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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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Glas.
    Â»Geruch- und farblos«, murmelte sie.
    Gavril fasste sich mit einer Hand an den Hals. Ein Schweißtropfen lief ihm über die Schläfe. Er zwang sich zur Ruhe, griff nach dem Funkmelder auf dem Tischchen und drückte einen Knopf.
    Wenige Sekunden später betrat Borimir den Saal.
    Â»Borimir«, wandte sich Gavril so gefasst wie möglich an ihn. »Ich fürchte, ich bin vergiftet worden. Ruf einen Arzt.«
    Â»Sofort, mein Herr.«
    Â»Und lass diese Frau hier nicht raus.«
    Borimir tauschte einen Blick mit Lena.
    Plötzlich sank Gavril auf dem Sofa zusammen. Gelblicher Schaum erschien an seinen Mundwinkeln. »Ich habe dich geliebt …«, flüsterte er.
    Â»Ich dich auch«, erwiderte Lena über ihn gebeugt. Und sie meinte es ehrlich.
    Â»Schnell, Madame, hier entlang«, drängte sie Borimir.

30
    Moskau, Restaurant »Tsarskaya Okhota«
Dienstag, 28. Dezember, 19.43 Uhr
    Der Weg zum Tsarskaya Okhota weckte in Nadja Erinnerungen an ihre Mutter. In diesem exklusiven Restaurant hatten sie den Kinostart von Catherines erstem, vollständig in Russland produzierten Film gefeiert. Nadja war damals gerade einmal sieben Jahre alt gewesen, aber die Gerüche, die Farben und die Stimmung dieses Ortes würde sie nie vergessen. Sie konnte sich noch genau an das Gästebuch erinnern, das wie ein Museumsobjekt in einem Schaukasten aufbewahrt wurde. Es enthielt die begeisterten Kommentare von so berühmten Persönlichkeiten wie dem Regisseur Andrei Michalkow-Kontschalowski, dem Schriftsteller Alexander Solschenizyn und sogar von nationalen und internationalen Vertretern aus der Politik, wie dem ehemaligen Präsidenten Michail Gorbatschow. Alle Größen Russlands waren zumindest einmal im Tsarskaya Okhota gewesen, und selbst Vladimir Putin bewertete es als das beste Restaurant mit russischer Küche.
    Auch der Name Gavril Derzhavin tauchte in dem von den Restaurantbesitzern ehrfürchtig gehüteten Buch auf.
    Der gepanzerte SUV , der sie hergebracht hatte, bog im Schritttempo in die schmale Straße ein. Kirill, der neben dem Fahrer saß, behielt durch das Wagenfenster alles im Blick.
    Â»Steigen wir aus?«, fragte Nadja.
    Der Sibirier hob nur die Hand, um ihr zu verstehen zu geben, dass es keine Probleme gab.
    Aber Nadja genügte diese knappe Antwort nicht. Kirill war angespannter als sonst, und sie glaubte zu wissen, weshalb. Er hielt diesen Restaurantbesuch für ein vermeidbares Risiko, aber besonders beunruhigte es ihn, Gavril allein lassen zu müssen. Schließlich konnte er schlecht an zwei Orten gleichzeitig sein, wenn Vater und Tochter sich trennten.
    Ein Parkwächter in Livree näherte sich dem Fahrzeug, um die Tür zu öffnen, aber Kirill kam ihm zuvor und stieg eilig aus. Nachdem er rasch einen Blick ringsum geworfen und sich durch ein paar Handzeichen mit den Männern verständigt hatte, die ihnen in dem anderen Wagen gefolgt waren, reichte er Nadja die Hand und half ihr hinaus. Sie war sofort von dem Anblick der tief hinabgezogenen, festlich beleuchteten Dächer des Restaurants gefesselt, das an einen prächtigen alten Jagdsitz aus der Zeit der Zaren erinnerte.
    Ãœberall hingen Eiszapfen und erzeugten den Eindruck, als würden Tausende kleiner Lämpchen wie in einem märchenhaften Lichtspiel funkeln. Es hatte aufgehört zu schneien, und der Schnee lag frisch und unberührt. Die einzigen erkennbaren Spuren stammten von einigen Tieren aus dem Wald, die sich auf der Suche nach ein paar Speiseabfällen bis hierher gewagt hatten. Als alle Fahrgäste ausgestiegen waren, fuhren die beiden Wagen zum Parkplatz, und Kirills Leute bezogen Stellung am Eingang.
    Nadja trug an diesem Abend ein langes perlgraues Kleid, einen weißen Kaschmirmantel und eine Hermelinmütze. Sie hätte sich gerne schlichter gekleidet, aber sie wollte ihren Vater an einem derart exklusiven Ort nicht in Verlegenheit bringen. Vor allem aber fühlte sie sich in den Kleidern der Mutter dieser besonders nahe.
    Kirill hatte einen Nadelstreifenanzug und dazu eine einfarbige Krawatte an. Diesmal hatte sich der pingelige Borimir auch um ihn gekümmert und ihm in Rekordzeit einen passenden Mantel, Schuhe und einen weißen Seidenschal besorgt. Nadja war überrascht, mit welcher Natürlichkeit er diese Kleidungsstücke trug.
    Im Restaurant erkannte die junge Frau sofort den Schaukasten mit dem Gästebuch. Der Oberkellner

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