wenn er dich wirklich will, dann wartet er.«
    Der Jäger blies ins Horn, und alle Pferde auf

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