Die Schwestern des Lichts - 3
standen neben ihm. »Und euch, Prindin und Tossidin.«
Chandalen stürzte nach vorn. »Mich! Warum ausgerechnet mich!«
»Weil ich nicht scheitern darf. Ich weiß, wenn ich Savidlin mitnähme, würde er sein Bestes geben, doch wenn er versagt, dann wüßten die Schlammenschen, daß er sein Bestes versucht hätte. Du bist der bessere Menschenjäger. Richard hat mir mal erzählt, müßte er einen Mann aussuchen, der an seiner Seite kämpfen soll, dann wärst das du, obwohl du ihn haßt.
Dort, wo wir hingehen, bilden Menschen die Gefahr. Wenn ich es nicht schaffe und du mich enttäuscht, wird jeder denken, es läge daran, daß du nicht dein Bestes gegeben hast. Man wird immer glauben, daß du mich hast sterben lassen – einen anderen Schlammenschen hast sterben lassen – , weil du mich und Richard haßt. Läßt du zu, daß man mich tötet, wirst du bei den Schlammenschen – bei deinem eigenen Volk – nie wieder willkommen sein.«
Prindin trat vor, sein Bruder gleich neben ihm. »Ich komme mit. Mein Bruder auch. Wir werden dir helfen.«
Chandalen war außer sich. »Aber ich nicht! Ich werde nicht mitgehen!«
Kahlan blickte hinüber zum Vogelmann. Er sah sie aus seinen braunen Augen an, dann warf er Chandalen einen eisenharten Blick zu. »Kahlan ist ein Schlammensch. Du bist der tapferste und gerissenste Krieger von uns allen. Es ist deine Aufgabe, uns zu beschützen. Uns alle. Du wirst es tun. Du wirst mit ihr gehen. Du wirst ihre Befehle befolgen, und du wirst sie sicher dorthin bringen, wohin sie will. Wenn nicht, dann wirst du jetzt sofort gehen und niemals wiederkommen. Noch etwas, Chandalen. Komm nicht zurück, wenn sie getötet wird. Tust du es doch, dann werden wir dich töten wie jeden anderen Fremdling mit schwarzer Farbe über seinen Augen.«
Chandalen bebte vor Wut. Er bohrte seinen Speer in den Boden und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Wenn ich unser Land verlassen soll, wird eine Zeremonie stattfinden müssen, um die Seelen um Schutz auf unserer Reise zu bitten. Das wird bis morgen dauern. Dann brechen wir auf.«
Alle Augen richteten sich auf Kahlan. »Ich breche in einer Stunde auf. Du wirst mich begleiten. Bis dahin hast du Zeit, deine Vorbereitungen zu treffen.«
Kahlan kehrte ins Haus der Seelen zurück, um ihr Hochzeitskleid gegen ihre Reisekleidung zu tauschen und ihre Sachen zusammenzupacken. Dankbar nahm sie Weselans Angebot an, ihr zu helfen.
18. Kapitel
Dicke, fette Schneeflocken rieselten herab. Manchmal fielen sie dichter, sammelten sich in Böen und wurden zu weißen Schleiern hochgewirbelt. Richard ritt hinter Schwester Verna. Das dritte Pferd war an seinem festgebunden. Wenn der Schnee in dichten Wirbeln vom Himmel stürzte, war von der Schwester kaum mehr als ein grauer Schatten zu sehen.
Er kam nie auf den Gedanken, sich zu fragen, wohin sie ritten, oder sein Gewand gegen den kalten, schneidenden Wind zu schließen. Es war ihm egal, alles war ihm egal.
Seine Gedanken fanden keine Ruhe und schienen mit dem Schnee zu treiben und zu tanzen. Noch nie in seinem Leben hatte er jemanden so geliebt wie Kahlan. Sie bedeutete ihm sein ganzes Leben.
Und sie hatte ihn fortgeschickt.
Sein Schmerz war so groß, daß er an nichts anderes denken konnte. Er war bestürzt, daß sie seine Liebe in Frage stellen und ihn fortschicken konnte. Warum nur, fragte er sich.
Diese schwermütigen Gedanken ließen ihn nicht los. Er begriff nicht, wie sie ihn hatte bitten können, als Beweis für seine Liebe einen Halsring anzulegen. Er hatte ihr doch erklärt, was das für ihn bedeutete. Vielleicht hätte er ihr alles erzählen sollen. Vielleicht hätte sie dann verstanden.
Die Stelle an seiner Brust, wo Darken Rahl ihn verbrannt hatte, schmerzte. Als er die Hand hob und den Verband berührte, merkte er schließlich, daß das Schneetreiben aufgehört hatte. Die tiefhängenden, dahinjagenden Wolken waren hier und dort aufgerissen und ließen schräge Balken leuchtenden Sonnenlichts durch. Die Steppe war von stumpfer, brauner Farbe, die Wolken von einem matten, toten Grau. Die Landschaft war farblos, leer.
Am Stand der Sonne erkannte er, daß es auf den späten Nachmittag zuging. Sie waren lange schweigend geritten. Schwester Verna hatte nicht gesprochen.
Er hob die Hand und befühlte probeweise zum erstenmal den Halsring. Er war glatt, nahtlos, kalt. Er hatte sich geschworen, niemals wieder einen Halsring anzulegen. Das hatte er sich selbst versprochen. Und nun war es doch passiert. Schlimmer
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