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Die Schwesternschaft

Die Schwesternschaft

Titel: Die Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger R. Talbot
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…«, setzte er erneut an, »ich muss mir Klarheit darüber verschaffen …«
    Â»Liebst du mich?«, unterbrach sie ihn unvermittelt. Wenn schon keine Strategie, so hatte Lena nun wenigstens endlich einen Spielzug gefunden.
    Gavril neigte den Kopf, als wolle er sie aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Dann nickte er. »Und du?«, fragte er.
    Darauf war sie bestens vorbereitet. Eine der ersten Lektionen. Sie erhob sich und fing an, sich in Rage zu reden. Sie erinnerte ihn daran, wie viele Jahre sie schon zusammen waren, wie sie alles geopfert hatte, um in seinem Schatten zu leben, ohne auch nur ein einziges Mal von ihm zu verlangen, seine Frau zu verlassen, und dass sie sich mit einer untergeordneten Rolle zufriedengegeben hatte, nur um in seiner Nähe zu bleiben. Aber wie eine Schauspielerin, die ihrem Publikum der Reihe nach in die Augen schauen kann, spürte Lena sofort, dass etwas nicht funktionierte.
    So ging sie zur Hauptszene über: Sie brach in Tränen aus. »Ich habe dich nie mit einem anderen Mann betrogen«, schluchzte sie. »Ich kann nicht glauben, was du da sagst und was du mir antust. Du lässt mich durchsuchen, als sei ich die letzte Hure der Stadt. Du sprichst mit mir, und ich habe keine Ahnung, worauf du hinauswillst. Du vertraust mir nicht. Mir kommt es vor wie ein Albtraum.«
    Aber auch diesmal merkte Lena, dass sie keinen Eindruck schinden konnte. Gavril hätte sie zumindest beruhigen, sich ihr nähern, sie streicheln müssen. Stattdessen blieb er unbeweglich ihr gegenüber auf dem Sofa sitzen. Sie trank ihren Wodka in einem Zug aus und stellte das Glas auf den Tisch. »Ich mache uns noch zwei«, sagte sie kühl und erhob sich.
    Wenig später kam sie, mit zwei Wodka-Tumblern in den Händen, zurück. Sie reichte eines der Gläser Gavril und nahm dann, ihr eigenes Glas auf dem Schoß haltend, ihm gegenüber Platz.
    Er sah sie merkwürdig an. »Hast du jemals von einem …«
    Â»Erst stoßen wir an!«, unterbrach sie ihn.
    Sie erhoben die Gläser.
    Sie war am Zug. »Auf die Liebe«, sagte sie.
    Â»Auf die Liebe«, wiederholte Gavril.
    Sie tranken.
    Dann starrte er sie erneut an. »Hast du jemals von einem gewissen Glebov gehört? Oxana Glebov?«
    Schachmatt. Sie zeigte keinerlei Regung. Doch ihre Weitsicht hatte sie gerettet. Es musste nur noch etwas Zeit vergehen.
    Â»Nie gehört«, antwortete sie. »Wer ist das?«
    Nun war sie wieder vollkommen in ihrem Element. Sie bemerkte, dass auch Gavril die Veränderung nicht entgangen war: Er sah sie finster an, als suche er nach dem Grund dafür.
    Â»Ich glaube, du kennst ihn«, beharrte er.
    Lena schüttelte den Kopf. »Nie gehört«, wiederholte sie. Und diesmal lächelte sie.
    Â»Hören wir auf zu spielen«, sagte er. »Du bist mir einige Erklärungen schuldig, Lena. Und wenn du nicht hinreichend überzeugend bist …«
    Sie verlor angesichts dieser Drohung nicht etwa die Fassung, sondern lächelte erneut, wobei sie Gavrils verblüfften Gesichtsausdruck beobachtete. Offenbar hatte er mit einer vollkommen anderen Reaktion gerechnet.
    Er wurde wütend: »Vielleicht hast du nicht ganz begriffen!«
    Â»Ich habe sehr wohl begriffen«, erwiderte sie. Dann sah sie auf die Uhr. Es war genug Zeit verstrichen. Gavril hatte die Partie gewonnen, aber jetzt konnte sie die Figuren vom Brett fegen. »Weißt du, was ich gestern gemacht habe?«
    Er stellte sein Glas auf den Tisch, ohne zu antworten.
    Â»Ich habe ein Rezept ausprobiert.«
    Gavrils Gesichtsausdruck veränderte sich.
    Â»Als Zutaten habe ich Wasser und Tabak verwendet. Ein Paket Pfeifentabak.«
    Â»Was redest du da?«
    Lena fuhr ungerührt fort: »Man muss den Tabak in ein Gefäß mit Wasser geben und es einen Tag stehen lassen. Anschließend wird das Ganze durch ein Tuch gefiltert und die Flüssigkeit in einem anderen Gefäß aufgefangen. Nun muss man sie verdampfen lassen. Man erhält eine farb- und geruchlose Substanz. Flüssiges Nikotin.«
    Â»Davon habe ich noch nie gehört.«
    Â»Nun, es ist nicht so bekannt wie zum Beispiel … Arsen.«
    Endlich begriff Gavril. Er sah auf sein Glas und erblasste.
    Â»Reines Nikotin«, ergriff sie erneut das Wort. »Es hat eine unangenehme Nebenwirkung: den Tod. Drei, vier Tropfen genügen, um einen Menschen umzubringen.«
    Gavril roch an dem

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