Die Schwestern von Sherwood: Roman
Augen verstohlen zu Edward gleiten, der mit ausdrucksloser Miene neben ihr saß. Sie war sicher, dass er diese Heirat als ungeheure Erniedrigung empfand. In unbeobachteten Momenten wirkte er oft gequält. Nachdem er ihr erzählt hatte, dass er um die Hand von Cathleen Sherwood anhalten würde, hatte sie genickt.
»Ich weiß, dass du das für die Familie tust, und ich danke dir. Ich heiße deinen Lebensstil, den du in den letzten Jahren in London geführt hast, nicht gut, aber jeder wird dafür Verständnis haben, dass du auch weiterhin ein gewisses Privatleben haben wirst. Sobald ihr Kinder gezeugt habt, selbstverständlich.«
Edward hatte einen Moment geschwiegen und sie angeschaut. »Es ist gut zu wissen, dass du das so siehst, Mutter«, hatte er schließlich in einem Tonfall erwidert, der ihr nicht gefiel. Lady Hampton unterdrückte ein Seufzen. Wie hatte ihr verstorbener Mann ihnen das alles nur antun können?
Sie blickte erneut aus dem Fenster. Sie hatten das Eingangstor zu der Zufahrt des Anwesens erreicht, das sie nun passierten. Es war offensichtlich, dass die Sherwoods seit Tagen alles vorbereitet hatten. Die Hecken waren frisch beschnitten, herbstliche Blumen überall neu gepflanzt, Wege frisch geharkt, und die Rasenflächen zogen sich einem edlen grünen Teppich gleich durch die Anlagen des Gartens. Selbst die Marmorskulpturen des Springbrunnens, in dem sich das Wasser in vier sprudelnden Bögen zu den Seiten ergoss, wirkten, als seien sie eben noch poliert worden. Es war ein prachtvolles Anwesen, musste sie zugeben. Schöner noch als zu Zeiten der Landshires, und es versetzte ihr einen leichten Stich, das festzustellen.
72
E in Butler öffnete ihnen die Tür – ein wenig zu schnell und eilfertig, was darauf schließen ließ, dass er wahrscheinlich auf Anordnung seiner Herrschaften die letzte Stunde wartend hinter der Schwelle verbracht hatte, dachte Edward für sich. Er war sich darüber im Klaren, dass das, was nun folgte, einem Theaterspiel gleichen würde.
Mr und Mrs Sherwood kamen ihnen in der Halle entgegen. Edward hatte die beiden bis jetzt nur bei zwei Gelegenheiten gesehen. Beide Male in Hampton. Dort hatte er auch bei John Sherwood um die Hand seiner Tochter angehalten. Die Form hätte es eigentlich verlangt, dass er hierher, nach Sherwood, gekommen wäre. Doch Edward hatte es vermeiden wollen, wie ein Bittsteller zu wirken, und die Herkunft der Sherwoods hatte zumindest den einen Vorteil, dass diese in keinerlei Weise wagten, die Vorgaben und Bedingungen der Hamptons infrage zu stellen.
»Seien Sie willkommen!«, sagte Elisabeth Sherwood mit einem Strahlen zu ihnen. Genau wie ihr Mann war sie elegant und teuer gekleidet, doch auf ihren Wangen zeichneten sich hektische Flecken ab. Es war die Gelassenheit, die ihr fehlte, fand Edward. Die Sherwoods waren so bemüht, alles richtig zu machen, dass sie nicht merkten, wie genau diese Anstrengung verriet, dass sie nicht aus den Kreisen stammten, denen sie so gern angehören wollten. Aus den Augenwinkeln verfolgte er, wie seine Mutter erstarrte, als Mrs Sherwood sie ein wenig zu herzlich umarmte. Er warf seiner Schwester Rebecca einen warnenden Blick zu, die einen Gesichtsausdruck zur Schau trug, den sie sich sonst gewöhnlich für missliebiges Personal in Hampton aufsparte. Seine Schwester Emily lächelte höflich.
»Vielleicht möchten Sie das Haus sehen, bevor wir Tee trinken?«, schlug Mr Sherwood vor.
»Danke, aber das wird nicht nötig sein«, erwiderte seine Mutter süßlich. »Wir kennen es noch von früher, als Lord Landshire hier lebte. Mein verstorbener Mann war mit ihm befreundet.«
»Ich versichere Ihnen, es hat sich einiges seitdem verändert«, erwiderte John Sherwood.
Sie blickten sich alle an. Man hätte eine Stecknadel auf den Boden fallen hören können, und Edward nahm dankbar zur Kenntnis, dass in diesem Augenblick Cathleen die Treppe herunterkam. Sie lächelte und sah hinreißend aus. Es erfüllte ihn mit Erleichterung, dass sie so wenig von ihren Eltern hatte. Man mochte gar nicht glauben, dass sie die Tochter der Sherwoods war. Sie begrüßte die Ankömmlinge und wechselte einige freundliche Sätze mit allen. Als sie auf ihn zutrat, überzog eine leichte Röte ihre Wangen. Es war entzückend, aber leider auch genau das, was ihn ängstigte. Er spürte, dass sie sich etwas erträumte, das es nie zwischen ihnen geben würde. Als er sie gefragt hatte, ob sie wisse, worauf sie sich mit dieser Hochzeit einließ, hatte
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