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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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sich um die beiden Überlebenden kümmerte.
    Die junge Russin war hübsch und wirkte von den Ereignissen ziemlich mitgenommen. Sie saß auf der Wiese neben dem Verletzten, hatte seinen Overall geöffnet und ihm mit bemerkenswertem Sachverstand die Brust verbunden. Dazu hatte sie ein T-Shirt in Streifen gerissen. Bridget war ihr behilflich gewesen, den Körper auf eine wasserdichte Unterlage zu betten, um ihn vor dem feuchten Gras zu schützen. Der Mann war nicht bei Bewusstsein: Noch atmete er, aber es war schwer zu sagen, ob er bis zur Ankunft des Rettungshubschraubers überhaupt durchhalten würde.
    Goonan näherte sich und betrachtete schweigend die Szene. »Miss«, wandte er sich schließlich an die junge Russin, »ich muss mit Ihnen sprechen.«
    Nadja erhob sich langsam.
    Â»Chefinspektor Paul Goonan, vom NBCI «, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand.
    Â»Mein Name ist Nadja Derzhavin. Ich bin die Tochter von Gavril Derzhavin«, erwiderte sie in allerbestem Englisch.
    Goonan stutzte. Was hatte die Tochter eines der mächtigsten und bekanntesten Oligarchen Russlands hier zu suchen? Er musste auf der Hut sein. »Können Sie mir helfen zu verstehen, was hier geschehen ist?«
    Nadja sah ihn schweigend an. Sie sah nicht so aus, als wolle sie Zeit schinden, bevor sie eine Antwort gab, sondern eher so, als sei sie überhaupt nicht bereit, dies zu tun.
    Â»Warum sind Sie auf dieser Insel?«
    Endlich antwortete Nadja: »Tourismus …« Dann sah sie ihn misstrauisch an.
    Â»Meinen Sie, das sei glaubwürdig?«
    Â»Ich habe bereits meinen Vater verständigt. Sie werden in Kürze einen Anruf erhalten.«
    Goonan verlor die Geduld: »Hören Sie, wir haben hier sechs Leichen vor uns, und ich hoffe, dass es nicht noch mehr sind. Erzählen Sie mir also keinen Blödsinn.«
    Â»Bei alldem bin ich das Opfer«, erwiderte Nadja mit aufrichtiger Miene. »Aber ich bin nicht in der Lage, Erklärungen zu geben.«
    Goonan seufzte. »Glauben Sie ja nicht, dass Sie so einfach davonkommen. Ich bin verpflichtet, Sie so lange festzuhalten, bis Sie genau dargelegt haben, aus welchem …« Er brach mitten im Satz ab. Jackson und Morrison kehrten in Begleitung zweier Männer von einem der Wohngebäude zurück. Der erste war um die sechzig, rüstig, mit einem dichten weißen Bart. Er hatte ein großes Pflaster auf der Wange und ein blaues Auge. Der Zweite war hagerer und deutlich älter.
    Goonan ließ Nadja stehen. »Mit Ihnen mache ich später weiter …« Er eilte die Wiese hinauf, den vier Männern entgegen.
    Â»Alle wohlauf, Chef«, versicherte Jackson, als sie sich gegenüberstanden. »Sie waren im Haus eingeschlossen.«
    Goonan starrte auf den Mann mit dem Pflaster und dem blauen Auge. »Chefinspektor Paul Goonan vom NBCI «, stellte er sich vor. »Was ist hier vorgefallen?«
    Â»Michael O’Hara«, erwiderte der Mann und drückte ihm energisch die Hand.
    Â»Ich bin Tim McCarthy«, mischte sich gleich darauf der Alte ein.
    Â»Wo sind die anderen Bewohner?«
    Â»Nach dem, was Ihre Leute berichtet haben, hielten wir es für ratsam, ihnen den Anblick zu ersparen«, erklärte O’Hara. »Es sind Frauen und Kinder dabei und …« Er unterbrach sich und ließ den Blick ringsum schweifen. »Mit einem solchen Massaker habe ich nicht gerechnet.«
    Â»Haben Sie eine Ahnung, weshalb?«, fragte Goonan weiter.
    O’Hara kratzte sich am Schädel: »Nein, tut mir leid. Ich kann bloß erzählen, wie es uns ergangen ist.«
    Â»Gut.«
    O’Hara begann zu berichten: von der Ankunft des Segelbootes, wie die vier von der Besatzung einen nach dem andern gefangen genommen, erst in die Kapelle und anschließend in dem Wohngebäude eingeschlossen hatten. Goonan schlug ihm vor, eine Runde über die Wiese zu drehen, um sie zu identifizieren. O’Hara stimmte bereitwillig zu.
    Der alte Tim bat dagegen, zu seiner Wohnung im Hafen zurückkehren zu dürfen. »Bitte, ich habe schon so viele Stunden keine Medizin mehr genommen.«
    Â»Welche Medizin?«
    Â»Meine«, antwortete Tim trocken.
    Goonan erklärte sich einverstanden, allerdings unter der Bedingung, dass Morrison ihn begleitete. Dann begannen die drei Zurückgebliebenen mit der Inspizierung der Leichen.
    O’Hara erkannte drei der Geiselnehmer: Lena, Arvo und Vjačeslav. »Der dort

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