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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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sich, seine Unruhe zu verbergen. »Danke, Ned. Würden Sie mir einen Gefallen tun?« Er zückte beiläufig einen weiteren Schein aus seinem Portemonnaie.
    »Sicher, Sir!«
    »Behalten Sie sie im Auge, und geben Sie mir Bescheid, wenn Sie angekommen ist.«
    Ned nickte. »Aber klar. Wenn Sie mich fragen, die Welt könnte gut ohne die Deutschen auskommen! Sechzig Millionen Tote hat dieser Krieg gekostet, und die glauben, weil sie sich ein paar Jahre schuldig gefühlt haben, alles könnte so weitergehen wie vorher!« Er schüttelte den Kopf.
    Tennyson nickte mit finsterer Miene.
    51
     
    M elinda saß auf ihrem Bett und starrte auf den Inhalt des Pakets, das sie die weite Reise mit nach London geschleppt hatte. Wer hatte ihr die Sachen geschickt? Es musste einen Grund geben! Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe. Sie spürte, dass die Antwort darauf das Verbindungsglied zu allem anderen darstellte.
    Den ganzen Tag über hatte sich ein zunehmend frustriertes Gefühl in ihr breitgemacht, weil es ihr auch mit der Korrespondenz von Mr Finkenstein nicht gelungen war, den wahren Namen ihrer Großmutter in Erfahrung zu bringen.
    Sie nahm die Schachtel mit der roten Damefigur in die Hand und betrachtete sie. Es schien alles so zum Greifen nahe! Als würde ihr nur ein einziges entscheidendes Puzzleteil fehlen, dachte sie erneut. Sie hoffte, dass Jacob Finkenstein jemanden bei dieser Gehörlosen-Gemeinschaft kannte, der noch wusste, wer ihre Großmutter gewesen war. Und wenn nicht? Sie verbot sich den Gedanken daran – sie war nicht bereit aufzugeben.
    Vorsichtig schloss sie die Schachtel mit der Schachfigur. Als Melinda sie wieder in den kleinen Samtbeutel stecken wollte, fiel ihr Blick auf den altmodischen Stempelabdruck auf der Rückseite: Red Lion Antique. Ob es das Geschäft noch gab?
    Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Überlegungen.
    »Miss Leewald?« Die Wirtin streckte den Kopf durch die Tür. »Ein Anruf für Sie. Ein Herr …«
    Überrascht erhob sich Melinda vom Bett und ging zu dem Telefon, das im Eingangsbereich stand. Einen Augenblick lang befürchtete sie, Frank hätte sie ausfindig gemacht. Doch dann verwarf sie den Gedanken sofort. Er sprach kein Wort Englisch. Sie nahm den Hörer in die Hand.
    »Ja, Leewald?«
    »Ich hoffe, Sie empfinden mich nicht als aufdringlich.« Ein kurzes Räuspern war in der Leitung zu hören. »Hier spricht George Clifford.«
    Verwirrt suchte Melinda nach den richtigen Worten. »Guten Abend«, sagte sie schließlich zögernd. »Woher wissen Sie, dass ich hier wohne?«, platzte es dann aus ihr heraus.
    »Nun, ich war im Postbridge Inn … Diskretion wird hier auf dem Lande nicht sehr geschätzt, muss ich Ihnen leider sagen.«
    Melinda merkte, dass sie bei seinen Worten lächeln musste.
    »Ich bin aufrichtig schockiert.«
    Er lachte auf. »Sie planen, am Wochenende noch einmal herzukommen, wie mir Mrs Benson sagte?«, fragte er dann.
    »Ja, am Freitag.«
    »Nun, ich wollte Ihnen anbieten, dass ich Sie vom Bahnhof mitnehmen kann. Meine Kanzlei ist in Exeter ansässig, und ich würde am Abend ohnehin von dort hinausfahren.«
    »Gern«, erwiderte sie spontan, denn die Aussicht, abermals mit Ned, dem wortkargen Knecht der Bensons, eine Stunde im Auto verbringen zu müssen, hatte ihre Vorfreude auf den neuerlichen Ausflug erheblich gedämpft. Sie freute sich, George Clifford wiederzusehen, spürte sie. Ihr Herz schlug plötzlich einige Takte schneller.
    »Gut«, erklang seine tiefe Stimme. »Dann werde ich Sie abholen. Sie nehmen den Nachmittagszug?«
    »Ja, ich komme um sieben Uhr dreißig in Exeter an.«
    52
     
    D er Mann beugte sich mit seiner spitzen Nase über den Ladentisch und hielt die goldgefasste Lupe so dicht vor sein rechtes Auge, dass seine Pupille in gespenstischer Weise vergrößert wurde. Sorgfältig inspizierte der Antiquitätenhändler, der in den Siebzigern sein musste, den kleinen Gegenstand in seiner Hand.
    »Eine bemerkenswerte Rarität. Eine rote Dame unter den weißen Steinen! Ich erinnere mich, dass mein Vater mir einmal von einem solchen Spiel erzählt hat«, sagte er sinnend und beinahe ehrfürchtig. »Und das Schachspiel ist noch vollständig?«
    Melinda nickte. »Ja, aber ich muss gestehen, ich will es gar nicht verkaufen.«
    »Verständlich«, sagte er mit leichtem Bedauern und stellte die Figur behutsam auf dem Ladentisch auf einer quadratischen Samtunterlage ab, bevor er die Schachtel umdrehte. Er nahm erneut die Lupe in die Hand.
    »Ja, das

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