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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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dem Hof strafften die Muskeln. Henry grinste mir zu wie ein aufgeregter |95| Bub, und ich strahlte zurück. Meine Stute Jesmond war angespannt wie eine Feder, und als der Jagdmeister endlich den Weg über die Zugbrücke anführte, trabten wir rasch hinter ihm her. Es war ein strahlender Tag, aber nicht zu heiß. Die Wiesen wogten in einer kühlen Brise, und die Schnitter lehnten sich auf ihre Sensen und schauten auf uns, als wir vorüberritten, lüfteten die Mützen, sobald sie die leuchtenden Farben der adeligen Reiter bemerkten, fielen dann auf die Knie, als sie die Standarte des Königs erblickten.
    Ich schaute zum Schloß zurück. Ein Fenster in den Gemächern der Königin stand offen, und ich sah sie mit ihrer dunklen Haube und mit bleichem Gesicht da stehen und uns nachblicken. Sie würde sich zum Abendessen zu uns gesellen, und sie würde Henry anlächeln und mich anlächeln, als hätte sie nicht gesehen, wie wir Seite an Seite ausritten, um uns einen Tag lang zusammen zu vergnügen.
    Plötzlich klang das Kläffen der Hunde anders, und dann verstummte es völlig. Mit einem langen, lauten Hornsignal verkündete der Jäger, daß die Hunde eine Spur aufgenommen hatten.
    »Ho!« trieb Henry sein Pferd an.
    »Da!« schrie ich auf. Am anderen Ende der Allee, die sich vor uns auftat, erblickte ich die Silhouette eines mächtigen Hirschs, der sein Geweih nach hinten reckte, während er in rasendem Lauf vor der Jagd floh. Sofort hetzten die Hunde hinter ihm her, beinahe stumm, außer einem gelegentlichen erregten Bellen. Sie stürzten sich ins Unterholz, und wir zügelten unsere Pferde und warteten. Die Jäger entfernten sich aufgeregt von der Jagdgesellschaft, durchkämmten im Zickzack den Wald, hofften den Hirsch zu erspähen, wenn er durch das Dickicht brach. Plötzlich erhob sich einer von ihnen in den Steigbügeln und blies ein lautes Hornsignal. Mein Pferd bäumte sich bei diesem Ton vor Erregung hoch auf und machte auf der Hinterhand kehrt. Verzweifelt klammerte ich mich am Sattelknauf fest und griff ihm in die Mähne. Es war mir gleichgültig, wie es aussah, solange ich nicht nach hinten hinunter in den Schlamm fiel.
    |96| Der Hirsch brach durch das Unterholz und rannte um sein Leben über das rauhe, unebene Gelände am Waldrand, das auf die Sumpfwiese und dann zum Fluß führte. Sofort rasten die Hunde hinter ihm her, dahinter folgten die Pferde in halsbrecherischer Jagd. Rings um mich trommelten Hufe. Ich kniff die Augen zusammen, während mir der Schlamm in großen Brocken ins Gesicht flog. Ich beugte mich tief über Jesmonds Hals, trieb sie vorwärts. Ich spürte, wie mir der Hut vom Kopf flog. Plötzlich tauchte vor mir eine Hecke auf, weiß mit Sommerblüten. Ich spürte, wie Jesmonds kraftvolle Hinterhand sich unter mir anspannte und wie sie mit einem mächtigen Sprung über die Hecke setzte und auf der anderen Seite sofort wieder in schnellsten Galopp fiel. Der König ritt vor mir, seine Aufmerksamkeit galt allein dem Hirsch, der den Abstand zu uns stetig vergrößerte. Mein Haar wehte, nachdem sich die Nadeln gelöst hatten, und ich lachte leichten Herzens und spürte den Wind im Gesicht. Jesmonds Ohren spielten, als sie mich lachen hörte, dann lauschte sie wieder nach vorn, als wir eine weitere Hecke erreichten, vor der noch ein unangenehmer kleiner Graben zu überqueren war. Sie bemerkte das genau wie ich, hielt aber nur einen winzigen Augenblick inne, ehe sie einen mächtigen Sprung wagte und das Hindernis überwand. Ich konnte den Duft zerquetschten Geißblatts riechen, als ihre Hufe die Hecke streiften. Dann waren wir hinüber, rasten immer schneller weiter. Vorn stürzte sich der Hirsch, der nur noch als kleiner brauner Punkt sichtbar war, in den Fluß und schwamm mit starken Stößen auf das andere Ufer zu. Der Jagdmeister versuchte verzweifelt, den Hunden mit einem weiteren Hornsignal zu befehlen, daß sie dem Tier nicht ins Wasser folgen, sondern zu ihm zurückkommen und am Ufer entlanghetzen sollten, um mit der Beute Schritt zu halten und den Hirsch zu stellen, sobald er wieder an Land ging. Doch die Hunde waren zu erregt, um diesem Signal zu gehorchen. Die Vorreiter preschten vor, aber das halbe Rudel war schon hinter dem Hirsch her ins Wasser gesprungen, manche wurden von der schnellen Strömung fortgerissen. Henry zügelte sein Pferd und beobachtete, wie sich das Chaos entfaltete.
    |97| Ich fürchtete, er würde wütend werden, aber er warf den Kopf in den Nacken und lachte, als

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