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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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tun?»
    «Indem Ihr mir eben diese anderen Talente zur Verfügung stellt, Madam, ein wenig nur.»
    Rosinas Miene wurde kühl, um nicht zu sagen eisig. «Ich kann mir nicht vorstellen, welche Talente Ihr meint.»
    «O nein, Madam Vinstedt, verzeiht. Ich habe mich ganz dumm ausgedrückt, es war nur ein eitles Spiel mit Worten, ein misslungenes. Eindeutig misslungen. Bitte, lasst mich noch einmal anfangen. Jakobsen, der Wirt des Bremer Schlüssel in der Neustädter Fuhlentwiete, hat mir empfohlen, mich an Euch zu wenden. Ich sehe, Eure Miene wird wieder wärmer. Dabei hatte ich Sorge, denn ich war nicht sicher, ob der Wirt einer recht einfachen Schänke wirklich ein guter alter Freund ist, wie er behauptet.»
    «Sogar ein sehr guter alter Freund, seit vielen Jahren. Und nun setzt Euch und tut, was Ihr gesagt habt: Fangt am Anfang an. Ich bin gespannt, warum Jakobsen Euch geschickt hat. Was haltet Ihr im Übrigen von einer Tasse Kaffee?»
    Die Geschichte, die Luis Sachse nun erzählte, war von der Art, wie sie Rosina im vergangenen Jahrzehnt mehrfach begegnet war. Die durch die Länder ziehenden Gesellschaften von Wanderkomödianten, Akrobaten, Musikanten, Zauberern oder Quacksalbern kannten einander nicht alle, das war natürlich unmöglich, aber trotz der weiten Wege, der zumeist etliche Tagesreisen voneinander entfernt liegenden Spielstätten, begegneten viele einander immer wieder. Dann tauschten sie Nachrichten aus, gute wie schlechte, auch gelogene oder nur phantasierte, darüber, wo es sich für eine Weile gut leben und ertragreich arbeiten ließ, wo Stadtväter oder adelige Herren gleich die Hunde gegen Fahrende hetzten, auch Neuigkeiten über Ehen und Liebschaften, Geburten und Todesfälle wurden weitergegeben, über neu am Theaterhimmel aufgehende Sterne, über den Niedergang eines verlöschenden, sei es wegen der Schwindsucht, des Branntweins oder der Gebrechen des Alters.
    Auch über neue, erst recht über besonders erfolgreiche Stücke wurde gesprochen, wobei jede Gesellschaft eifersüchtig darauf achtete, dass ihre Textbücher nicht in die Hände und besonders die Köpfe der Konkurrenz gelangten. Aber darum ging es in Luis Sachses Geschichte nicht. Die ähnelte denen, die in manchem Melodram auf den Bühnenbrettern dargeboten wird und das Publikum zu Tränen rührt. Bei den Dramen, die sich im richtigen Leben abspielen, sind die Menschen mit Tränen und Mitgefühl für gewöhnlich geiziger.
    Er stamme aus einer Holzhändlerfamilie aus der Gegend hinter Pirna am Oberlauf der Elbe, begann Luis. Mit den Flößern fahre er, leider, in diesem Winter zum letzten Mal, weil er diese Arbeit kennenlernen sollte und weil er Lust zu dem rauen freien Leben auf den Flüssen hatte, weil es eine Möglichkeit war, ein Stück von der Welt kennenzulernen. Wenn es auch nur ein kleines Stück sei, wie ihm die großen Schiffe im Hafen zeigten, die tatsächlich weit in die Welt fuhren, über Ozeane zu fremden Landschaften und Völkern. Er halte sich gern am Hafen auf, auch wenn in diesen Wochen nur wenige Seeleute dort seien, aber in den nahen Schänken finde sich immer jemand, der einer Landratte wie ihm davon erzähle. Überhaupt sei dort die reinste Nachrichtenbörse.
    «Verzeiht», sagte er, «ich schweife ab. Ich suche ja keinen Seemann oder eine Heuer, ich suche ein Mädchen. Oder eine junge Frau. Zuerst bin ich zum Theater beim Gänsemarkt gegangen, dort war nur dieser Prinzipal mit seinem Zauber- und Pantomimentheater, ein langes Gastspiel zwar, aber er und seine Leute kennen sich hier nicht aus, jedenfalls nicht, wenn es um frühere Jahre geht, auch nicht bei den wandernden Komödianten. Außerdem war ich lange krank, mein Bein war verletzt und heilte schwer, so bin ich erst vor kurzen zum Theater gegangen, tatsächlich kurz bevor der feine Herr bei Nacht und Nebel verschwunden ist. Jedenfalls wusste dort niemand etwas. Einer, der sich im Hof herumdrückte, wohl ein Kulissenarbeiter, hat mich zu Jakobsen geschickt, weil bei dem von jeher die Wanderkomödianten einkehren. Der konnte sich auch nicht an eine solche Geschichte erinnern und hat mich zu Euch geschickt. Als ich begriff, dass Ihr, also die Frau, zu der Jakobsen mich schickte, die Schlittschuhläuferin seid, dachte ich, das muss ein Zeichen sein. So bin ich also hier.»
    «Wenn ich Euch richtig verstehe», fragte Rosina behutsam, «seid Ihr auf der Suche nach einer Frau, die hier in der Stadt mit dem Theater verbunden ist?»
    «Ja. Und nein.» Er seufzte, was bei

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