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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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stimmten sie eine Gigue von ansteckender Fröhlichkeit an. Henry kam auf mich zu, und ich erhob mich, um mit ihm zu tanzen, doch er lächelte mir nur zu und streckte Anne seine Hand hin. Mit gesenkten Augen ging sie an mir vorüber. Als ich hochschaute, traf mein Blick den der Königin. Sie schaute Anne und mich ausdruckslos an. Es spielte keine Rolle. Letztlich würden wir doch alle geopfert werden.
     
    Ich wartete fieberhaft darauf, daß der Hof sich endlich auf die sommerliche Staatsreise begeben würde, damit ich nach Hever |233| zu meinen Kindern gehen konnte. Doch der Abreisetermin verzögerte sich, weil sich Kardinal Wolsey und der König nicht einigen konnten, wohin der Hof zuerst ziehen sollte. Der Kardinal, der tief in den Verhandlungen mit Frankreich, Venedig und dem Vatikan, den neuen englischen Verbündeten gegen die Spanier, steckte, wollte, daß der Hof in der Nähe von London blieb, so daß er den König jederzeit leicht erreichen konnte, falls es zu einem Krieg kam.
    Doch in London und in allen Hafenstädten wütete die Pest, und Henry hatte ungeheure Angst vor Krankheiten. Er wollte weit hinaus ins Land ziehen, wo das Wasser rein und klar war und wohin ihm die Meute der Bittsteller und Bettler aus den Sümpfen der Stadt nicht folgen würde. Der Kardinal argumentierte, so gut er konnte, aber Henry, der stets vor Krankheit und Tod floh, war nicht aufzuhalten. Er wollte sogar bis nach Wales reisen, um Prinzessin Mary zu besuchen, aber in der Nähe von London wollte er um keinen Preis bleiben.
    Ich durfte nirgends ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Königs und ohne George als Begleitung hin. Ich fand sie beide beim Tennisspiel. Während ich zuschaute, prallte ein guter Schlag von George krachend vom überhängenden Dach ab und hüpfte zurück auf den Platz. Doch Henry war schon da und hieb ihn mit kräftigem Schwung in die Ecke des Feldes.
    George hob anerkennend die Hand und schlug erneut auf. Anne saß mit einigen Hofdamen an der Seitenlinie im Schatten. Ich unterdrückte meinen ersten Impuls, mich neben sie zu setzen und zu überstrahlen, stellte mich statt dessen hinten hin und wartete darauf, daß der König sein Spiel beendete.
    Selbstverständlich gewann er. George trieb ihn bis zum allerletzten Punkt und verlor dann überzeugend. Alle Damen klatschten Beifall, und der König wandte sich mit hochrotem Gesicht lächelnd um und sah mich.
    »Ich hoffe, Ihr hattet nicht auf Euren Bruder gesetzt.«
    »Ich würde in keinem Spiel, bei dem es um Geschicklichkeit geht, je gegen Eure Majestät setzen«, erwiderte ich. »Mein kleines Vermögen ist mir lieb.«
    |234| Darüber mußte er lächeln. Er nahm das Tuch, das ihm ein Page reichte, und trocknete sich das Gesicht ab.
    »Ich bin hier, um Euch um einen Gefallen zu bitten«, sagte ich rasch, ehe irgend jemand uns unterbrechen konnte. »Ich möchte unseren Sohn und unsere Tochter besuchen, ehe der Hof auf Reisen geht.«
    »Gott weiß, wohin wir ziehen«, sagte Henry und runzelte die Stirn. »Wolsey sagt immer …«
    »Wenn ich heute aufbrechen dürfte, könnte ich innerhalb einer Woche wieder hier sein«, fuhr ich leise fort. »Und könnte dann mit Euch reisen, wohin auch immer.«
    Er wollte nicht, daß ich ihn allein ließ. Das Lächeln erstarb ihm auf den Lippen. Ich warf George einen raschen Blick zu, flehte ihn um Hilfe an.
    »Wenn du zurückkommst, kannst du uns erzählen, wie es dem Jungen geht!« meinte er. »Ob er so stark ist und so gut aussieht wie sein Vater. Was sagt die Amme? Ist er blond?«
    »Goldblond wie ein Tudor«, erwiderte ich schnell. »Aber niemand kann mir einreden, daß er besser aussieht als sein Vater.«
    Nun lächelte Henry zu unserem Glück wieder. »Ah, Mary, Ihr seid eine Schmeichlerin.«
    »Ich möchte so gern sicher sein, daß man sich wirklich gut um ihn kümmert, ehe ich mit Euch fortziehe, Majestät«, sagte ich.
    »Nun gut«, gestand er mir zu. Seine Augen wanderten an mir vorüber zu Anne. »Ich werde mich zu beschäftigen wissen.«
    Alle Damen in Annes Umgebung lächelten, als sie merkten, daß er in ihre Richtung blickte. Die wagemutigeren warfen den Kopf in den Nacken und kokettierten wie dressierte Ponys in der Manege. Nur Anne schaute Henry an und wandte dann die Augen ab, als sei seine Aufmerksamkeit ihr gleichgültig. Sie lächelte Francis zu. Die Drehung ihres Kopfes war so vielsagend wie die geflüsterten Versprechungen anderer Frauen. Francis tauchte augenblicklich neben ihr auf, ergriff ihre Hand und

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