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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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ein Skandal, wenn man davon erführe«, beteuerte Mrs Fincher, doch ihr in Aufruhr versetztes Gesicht verriet Elisabeth nur zu gut, dass der Same, den sie gesät hatte, bereits aufgegangen war. Bei der nächsten Gelegenheit würde Lady Lyshire von ihr erfahren, welches Los ihrer Tochter drohte.
    »Noch ein Plätzchen?«
    Ihre Nachbarin nickte, und Elisabeth sah zu, wie sie von dem Mandelgebäck nahm und gedankenverloren davon abbiss. Zufrieden nippte sie an ihrem Tee.
    48
     
    S ie hatte sich im Schutz des Felsens auf ihrem zusammengerollten Umhang niedergelassen, den Block auf den angezogenen Knien, und zeichnete, als er auf einmal vor ihr stand.
    Er war genauso überrascht wie sie. Finster starrte er sie an. Etwas war anders als sonst. Amalia durchfuhr ein leiser Schreck, denn er sah fürchterlich aus. Sein Gesichtsausdruck war verzweifelt und schmerzerfüllt. Er trug keinen Hut, und sein Mantel flatterte offen um seine Beine, als hätte er nicht einmal die Zeit gefunden, die Knöpfe zu schließen. Sein Brustkorb hob und senkte sich im schnellen Rhythmus, und sein Haar fiel ihm wirr ins Gesicht. Etwas war passiert …
    Er wandte sich abrupt ab und starrte in die Ferne.
    Amalia klappte vorsichtig den Block zu und steckte die Farbe und den Pinsel ein. Augenscheinlich war er hierhergekommen, um allein zu sein. Es war ihr Platz hier oben, doch heute war sie bereit, ihn ihm zu überlassen. Sie stand auf.
    In diesem Moment fuhr er zu ihr herum. Etwas in seinen Augen brachte sie dazu, in ihrer Bewegung innezuhalten.
    Er schüttelte den Kopf. Geh nicht!
    Langsam kam er auf sie zu.
    Sie wich instinktiv ein Stück zurück, bis sie in ihrem Rücken den Felsen spürte. Die Spannung zwischen ihnen war körperlich so fühlbar, dass ihr der Atem stockte.
    Sein Blick, düster und noch immer verzweifelt, hielt den ihren fest, und sie entdeckte darin mit einem Mal ein Begehren, das einen jähen Hitzestrom durch ihren Körper jagte. Ihr Herz raste, als er im selben Augenblick die Hand ausstreckte und ihr über ihre Wange strich. Vorsichtig und sanft, als wolle er prüfen, ob sie wirklich sei.
    Es lag eine so intime Zärtlichkeit in dieser Geste, dass sie unwillkürlich die Augen schloss.
    Im selben Augenblick riss er sie in seine Arme und küsste sie. Die Leidenschaft, mit der seine Lippen die ihren fanden, stand in einem verwirrenden Gegensatz zu der Sanftheit, mit der er sie zuvor berührt hatte. Es kam ihr vor, als würde sich ein Feuer durch ihren Körper brennen.
    Ihr Atem ging schnell, und obwohl sie über ihre eigenen Gefühle erschrak, legte sie die Arme um seinen Hals und erwiderte seinen Kuss. Einen Moment lang schien es nichts anderes um sie herum zu geben – nur sie beide allein auf diesem Hügel. Als würde die Einsamkeit des Moores sie verschlingen.
    Widerstrebend lösten sich seine Lippen irgendwann von den ihren. Er schaute sie an und hielt sie dabei noch immer fest – schützend und besitzergreifend zugleich, und sie spürte die Wärme seines Körpers. Erneut strich er ihr sanft über die Wange. Dann ließ er sie mit einem Mal unerwartet los. Sein Gesichtsausdruck war weicher geworden, doch sie sah den Schmerz, der sich noch immer darin verbarg, bevor er sich plötzlich umdrehte. Er war so schnell wieder hinter dem Felsen und aus ihrem Blickfeld entschwunden, dass sie erst einen Augenblick später begriff – er war gegangen. Verwirrt sank sie auf ihren Umhang. Sie würden sich wiedersehen – das wusste sie.

MELINDA

49
     
    D ie Schreibplatte des Rokoko-Sekretärs war bedeckt mit Briefen und Papieren. Seit fast zwei Stunden saß Melinda auf einem zierlichen Stuhl in dem Büro von Evelyn Finkenstein, das eher an einen Salon erinnerte, und las in der Korrespondenz, die vor ihr ausgebreitet lag.
    »Vielleicht finden Sie, was Sie suchen, und wenn nicht, werden Sie sicherlich trotzdem ein wenig mehr über Ihre Großmutter erfahren. Wenn Sie Fragen haben, ich bin in der Bibliothek«, hatte die alte Mrs Finkenstein mit einem warmen Ausdruck auf ihrem faltigen Gesicht gesagt und sie mit den Unterlagen allein gelassen. Es gefiel ihr offenbar, dass die junge Frau sich für ihre Familiengeschichte interessierte.
    Zwei Tage waren vergangen, seitdem Melinda so überraschend erfahren hatte, dass ihre Großmutter damals ihren Namen geändert hatte. Gestern hatte sich Evelyn Finkenstein dann erneut bei ihr gemeldet, um ihr mitzuteilen, dass sie die damalige Korrespondenz ihres Mannes für sie herausgesucht habe. Und so war

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