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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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der übrigens eine sehr schlampige Aussprache habe, wahrscheinlich fehlten ihm etliche Zähne, und Janne hatte ihn nach kurzem Zweifel verbessert, nicht Kohrs, sondern Cordes, und war gleich losgerannt. Das war das Letzte, was sie von ihr gesehen und gehört hatte. Auf ihre Rückkehr hatten die Schwestern nicht geachtet und im Zweifelsfall auch angenommen, sie übernachte bei Madam Cordes, weil es ja schon Nacht gewesen sei, jedenfalls stockdunkel. Nein, es war nicht Jannes Gewohnheit, am Abend noch auszugehen, jedenfalls nicht alleine.
    «Janne», betonte Martha entschieden, «war eine anständige Frau. Dies nur, falls Ihr auf falsche Gedanken kommt. Nur der ihr nach dem Leben trachtete, einer braven Frau, die niemandem je etwas zuleide getan hat, der ist ein Satan. Das ist gewiss.»
    Da weinte Martha nicht mehr, sondern blickte so zornig, dass sie bei all ihrer Spitznasigkeit einer Kriegerin glich. Was Wagner sehr erleichtert hatte. Weinende Frauen machten ihn hilflos und ungeduldig. Er hatte nun den Besuch bei Madam Cordes vor sich, zweifellos noch eine weinende Frau. Die drei Schwestern wussten, wer sie war, sogar, wo sie lebte, Janne hatte Martha mit Stolz von dieser Freundin erzählt, die es weiter gebracht hatte als sie selbst. Dass die jammervolle Martha plötzlich eine kampflustige Seite zeigte, fand er großartig, auch wenn er grundsätzlich sanfte Frauen vorzog. Wie jeder vernünftige Mann.
    «Und? Hat sie geweint, diese Madam Cordes?», fragte Rosina. Die letzten beiden Sätze, die sie in schallendes Gelächter hätten ausbrechen lassen, hatte Wagner nur gedacht.
    «Nein, vielleicht später, heimlich. Sie wurde kreidebleich, als ich den Anlass meines Besuchs sagte, wirklich kreidebleich. Übrigens ist sie keine, nun ja, keine feine Madam, sie hat einen bescheidenen Kleinwarenladen, einfache Sachen, keinerlei Seidenblumen und derlei, wenn Ihr versteht, was ich meine. Er gehört ihr, und sie führt ihn allein, seit ihr Mann gestorben ist.»
    «Gestorben? Wann? Woran?»
    «Keine Sorge, nicht noch ein Mord in dieser Sippschaft, er starb an einem gewöhnlichen Brustfieber. Der Laden ernährt sie und ihren Sohn offenbar recht gut. Sie sieht bescheiden, aber keineswegs ärmlich aus. Außerdem», Wagners Gesicht zeigte einen Anflug von Unmut, «außerdem fertigt sie Stickereien, sie nimmt Aufträge an.»
    «Und ich bin sicher, sie liefert nicht annähernd so gute Arbeit wie Karla», warf Rosina rasch ein, «keine stickt so zierlich wie Eure Frau.»
    Wagner nickte mit großem Ernst. Das hatte er hören wollen. Es gab zahllose Stickerinnen in der Stadt, und immer wenn er einer begegnete, die in dieser Fertigkeit wirklich geschickt war, fühlte er Unruhe. Nicht nur wegen des zusätzlichen Einkommens, Klara liebte diese Arbeit so sehr, es wäre ihm schwer erträglich, wenn sie ihre Heiterkeit verlöre, weil die Aufträge ausblieben.
    Wilhelmine Cordes hatte dem Weddemeister berichtet, Janne sei eine alte Freundin, sie habe sie gestern noch besucht. Am späten Nachmittag, doch sei sie rechtzeitig genug gegangen, um noch bei Tageslicht ihre Wohnung zu erreichen. Keine Frau gehe gern allein durch die dunkle Stadt.
    «Also hat sie ihre Freundin auch nicht in diese geheimnisvolle Schänke bestellt», vermutete Rosina.
    Wagner nickte. «Sie hat das Haus gestern nicht mehr verlassen, sie wohnt in zwei Zimmern hinter ihrem Laden. Eine Nachbarin und ihr Sohn können das bezeugen, sie hat gestickt, ein eiliger Auftrag, deshalb noch am Abend bei Kerzenlicht, die Nachbarin hat mit einer Näharbeit dabeigesessen, weil der Sohn ihnen die Arbeit mit Vorlesen süßer gemacht hat.»
    Wagner hatte nach diesem und jenem gefragt, ausführlicher, als es sonst seine Art war, was an seinem leeren Magen und den köstlichen Haferküchlein lag, die Wilhelmine Cordes ihm auf den Tisch gestellt hatte. Er erfuhr von ihr kaum mehr als von den Nachbarinnen der Toten, nur dass Jannes Mann wohl bald Steuermann werde und sie dann eine bessere Wohnung mieten wollten.
    Wilhelmine Cordes fiel kein Grund ein, warum ihre Freundin noch einmal das Haus verlassen hatte, es müsse ein echter Grund gewesen sein, ein wichtiger Anlass. Wie jeder auch nur halbwegs vernünftige Mensch habe sie die Dunkelheit gefürchtet.
    Welchen Anlass denn der nachmittägliche Besuch bei ihr gehabt habe? Da hatte sie die Achseln gezuckt. Keinen besonderen. Alte Freundinnen besuchten einander eben. Ab und zu, nicht zu oft. Auch habe Janne sonst um diese Zeit gearbeitet, um

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