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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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musterte er sie – mit einer herablassenden Geringschätzung, die sie bis ins Mark traf. Das angedeutete Lächeln erstarb auf ihren Lippen, und sie drehte ihm abrupt die Schulter zu.
    Zu ihrer Erleichterung kam in diesem Moment Lucys Bruder Richard auf sie zu. »Darf ich auf den nächsten Tanz hoffen, Miss Sherwood?«
    »Gern!« Sie reichte ihm mit einem gespielten Lächeln die Hand und beschloss, Edward Hampton keines Blickes mehr zu würdigen.
    Spät in der Nacht, als sie sich noch zu Amalia schlich, um ihr von dem Ball zu erzählen, spürte sie bei der Erinnerung an seinen Blick noch immer einen schalen Geschmack im Mund. Er ist widerlich. Arrogant und überheblich. Genau wie seine Schwester. Ich weiß gar nicht, wie ich jemals denken konnte, dass er mir gefallen würde , machte sie mit aufbrausenden Gesten klar.
    Amalia verzog amüsiert den Mund. Er ist nur der Einzige, der dir nicht sofort verfallen ist! Deshalb findest du ihn so reizvoll.
    Cathleen zuckte die Achseln. Ein bisschen hatte ihre Schwester recht, doch es war nicht der einzige Grund, wie sie vor sich selbst zugeben musste. Sie hatte schon immer für ihn geschwärmt.
    Schweigend wie in Kindheitstagen, saßen die beiden Schwestern im Bett mit angezogenen Knien nebeneinander. Schließlich wandte Cathleen den Kopf zu Amalia. Glaubst du, dass es so etwas wie die große Liebe gibt?
    Einen Augenblick lang erschien es ihr beinahe, als hätte die Frage ihre Schwester erschreckt. Amalia strich sich ihr langes Haar aus dem Gesicht und schien nachzudenken, bevor sie schließlich stumm nickte. Im Schein der Kerze glänzten ihre Augen. Sie war so schön, schoss es Cathleen durch den Kopf. Sie erwartete, dass ihre Schwester ihr noch mehr mitteilen würde. Doch sie blickte nur versonnen in die Flamme, und Cathleen, die sonst fast immer wusste, was Amalia dachte oder fühlte, stellte fest, dass es einer der seltenen Momente war, in denen sie keine Ahnung hatte, was gerade in ihrer Schwester vorging.
    59
     
    L ady Hampton hätte nicht geglaubt, dass die Reihe von Demütigungen, die sie in den letzten Wochen und Monaten über sich hatte ergehen lassen müssen, noch hätte übertroffen werden können. Doch sie hatte sich geirrt. Ungläubig starrte sie auf die Karte, die ihr der Butler soeben gereicht hatte.
    Ein flaues Gefühl meldete sich in ihrer Magengegend, und einen Augenblick lang war sie sich nicht sicher, ob sie eine Ohnmacht ereilen würde.
    Wann hatte das alles angefangen? Im letzten Jahr? Als ihr Mann ihr das erste Mal von den finanziellen Problemen berichtete? Sie hatte anfangs nicht einmal richtig verstanden, wovon er überhaupt sprach. All diese schrecklichen Worte – Hypotheken, Belastungen, Banken, Zins und Zinseszins – das waren Begriffe, mit denen sie sich noch nie in ihrem Leben auseinandersetzen musste. Warum auch? Geld war etwas, worüber man nicht sprach. Es war immer da gewesen. Sie stammte aus einer Familie, deren Ahnen mütterlicherseits mit dem Hause Norfolk verwandt waren und väterlicherseits gemeinsame Vorfahren mit einer Seitenlinie des Königshauses vorweisen konnten. Als ihr Mann ihr von ihren Schwierigkeiten erzählte, hatte sie daher nur verständnislos mit den Achseln gezuckt.
    »Aber wir haben doch ausreichend Land. Verkaufen wir etwas davon, wenn es denn nötig ist«, hatte sie gesagt und nicht verstanden, was er meinte, als er ihr zu erklären versuchte, dass ein großer Teil ihres Besitzes so belastet sei, dass er ohnehin bereits der Bank gehöre. Es war sein resignierter Blick gewesen, der sie schließlich begreifen ließ, wie ernst es wirklich um sie stand.
    Doch das war nur der Anfang gewesen. Wie sich herausstellte, hatte ihr Mann in seiner Verzweiflung riskante Investitionsgeschäfte getätigt, die – statt ihnen Geld einzubringen – sie nun in den sicheren Ruin zu stürzen drohten. Und in dieser Situation war auch noch die Krankheit ihres Mannes ausgebrochen.
    Es war wie eine Schlinge, die sich immer enger um sie zog. Die Gläubiger und Banken hatten sich nur noch dank ihres Namens hinhalten lassen. Der einzige Ausweg war eine schnellstmögliche Vermählung von Edward. Nur sie konnte die Familie vor einem Bankrott und der damit verbundenen gesellschaftlichen Bloßstellung bewahren. Sie hatten alles dafür getan und übten jeden erdenklichen Druck aus, damit nichts von ihrer Situation bekannt wurde, und die Verlobung mit Lydia Lyshire war eigentlich schon beschlossene Sache gewesen, doch dann musste irgendjemand geredet

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