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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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nah an der Wand, dann waren selbst Madam Söders Pistolen keine Gefahr, bevor sie wie eine ordentliche Besucherin an die Vordertür klopfte.
    Das war ein wirklich guter Plan, sogar der Fuchs verhielt sich ruhig. Das Einzige, was sie beunruhigte, war die Stille. Zwar schmetterte ein ganzer Chor von Vogelstimmen, leider flog auch ein ganzer Schwarm erschreckt auf, als sie um die Hausecke in den hinteren Garten schlich oder das, was einmal ein Garten gewesen war. Wenn ihre Rechnung stimmte, mussten in dem Haus drei Frauen und ein Knabe leben, warum hörte man nichts?
    Just als Rosina um eine Laube schlich und überlegte, ob alle verschwunden waren, wie zuvor Wilhelmine Cordes aus ihrer Wohnung hinter dem Laden, oder vielleicht nur ausgefahren, nach Wandsbek oder zu einem der nahen Bauernhöfe, um Essbares einzukaufen, just da spürte sie etwas Hartes zwischen ihren Schulterblättern. Es gab keinen Zweifel, es war die Mündung einer Pistole.
    «Nein, Madam Söder», rief Rosina, «bitte, ich bin’s doch nur, Rosina Vinstedt, erkennt Ihr mich nicht? Ich war gestern mit Madam Kjellerup hier, Eurer alten Freundin Augusta. Sie sorgt sich, und deswegen bin ich noch einmal gekommen.»
    «Ihr irrt», sagte eine aalglatte Stimme, «ich heiße nicht Söder, sondern Junius. Franziska Junius. Ihr kennt mich nicht, aber ich kenne Euch. Ihr hättet nicht herkommen sollen, Madam Schnüfflerin. Wirklich nicht.»
    Rosina wurde übel, in ihrem Kopf rauschte eine wilde Brandung auf. Zwei ermordete Frauen, eine verschwundene – sie war dem Tod oft begegnet, er hatte sie stets verschont. Und nun – ausgerechnet in diesem verwilderten Garten?

Kapitel 12
    Rosina fühlte sich – nein, ausnahmsweise nicht wie im Theater. Sie fühlte sich wie ein einem Traum, und zwar in einem schlechten. Sie saß in Amanda Söders Diele, nur von Amanda Söder war nichts zu sehen, auch nichts zu hören, was sie eigentlich als angenehm, in diesem Fall jedoch als beunruhigend empfand. Wäre dies ein Traum, ein Albtraum nämlich, wäre sie tot. Immerhin – sie lebte. Dabei musste es hier draußen ziemlich einfach sein, eine lästige Leiche verschwinden zu lassen. Allein die Sumpflöcher, von denen sich in dieser Gegend etliche fanden, boten gute Gelegenheiten.
    Was würde Pauline tun, wenn sie nicht zurückkam? Zu Wagner gehen? Zu Madam Augusta? Hoffentlich, die würde vielleicht auf die richtige Idee kommen. Die Frage war nur: noch zur rechten Zeit?
    «Verdammt, Franziska, warum hast du sie nicht einfach wieder weggeschickt? Wenn schon nicht du, dann sollten doch Madams Pistolen genug Überzeugungskraft besitzen.»
    Rosina war nicht wirklich überrascht. Die harschen Töne kamen aus Elske Probsts Mund. Die Schankmagd vom Borgesch stand mit kampfeslustig vorgerecktem Kinn und in die Hüften gestemmten Fäusten in der Tür zur Diele. Eine zweite Frau schob sich an ihr vorbei, sie war schlank, mittelgroß, unauffällig und doch unübersehbar, sie trug ein schlichtes Kleid: Rock, Mieder und Jacke blaugrau, die Bluse unter dem Mieder und das züchtige Brusttuch weiß. Nur der Saum des Kleides wies Spuren von ausgebürstetem Schlamm auf, so dunkel wie die Erde dieser Region.
    «Elske hat recht», stimmte sie zu, ruhig, als gehe es um den Kauf von zwei Äpfeln oder einem Hering. «Ich wüsste sehr gerne, was du sonst vorhast.»
    «Ich auch», sagte Rosina. «Ich komme hierher, um einen Besuch bei Madam Söder zu machen und Grüße von Madam Kjellerup auszurichten, ich werde mit einer Pistole im Rücken empfangen und in diese Diele gezwungen, und dann ist die Dame des Hauses nicht einmal da. Wer immer Ihr seid und was Ihr hier tut, es geht mich nichts an, deshalb werde ich jetzt wieder gehen.» Sie fand sich ungeheuer mutig, als sie einfach aufstand, sich umwandte und einen Schritt zur Tür machte.
    «Ich hingegen rate Euch», hörte sie die Stimme der Frau, die sich als Franziska Junius vorgestellt hatte, und blieb vorsichtshalber stehen, «ich rate Euch zu bleiben, Madam Vinstedt. Oder Rosina, die Komödiantin? So oder so, Ihr stört meine Kreise, Madam.» Sie lachte leise und überhaupt nicht freundlich. «Das ist spaßig, es heißt in der Stadt, Ihr pfuschtet gelegentlich dem Weddemeister in sein Handwerk.»
    Rosina hatte sich ihr wieder zugewandt. Sie blickte in ein schmales Gesicht, das Rouge auf den Wangen ließ es noch blasser erscheinen, als es war, auch älter. Sie trug ein delikat gearbeitetes Gewand aus zart gestreiftem blassrotem Kattun, um den Hals

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