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Die Schwestern von Sherwood: Roman

Die Schwestern von Sherwood: Roman

Titel: Die Schwestern von Sherwood: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Winter
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entgegen. Mit jedem neuen Päckchen, das sie aufgeregt wie ein Kind in Empfang nahm, lernte sie eine neue Figur kennen und erfuhr von ihren Möglichkeiten, sich während einer Schachpartie zu bewegen und andere Figuren zu schlagen. Die anfangs so monoton wirkenden schwarz-weißen Felder begannen eine immer bestechendere Schönheit vor ihren Augen zu entwickeln, sobald sie die Möglichkeiten der Züge und geometrischen Figuren einmal erkannte, die sich darauf vollziehen ließen. Ihre Sicht, die über Jahre geschult war, weil sie sich so viel mehr auf ihre anderen Sinnesorgane verlassen musste als ein hörender Mensch, war beim Schach von Vorteil. Sie lernte schnell – es fiel ihr leicht, in räumlichen Mustern vorauszudenken und abzusehen, welcher Zug unweigerlich den nächsten zur Folge haben würde.
    Du hast wirklich noch nie zuvor Schach gespielt? Mehr als einmal stellte er ihr ungläubig diese Frage. Sein strenger Blick, als sei er sich nicht sicher, ob sie ihn belog.
    Sie schüttelte den Kopf, und ihre Mundwinkel zogen sich nach oben. Nein! Hast du etwa Angst, von einer Frau geschlagen zu werden?
    Seine Augen glitzerten. Keineswegs, meine Schöne! Er benutzte ein Zeichen und seine Lippen, wenn er sie so nannte. Wie bei einer Liebkosung glitten seine Hände dabei durch die Luft. Sie mochte die Art, wie er die Hände bewegte, von Anfang an hatte sie das. Es waren entschlossene und sinnliche Bewegungen, die gleichzeitig auf verwirrende Weise maskulin wirkten. Sie hatte Cathleen einmal erklärt, dass das, was für ihre Schwester die Stimme eines anderen war, für sie selbst die Bewegung und die Mimik ihres Gegenübers darstellten. Erst sie machten einen Menschen wirklich schön, ließen ihn anziehend wirken – oder aber das Gegenteil.
    Wie zeigst du »schön«? Eines Nachmittags hatte er die Frage auf den Block geschrieben. Und »Schöne«? Sie hatte es ihm gezeigt, und nun brachte es sie jedes Mal durcheinander, wenn er diese Gebärde machte, und beraubte sie ihrer Konzentration. Und tatsächlich, er nahm ihr einen Bauern weg!
    Amalia starrte auf das Spielbrett. Dann glitt ein Lächeln über ihre Lippen – sie schlug seinen Turm.
    Das wirst du mir mit einem Kuss bezahlen müssen …
    Schach war längst zu einem bestrickenden Spiel von Verführung und Eroberung zwischen ihnen beiden geworden. Ihre Blicke kreuzten sich, ihre Finger berührten sich wie unabsichtlich, und wenn er den Kopf zu ihr neigte, konnte sie den Strom seines heißen Atems auf ihrer Haut fühlen. Manchmal wuchs die Anspannung ins so Unermessliche, dass Amalia glaubte, es nicht länger auszuhalten. Sie spürte, dass er sie weit über einen Kuss hinaus begehrte, sie sah es an der Art, wie er sie anschaute, und ihr selbst ging es nicht anders. Ihre Küsse waren von einer Leidenschaft, die ihr den Atem raubte, jede seiner Berührungen brannte auf ihrer Haut und ließ sie mehr wünschen. So unerfahren sie war, merkte sie jedoch auch, dass er sich zurückhielt, sich zur Beherrschung zwang. Als fürchtete er, was geschehen würde, wenn sie diese Grenze erst einmal überschritten hätten.
    Unvermittelt streckte er auch jetzt plötzlich die Hand aus. Er strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Augen glitzerten. Gegen ihren Willen stieg eine leichte Röte in ihre Wangen, denn sie hatte das Gefühl, er habe jeden ihrer Gedanken erraten. Was tat sie hier? Warum schaffte dieser Mann es, sie mit einem einzigen Blick und einer Berührung so in Aufruhr zu versetzen? Sie versuchte, sich gedanklich zu sammeln und wieder auf die schwarz-weißen Felder zu konzentrieren.
    Ihre Schachpartien waren noch immer nur unvollständige Übungsspiele. Neben den Königen, den Türmen und den Bauern waren inzwischen auch die Pferde und Läufer dazugekommen. Eine Figur fehlte jedoch noch immer – die Dame.
    Manchmal spazierten sie nach dem Schach noch durch das Moor. Sie zeigte ihm die Plätze, die sie liebte: den Blick in eine Schlucht, über einen mit Farn bedeckten Abhang oder eine ungewöhnliche Sicht auf die mystischen Felsformationen.
    Wie ist es, nicht zu hören?, fragte er sie einmal.
    Meine anderen Sinne sind meine Ohren , versuchte sie ihm zu erklären. Sie merkte, dass er begann, die Welt durch sie mit anderen Augen zu sehen, und dass es ihm gefiel. In diesen Momenten fiel alles Düstere von ihm ab, er nahm entspannt ihre Hand, und manchmal lachten sie unbeschwert wie Kinder. Während der Stunden, die sie sich trafen, gab es nur sie beide, und obwohl

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