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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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sicher.»
    «Wie im richtigen Leben, Mine», warf Elske heftig ein. «Ganz wie im richtigen Leben, vergiss die blöden Träume.»
    «Ich versuch’s ja, Elske, es geht nicht. Dabei ist es so lange her. Trotzdem, es kann kein Zufall sein. Erst verschwindet Wanda. Wenn wir ehrlich sind, hatten wir gleich Zweifel, ob sie wirklich ohne Abschied diesem windigen Blanck nachgereist ist. Ich hab’s glauben wollen und ihr auch. Dabei musste man nur eine halbe Minute überlegen: Sie hat zwar gesagt, dass sie nicht mehr lange bei den Paulis bleiben will, und etwas von einer Reise nach dem Süden angedeutet. Ich habe das aber für eine dieser Geschichten gehalten, die sie sich ausgemalt hat, immer schon.»
    Franziska nickte. «Früher haben wir ihr gerne dabei zugehört. Natürlich erinnern wir uns, Wilhelmine, aber die Zeit für Mädchenträume ist längst vorbei.»
    Wilhelmine ignorierte Franziskas strengen Einwurf. «Wir hätten uns fragen müssen, warum sie gerade in dieser eisigen Nacht verschwunden sein sollte. Weil sie da ausnahmsweise auf dem letzten Maskenball im Ausschank gearbeitet hat? Wo hätte sie sich danach bei dieser Kälte bis zur Toröffnung sicher verbergen sollen? Viel besser und einfacher hätte sie an ihrem nächsten freien Tag oder vor dem Kirchgang aus dem Tor gehen können. Oder die Postkutsche nehmen, falls sie Geld für den Fahrpreis gehabt hätte. Ich habe auch gedacht, womöglich hat Blanck jemanden beauftragt, sie mitzunehmen, denn wie hätte sie alleine reisen können? Nein, wir hätten gleich zweifeln und genauer nachfragen müssen.»
    «Und dann?», wandte Franziska ein. «Da lag sie längst unterm Eis. Wer von uns konnte denn ahnen, was in dieser Nacht passiert war? Ich hatte sie seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen und habe mir wirklich keine Gedanken gemacht.»
    «Wie solltest du auch?» Elskes Stimme klang spitz und war voller Misstrauen. «Ich dachte, du hast überhaupt erst in dieser Woche erfahren, dass sie die Stadt verlassen hatte, dass sie verschwunden war und niemand wusste, wohin.»
    Für einen Moment herrschte Stille, und Franziskas Blick wurde wieder dunkel. «Ich lebe zwar hier draußen», sagte sie dann leichthin, «und bemühe mich selten in die Stadt, es ist mir dort einfach zu eng und stickig, es gibt zu viele Augen, und Mauern konnte ich noch nie ertragen. Daran werdet ihr euch erinnern. Was dort vorgeht, erfahre ich trotzdem», sie nippte an ihrem Tee, verzog die Lippen missbilligend – er war kalt geworden – und legte einen der kleinen süßen Kuchen auf ihren Teller, «soweit es mich interessiert.»
    «Du hattest Streit mit Wanda, kurze Zeit bevor sie verschwand. Das hat sie mir gesagt.»
    «Kurz ist ein vager Begriff, ich würde sagen: etliche Wochen. In der Tat hatte Wanda großes Talent, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Ich hielt es für angebracht, unsere ewige Schwärmerin vor diesem Galan zu warnen und sie daran zu erinnern, dass so einer keine besseren Absichten hat als sein Dienstherr selbst. Tu nicht so, als wüsstest du das nicht, Elske, gerade du. Aber wenn du diesen läppischen kleinen Zwist jetzt erwähnst – du willst damit sicher nichts Besonderes sagen? Ich kann dir versichern, ich war in jener Nacht nicht in der Stadt, sondern hier. Nur falls du danach fragen willst.»
    «Sei nicht albern, natürlich nicht. Aber – ach, ich weiß auch nicht.»
    «Das ist jetzt einerlei», entschied Wilhelmine, «Schnee von gestern, und hör du auf zu streiten, Elske, das geht jetzt nicht, wir brauchen uns. Mehr denn je, nachdem auch Janne», sie schluckte tapfer, und es gelang ihr, die Tränen zurückzuhalten, «auch Janne … Auf die gleiche Weise. Ich meine nicht im Eis, das wisst ihr, aber – o Gott, ich kann es nicht aussprechen.»
    «Erwürgt», half Franziska kühl.
    «Ja. Das ist kein Zufall. Es holt uns ein. Jetzt, nach so vielen Jahren.»
    «Und ich sage dir wieder: Das ist Unsinn.» Elske erhob sich energisch, sie konnte nicht länger still sitzen. «Es ist mehr als fünfzehn Jahre her und lange vergessen. Es war doch nur – eine Dieberei? Ja, eigentlich nicht mehr. Mordet man dafür? Zweimal?»
    «Und jetzt Janne», sprach Wilhelmine weiter, als habe sie Elske nicht gehört. «Schon die Vorstellung ist so entsetzlich, immer wenn ich die Augen schließe, sehe ich es vor mir, wie Wanda im Eiswasser versinkt, und dann Janne in diesem stinkenden Gang.»
    Es nützte nichts, dass sie die Hände gegen die Lider presste, die Tränen quollen nun

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