Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)
getroffen, alle Schwestern?», fragte Rosina.
«Nein», sagte Wilhelmine. «Eine von uns war da schon tot. Elfchen war an der Auszehrung gestorben, einem Fieber, einfach an Schwäche. Wer weiß schon, woran. Sie war immer zu zart, deshalb haben wie sie auch so genannt, und sie musste viel zu hart arbeiten. Wir hätten sie da rausholen müssen, das haben wir versäumt, wir haben es nicht mal als Möglichkeit erkannt. Das sollte uns nie wieder passieren, bei keiner von uns. Elfchen hatte ihren Anteil an unserem Gewinn schnell an eine falsche Liebe verloren, ganz ähnlich wie Wanda. Aber die war stark und ehrgeizig und schaffte es in eine gute Stellung. Janne warf ihren Anteil bald zum Fenster hinaus, sie gab jedem, der was brauchte, kaufte sich selbst, was sie nicht brauchte. Es zerrann ihr zwischen den Fingern …»
«Wie beim mir», warf Elske ein, «ich war genauso blöde.»
«… und der Rest landete in der Lotterie. Ich habe meinen Laden gekauft, alle denken, er ist von meinem Mann. Und Franziska – ist eben eine erstklassige Unternehmerin.»
«Alles war gut», mischte sich wieder Elske ein. «Bis wir ihn gesehen haben, er ist wieder in der Stadt.»
«Das glaubst du», sagte Wilhelmine, «du glaubst, du hast ihn gesehen. Nach all den Jahren erkennst du ihn so einfach?»
«Janne hat ihn auch gesehen. Wir beide.»
«Wen?», fragte Rosina. «Nach all den Jahren? Heißt das, der bestohlene Goldschmied ist zurückgekommen?»
«Genau der. Wir haben ihn am Hafen gesehen. Mit einer jungen Frau, Janne meinte, es war die Gouvernante von Inas Töchtern, aber da bin ich nicht sicher, ich habe sie dort nur von hinten gesehen, und diese Mademoiselle kenne ich gerade vom Vorbeigehen. Aber jetzt», die ruppige Elske verschwand, da war nur noch eine schmerzvoll trauernde Schwester, «jetzt sind zwei von uns tot, das Schwein hat sie ermordet, ich bin ganz sicher. Ich fühle es. Er denkt, wir sind nur dumme Weiber und können uns nicht wehren, weil wir uns dann selbst verraten. Da irrt er sich gründlich. Er soll nicht so einfach davonkommen.»
«Das muss nun ein paar Tage warten, Elske, zuerst müssen wir Inas Problem lösen. Dann habe ich auch Nachricht, ob du richtig gesehen hast. Falls es stimmt, bin ich auf deiner Seite.»
Rosina verzichtete auf die Frage, was sie dann vorhabe, Franziskas Blick reichte völlig.
«Und Ina?», fragte sie rasch. «Ich meine, Madam Hegolt? Sie wurde eine gute Ehefrau? Mit einer ordentlichen Mitgift?»
«Ina hat geschafft, was keine von uns für möglich gehalten hat», erklärte Franziska kühl, «mit kluger Strategie und der nötigen Portion Glück. Leider ist ihre Wahl dann auf einen schlechten Ehemann gefallen, davon müssen wir jedenfalls ausgehen. Deshalb werden wir heute auch ihre Töchter holen. Sie sind dort nicht mehr sicher, denn irgendjemand im Hause Hegolt hat seit Wochen versucht, Ina zu vergiften. Nach und nach, immer ein bisschen mehr. Seit gestern ist sie gewiss, dass es Ansgar Hegolt selbst ist, und fürchtet um ihre Töchter. Richtig, der liebende Ehemann. Warum seht Ihr mich so fassungslos an? Schauergeschichten gibt es nicht nur auf dem Theater, das alltägliche Leben bietet genug, um ganze Bibliotheken zu füllen.»
«Warum erzählt Ihr mir das alles? Vorhin habt Ihr mir noch eine Pistole in den Rücken gebohrt, ich nehme an, sie war geladen und schussbereit, nun erfahre ich von Euren Geheimnissen. Ich glaube nicht, dass ihr mich nur erbaulich unterhalten wollt.»
«Keineswegs. Ihr sollt mich begleiten, genauer gesagt, meine Stelle einnehmen.»
«Bist du verrückt, Franziska?», zischte Elske. «Sie springt von der Kutsche und rennt zum Weddemeister oder schreit es durch die ganze Stadt.»
«Das glaube ich nicht. Sie hätte längst gehen können, zumindest als Ina kam und wir uns alle darum kümmerten, dass sie einen guten warmen Platz bekam, hätten wir es nicht einmal bemerkt. Die neugierige Madam ist geblieben. Ich wusste schon vorher, dass sie immer für ein kleines Abenteuer zu haben ist und auch nicht immer handelt, wie es der Weddemeister gern hätte. Dies ist eine Gelegenheit, zu beweisen, dass Ihr Euch Euren unabhängigen Geist bewahrt habt, Madam.»
«Ich muss niemandem etwas beweisen, was ich tue, tue ich, weil ich es für richtig halte. Selbst wenn es alles andere als vernünftig ist.»
«Ihr werdet uns helfen, nicht wahr?» Ina Hegolt richtete sich auf und griff nach Rosinas Hand. «Ihr werdet nicht zulassen, dass meinen Töchtern etwas
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