Die Schwestern des Lichts - 3
säuberlich gestutztem Bart und mit offiziellem golddurchwirktem Gewand bekleidet kam vorbei. Zedd hielt ihn auf.
»Entschuldigt, aber könntet Ihr mir vielleicht verraten, wo…« Er sah auf den Zettel. »Wo sich ›Westrand, Nordhochlandstraße, Dritte Reihe‹ befindet?«
Der Bärtige neigte höflich seinen Kopf. »Natürlich, Sir. Das liegt im Viertel der Heilerinnen. Es ist nicht weit. Ich werde Euch ein Stück weit begleiten und Euch dann den Rest des Weges beschreiben.«
Zedd konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Plötzlich fühlte er sich nicht mehr ganz so müde. »Danke. Sehr freundlich von Euch.«
5. Kapitel
Als Schwester Margaret am oberen Absatz der Steintreppe um die Ecke bog, sah eine alte Hausdienerin mit Mop und Eimer sie und sank auf die Knie. Die Schwester blieb kurz stehen, um der alten Frau die Hand auf den gesenkten Kopf zu legen.
»Der Schöpfer möge sein Kind segnen.«
Die Alte hob den Kopf, und ihr runzliges Gesicht verzog sich zu einem gütigen, zahnlosen Grinsen. »Vielen Dank, Schwester, und möge der Herr Euch in seinem Werk segnen.«
Margaret erwiderte das Lächeln und sah zu, wie die Alte ihren schweren Eimer den Gang entlangschleppte. Arme Frau, dachte sie, mitten in der Nacht muß sie arbeiten. Andererseits stand auch sie hier mitten in der Nacht und war noch auf den Beinen.
Die Schultern ihres Kleides kniffen unangenehm. Sie blickte nach unten und sah, daß sie in der Eile die obersten drei Knöpfe falsch geknöpft hatte. Sie ordnete sie, bevor sie die schwere Eichentür aufdrückte, die hinaus in die Dunkelheit führte.
Ein auf und ab marschierender Posten sah sie und kam herbeigeeilt. Sie verbarg ein Gähnen hinter dem Buch. Abrupt kam er vor ihr zum Stehen.
»Schwester! Wo ist die Prälatin? Er hat bereits lauthals nach ihr gerufen. Ich kriege jedesmal eine Gänsehaut davon. Wo steckt sie bloß?«
Schwester Margaret warf dem Posten einen finsteren Blick zu, bis der Mann sich auf seine Manieren besann und flink eine Verbeugung machte. Als er sich wieder aufrichtete, ging sie über den Festungswall weiter, während der Posten ihr auf den Fersen folgte.
»Die Prälatin kommt nicht einfach, nur weil der Prophet brüllt.«
»Aber er hat ausdrücklich nach ihr gerufen!«
Sie blieb stehen und umklammerte das Buch mit beiden Händen. »Möchtest du vielleicht mitten in der Nacht an die Schlafzimmertür der Prälatin klopfen und sie wecken, nur weil der Prophet lautstark danach verlangt?«
Im Licht des Mondes sah sie, wie sein Gesicht erblaßte. »Nein, Schwester.«
»Es genügt, wenn eine Schwester dieses Unfugs wegen aus dem Bett geholt wird.«
»Aber Ihr wißt ja gar nicht, was er gesagt hat, Schwester. Er hat gebrüllt, daß…«
»Genug«, warnte sie ihn mit leiser Stimme. »Muß ich dich daran erinnern, daß dir nur ein einziges seiner Wörter von der Zunge gehen muß, und du verlierst deinen Kopf?«
Er fuhr sich mit der Hand an die Kehle. »Nein, Schwester. Ich würde niemals auch nur ein einziges Wort fallenlassen. Außer einer Schwester gegenüber.«
»Nicht einmal einer Schwester gegenüber. Du darfst nicht einmal daran denken.«
»Vergebt mir, Schwester.« Er wurde kleinlaut. »Es ist nur so, ich habe ihn noch niemals derart schreien hören. Seine Stimme habe ich bisher nur gehört, wenn er nach einer Schwester gerufen hat. Was er gesagt hat, hat mich beunruhigt. Ich habe ihn noch nie so etwas sagen hören.«
»Er hat sich etwas ausgedacht, damit seine Stimme unseren Schutzschild durchdringt. Das wäre nicht das erste Mal. Manchmal gelingt ihm das. Deswegen werden seine Bewacher darauf vereidigt, nichts von dem zu verraten, was sie aufschnappen. Was immer du gehört hast, du solltest es bis zum Ende unseres Gesprächs vergessen haben. Es sei denn, du würdest Wert darauf legen, daß wir dir beim Vergessen helfen.«
Er schüttelte den Kopf und bekam vor Schreck kein Wort mehr heraus. Sie jagte dem Mann nicht gern Angst ein, aber sie durften einfach nicht zulassen, daß er sich bei einem Krug Bier mit seinen Kumpanen verplapperte. Prophezeiungen waren nichts für den gewöhnlichen Verstand. Sie legte ihm sacht die Hand auf die Schulter.
»Wie heißt du?«
»Ich bin Schwertmann Kevin Andellmere, Schwester.«
»Wenn du mir dein Wort gibst, Schwertmann Andellmere, über alles, was du gehört hast, den Mund zu halten, und zwar bis ins Grab, werde ich mich darum kümmern, daß man dich woanders zuteilt. Offensichtlich bist du für diesen Dienst nicht
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