Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)
eine doppelte Reihe Perlen und Granaten, an der Hand, die in ihrem Schoß immer noch die Pistole bereithielt, steckte ein Ring, einer nur, dafür war dessen blutroter Stein groß genug für drei und sicher nicht aus Glas. Der Blick in dem harten Gesicht wurde nachdenklich.
«Überleg dir, was du sagst», warnte Elske, und Wilhelmine ließ sich ergeben auf einen der alten Stühle sinken. «Gib’s auf, Elske. Franziska macht, was sie will, das wissen wir nun seit bald drei Jahrzehnten, und meistens», sie lächelte müde, «weiß sie, was sie tut.»
Franziska blickte Rosina unverwandt an, als wolle sie ihr bis auf die Knochen sehen. «Danke, Wilhelmine», sagte sie, ohne den Blick zu wenden, «ich wusste es immer, du bist die Klügste von uns. Ich mag die Schlauste sein, die Klügste warst immer du. Madam Vinstedt, setzt Euch wieder. Bitte. Wir wollen Euch eine Geschichte erzählen, und unsere Zeit ist heute begrenzt. Ihr mögt es glauben oder nicht, Ihr passt in meinen Plan.»
«Ach, du hast einen Plan?»
«Ja, Elske.» Franziska lächelte wieder dieses ungemütliche Lächeln. «Seit zwei Minuten. Ich staune selbst. Er könnte funktionieren. Wenn uns nichts Besseres einfällt», sie zuckte mit den Achseln, klopfte auf den Stuhl, der ihr gegenüberstand, und lehnte sich zurück, «dann ist es ein Anfang. Setzt Euch, Madam Vinstedt.»
«Franzi?» Eine leise, matte Stimme kam aus dem Flur hinter den beiden Türen. «Wo seid ihr denn alle?»
Elske stieß einen gezischten Fluch aus, Wilhelmine und Franziska sprangen auf, in der geöffneten Tür stand eine Frau im Nachtgewand, hager, leichenblass, mit strähnigem Haar und furchtsamen Augen, eine Decke notdürftig um die Schultern gerafft. Die drei Frauen umringten und stützten sie, Wilhelmine und Elske wollten sie eilig zurückbringen, doch sie sträubte sich.
«Wer ist das?», fragte sie atemlos und zeigte auf Rosina. «Ich kenne Euch. Oder nicht? Doch. Ja, vom Theater? Ich glaube, vom Theater. Aber es ist lange her.»
«Das ist Madam Vinstedt, Liebe», Franziskas Stimme klang sanft wie Pfirsichhaut, «und du hast recht, sie war Komödiantin. Ich finde, Ina sollte hierbleiben», wandte sie sich an die anderen beiden. «Sie hat Angst alleine, und es geht um sie.»
Doch wie im Theater, dachte Rosina und fragte: «Ihr seid nicht zufällig Madam Hegolt?» Und als Ina, nun auf einen der Stühle gesetzt, in Franziskas pelzgefütterten Mantelumhang gehüllt und immer noch atemlos, nur nickte, fuhr sie fort: «Das ist unglaublich, Ihr seid das Stadtgespräch. Aber Gott sei gedankt, wenigstens seid Ihr nicht tot.»
«Eine geschmackvolle Bemerkung. Wirklich. Ob Gott damit zu tun hat, wissen wir nicht», knurrte Elske.
«Ihr könnt es aber gerne annehmen», ergänzte Franziska, «es gibt ein tröstliches Gefühl.»
«Und Ihr solltet es ruhig ab und zu mit einem Gebet versuchen», versetzte Rosina, «es kann nie schaden.»
«Danke für den Rat, ich habe in den ersten zwölf Jahren meines Lebens so viel gebetet und Psalmen gesungen, das sollte für mein ganzes Leben reichen. Wir alle haben das.»
«Ihr seid zusammen aufgewachsen? Warum wundert mich das nicht?»
«Zusammen mit dreihundert anderen Jungen und Mädchen in der großen Backsteinburg an Rödingsmarkt. Ich sehe, Ihr versteht. Ja, wir kennen uns aus dem Waisenhaus. Wir haben besonders zusammengehalten. Wie Schwestern. Wir …»
«Moment. Dann gehörten auch die beiden toten Frauen dazu», unterbrach Rosina. «Wanda Bernau und Janne Valentin. Als selbstgewählte Schwestern? Wenn Ihr nun mit einer Pistole hinter harmlosen Besucherinnen her seid, müsst Ihr Euch heftig bedroht fühlen. Deshalb seid zumindest Ihr, Madam Cordes, mit Eurem Sohn aus der Stadt verschwunden. Warum? Hat es mit dem Waisenhaus zu tun? Und wieso gerade hierher?»
«Ganz einfach.» Franziska ignorierte die Frage nach dem Warum. «Ich habe dieses verlotterte Anwesen schon lange im Blick, eine Schande, es leer stehen zu lassen. Nun ist Madam Söder hier und meine Nachbarin, sie ist allein und hat zurzeit ein kleines Problem mit ihren Finanzen. Weil sie zu stolz ist, Eure vornehme Madam Kjellerup um Hilfe zu bitten, habe ich mich ein wenig, nun, sagen wir: ein wenig um sie gekümmert. Wir bezahlen sie für die Unterkunft, die sie meinen Schwestern gewährt. So einfach.»
«Dann gehört Euch das große Anwesen auf der anderen Seite des Hains?»
«Ja, ein geräumiges Haus, trotzdem nicht der richtige Ort, einen zwölfjährigen Knaben
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