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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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waren nicht die ersten Avancen, die man ihr seit ihrer Ankunft hier machte. Der überwiegende Teil der Journalisten und Redakteure waren Männer, und einige hatten sie schon gefragt, ob sie mit ihnen ausgehen würde. Doch Melinda hatte bisher keine der Einladungen angenommen. Die Trennung von Frank hing ihr noch immer nach, und sie hatte das Gefühl, Zeit für sich zu brauchen.
    Ihr Blick glitt die Straße entlang, vorbei an den herrschaftlichen Häuserfassaden, zwischen denen die eine und andere Lücke und die Reste von Grundmauern den Einschlag der Bomben verrieten. Das Gebäude der Bank – ein klassizistischer Bau, der Melinda etwas an die Villa der Finkensteins in Berlin erinnerte – befand sich an der Ecke Pilgrim Street und war schon von Weitem zu erkennen.
    Während sie auf die Stufen zum Eingang zuging, überlegte sie, was sie sagen sollte. Es war eher unwahrscheinlich, dass man sie zu Mr Finkenstein vorlassen würde. Sie würde sich auf ihre Intuition verlassen müssen, dachte sie, während sie die Stufen hochstieg und sich bemühte, mit einem selbstbewussten Gesichtsausdruck von ihrer schlichten Kleidung abzulenken. Ein uniformierter Concierge öffnete ihr formvollendet die breite Tür mit den goldenen Beschlägen, und sie gelangte in die Eingangshalle. Der Boden und die Wände waren mit rötlich braunem Marmor ausgekleidet, und mehrere Gemälde hingen an den Wänden. Hinter einem großen Schreibtisch saß eine Empfangsdame mit adrett hochgesteckten Haaren. Höflich schaute sie ihr entgegen. Ihr taxierender Blick verriet indessen, dass sie auf die Schnelle einzuschätzen versuchte, ob sich hinter der ärmlichen Kleidung, die Melinda trug, möglicherweise doch eine vermögende Kundin verbergen könnte. »Guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen, Miss?«
    Melinda zögerte kurz. »Mein Name ist Melinda Leewald. Ich würde gern mit Mr Finkenstein sprechen, wenn das möglich ist«, erklärte sie dann.
    »Das wird leider schwierig sein. Mr Finkenstein weilt schon seit einigen Jahren nicht mehr unter uns. Er ist gefallen …«
    Melinda blickte sie betreten an. »Das wusste ich nicht.«
    »Mrs Finkenstein, seine Schwester, führt seit seinem Tod die Geschäfte der Bank«, belehrte die Empfangsdame sie.
    Erleichtert vernahm Melinda, dass es offensichtlich doch noch ein lebendes Familienmitglied gab.
    »Besteht die Möglichkeit, mit ihr zu sprechen oder einen Termin bei ihr zu bekommen?«
    Die Empfangsdame schenkte ihr ein unterkühltes Lächeln. »Wie Sie sich sicher vorstellen können, ist Mrs Finkenstein eine viel beschäftigte Frau. In welcher Angelegenheit wünschen Sie sie zu sprechen?« In ihrem Tonfall schwang eindeutig Herablassung, nun, da sie begriffen hatte, dass Melinda keine Kundin der Bank sein konnte.
    »Ich bin die Tochter von Caroline Leewald und die Enkelin von Helene Griffith – ich denke, das wird ihr etwas sagen«, erwiderte Melinda höflich, obwohl sie sich keineswegs sicher war, dass dies tatsächlich der Fall war.
    Die Brauen der Empfangsdame bewegten sich nach oben, und sie zögerte, doch dann erhob sie sich von ihrem Stuhl.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann. Nehmen Sie einen Augenblick Platz«, sagte sie und deutete zu einer samtbezogenen Bank, bevor sie durch eine Tür verschwand.
    Melinda fragte sich plötzlich, ob ihr Besuch hier wirklich eine so gute Idee gewesen war. Wahrscheinlich würde Mrs Finkenstein sie für irgendeine Bittstellerin halten, und die Empfangsdame würde sie gleich höflich hinauskomplimentieren.
    Wenige Augenblicke später waren ein Geräusch und Schritte von der Tür zu hören.
    »Mrs Finkenstein ist leider noch in einer Besprechung.«
    Melinda, die nichts anderes erwartet hatte, nickte.
    »Aber Sie lässt fragen, ob Sie vielleicht in ungefähr einer Stunde, gegen sechs Uhr, wiederkommen könnten. Sie würde dann bis zur Abendkonferenz eine halbe Stunde Zeit für Sie haben«, erklärte die Empfangsdame, die über diese Nachricht genauso überrascht schien wie Melinda.
    22
     
    A ls sie nach einer Stunde in die Bank zurückkehrte, geleitete sie die Empfangsdame in den ersten Stock. Sie betraten ein Büro, das mit einem weichen Teppich ausgelegt war, in den man bei jedem Schritt versank.
    Eine grauhaarige Dame mit streng zurückgesteckten Haaren und wachen, intelligenten Augen, die sie neugierig musterten, empfing sie. Die Bankdirektorin strahlte eine ungewöhnliche Mischung aus Eleganz und Respekt einflößender Autorität aus, die Melinda selten bei einer Frau

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