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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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haben. Knapp zwei Wochen vor dem Tod ihres Mannes stattete Lady Lyshire, mit der Lady Hampton sich seit ihrer Jungmädchenzeit beim Vornamen nannte, ihr überraschend einen Besuch ab. Angesichts ihrer alten Freundschaft fühle sie sich zur Ehrlichkeit verpflichtet, erklärte sie und hatte ihr dabei kaum ins Gesicht sehen können. Es täte ihr unendlich leid, aber ihre Familie gehe selbst durch eine Zeit gewisser Engpässe und sehe sich leider nicht in der Lage, die finanziellen Probleme aufzufangen, die eine Hochzeit zwischen Edward und ihrer Tochter Lydia mit sich bringen würde.
    Es war entsetzlich demütigend gewesen. Selbstverständlich hatte Lady Hampton vorgegeben, Verständnis für die Entscheidung der Lyshires zu haben, auch wenn sie abstritt, dass die Situation in ihrem eigenen Haus tatsächlich so dramatisch war. Leider war es ihr in dem Gespräch nicht gelungen herauszubekommen, wie Lady Lyshire überhaupt davon hatte erfahren können. Die Freundin versprach ihr immerhin, dass sie nach außen Stillschweigen über die wahren Beweggründe bewahren würde, warum es nicht zu einer Verlobung ihrer beiden Kinder gekommen war. Doch Lady Hampton war klar, dass ein Gerücht, einmal in Umlauf gebracht, seinen Weg ging, ohne dass man es aufhalten konnte. Sie dachte mit Besorgnis an die Liste der neuen möglichen Kandidatinnen, mit der sie bisher nicht weitergekommen war.
    Wie recht sie mit ihren Befürchtungen hatte, schien die Karte, die vor ihr lag, leider nur zu bestätigen. Sie stammte von Elisabeth Sherwood, die sie um ein Gespräch bat. Lady Hampton machte sich keine Illusionen, warum diese Person sie aufsuchte. Allein der unverschämte Wortlaut: Die Angelegenheit, die ich mit Ihnen zu besprechen habe, liegt, wie Sie mir glauben können, in unser beider Interesse.
    Wie konnte sich diese Frau anmaßen zu beurteilen, was in ihrem Interesse lag! Einen Augenblick lang wünschte sich Lady Hampton die Zeiten von früher zurück, in denen die Trennungslinien in der Gesellschaft noch klar gewesen waren und Menschen wie die Sherwoods wussten, wo sie hingehörten. Zeiten, in denen auch die Gläubiger nie gewagt hätten, Menschen ihres Standes derart zu bedrängen. Sie stieß ein leises Seufzen aus und starrte erneut auf die Zeilen in ihren Händen.
    Mrs Sherwood wartete noch immer unten in der Halle. Sie war ein hartnäckiger Fall, wie Lady Hampton aus Erfahrung wusste. Kurz nachdem die Sherwoods das alte Anwesen von Landshire erworben hatten – und es tatsächlich wagten, es nach ihrem Namen umzubenennen –, hatte diese Person wirklich geglaubt, ihr einfach einen Besuch abstatten zu können. Sie war zur Teezeit mit der Kutsche gekommen und hatte, wie es üblich war, ihre Zofe eine Karte bei ihr abgeben lassen. Selbstverständlich hatte Lady Hampton den Butler ausrichten lassen, dass sie nicht zugegen sei. Die Karte hatte sie sofort in den Kamin geworfen und sich natürlich nie bei ihr gemeldet. Doch Mrs Sherwood hatte insgesamt noch vier Mal den Versuch unternommen, sie zu besuchen, bevor sie endlich begriff, dass man ihresgleichen nicht empfing. Auch nicht, wenn sie auf einmal in einem Herrenhaus wohnten!
    Es kostete Lady Hampton daher alle Beherrschung, ihrem Butler jetzt nicht auch die Anordnung zu geben, Mrs Sherwood wieder des Hauses zu verweisen. Doch sie war nicht in der Position – so erniedrigend diese Tatsache auch war. Die Gläubiger gaben ihnen kaum mehr einen Monat. Sie sollte sich daher zumindest anhören, was diese Person ihr zu sagen hatte.
    60
     
    E dward war am späten Nachmittag aus London zurückgekehrt. Einige unerfreuliche Gespräche mit der Bank und den Anwälten lagen hinter ihm. Er hatte Selbstsicherheit demonstriert, doch er wusste, dass es nur dem Tod seines Vaters geschuldet war, dass sie sich alle überhaupt noch hinhalten ließen. Als er aus der Kutsche ausstieg, warf er einen niedergeschlagenen Blick auf Hampton-Manor. Vor fast fünfhundert Jahren hatte sein Ahne, der erste Earl, die Grundmauern hier errichten lassen. Sollte er nun selbst als sein letzter Besitzer in die Geschichte eingehen? Die Zeit drängte. Er dachte an die Liste, die er mit seiner Mutter durchgegangen war. Die gesamte Woche über, bevor er nach London fuhr, hatte er Besuche gemacht und Einladungen angenommen, aber es war ihm schwer gefallen, mehr als nur ein wenig oberflächliche Konversation zu betreiben. Er hatte all diese parlierenden Menschen betrachtet, die so überzeugt von ihrer eigenen Wichtigkeit waren,

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