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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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würde mich auch benehmen - und nichts zeichnen, was Sie nicht gutheißen oder man nicht öffentlich zeigen könnte.«
    »Nein.«
    »Sie sind hier in meinem Haus. Ich war so nett, mit Ihnen zu sprechen - ganz abgesehen davon, dass ich sogar Ihre Kinder davor bewahrt habe, Halbwaisen zu werden.«
    Rina hielt seinem Blick stand. »Das letzte Mal, als Sie jemanden gemalt haben, saßen Sie hinterher im Gefängnis. Lernen Sie aus Ihren Erfahrungen, Christopher. Außerdem muss ich zurück nach Brooklyn, meine Tochter holen. Als guter Gastgeber sollten Sie mich jetzt zur Tür bringen.«
    »Sie meinen, der Gestank von verwesendem Fleisch sagt Ihnen nicht zu?« Er öffnete die Tür und entließ sie in den großen Raum; sie fühlte sich, als sei sie einem Gefängnis entronnen. Doch mit einem Mal drehte sich alles.
    »Sie sehen ganz blass aus«, sagte Donatti, »vielleicht sollten Sie noch einen Moment bleiben.«
    Rina fühlte ihre Kräfte schwinden. »Ja, noch einen Augenblick.« Sie ließ sich in einen Sessel fallen, zog einen Karton heran und legte ihre Füße darauf. »Meine Güte, ist mir schwindlig!«
    »Sie haben ja auch all den Alkohol eingeatmet.«
    »Sie scheinen aber nichts davon zu merken.«
    »Ich hab schon mehr Chemikalien geschluckt als eine Laborentlüftung. Mein Hirn ist das gewöhnt.« Donatti betrachtete sie. »So könnte ich Sie auch malen!«
    Rina hielt sich die Handtasche vors Gesicht. »Hören Sie bloß auf! Gehen Sie schlafen. Ich finde schon selbst hinaus.«
    »Sicher, ich verschwinde gleich.«
    Er wartete noch einen Augenblick. Fünf Minuten später war Rina eingeschlafen. Die Handtasche, mit der sie das Gesicht bedeckt hatte, war auf die Brust gesunken und hob und senkte sich mit jedem Atemzug. Donatti betrachtete sie. Selbst schlafend hatte sie noch eine dezente Haltung, die Beine an den Fußgelenken gekreuzt, den Rock bis zu den Knien herabgezogen.
    In einer Stunde würde er sie wecken. Er holte Kohlestifte und Zeichenbogen aus dem Malschrank. Während er Rina skizzierte, wanderten seine Gedanken zu Terry. Er hatte solche Sehnsucht nach ihr, dass es ihm das Herz zusammenzog. Er fragte sich, was sie wohl gerade tat und ob sie überhaupt jemals an ihn dachte, wenn sie nicht zusammen waren.
    In einem hatte Terry schon Recht: Er war kein Mann zum Heiraten und auch kein geborener Vater. Zwar liebte er Gabriel, doch auf eine sehr ichbezogene Weise. Denn vielleicht könnte Gabe ja eines Tages das Leben leben, das das Schicksal ihm selbst verwehrt hatte. Mit einem stärkeren Charakter hätte er sich wahrscheinlich ändern können. Aber sein jetziges Leben war ein einziger Höhenflug - aufregend, unvorhersehbar, ein chemischsexueller Rauschzustand. Und er steckte schon zu tief drin, um es wieder rückgängig zu machen. Wie Esau war auch er zum Jäger geboren.
    Sein Blick wanderte über Rinas Körper. Er hatte ihr versichert, er würde Frauen zu nichts zwingen, und das stimmte auch, aber nur so lange, wie er es wollte. Regeln waren eben da, um sie zu brechen! Vor gar nicht so langer Zeit hatte er sich noch ausgemalt, wie er sie in jeder Position des Kamasutra penetrierte, während sie bettelte, er solle aufhören. Ja, erst würde er sie dazu zwingen. Das machte ihn scharf. Dann würde sie langsam Gefallen daran finden - anfangen vor Lust zu stöhnen und ihn anflehen weiterzumachen. Sie würde sich unter seinem Gewicht aufbäumen, sich vor Leidenschaft winden und schließlich ganz im Orgasmus aufgehen. Und dann würde er ihr Leben mit einem kurzen Schuss in die Brust auslöschen. Die endgültige Rache an Decker, weil er ihm Terry weggenommen hatte.
    Doch während er sie zeichnete und in ihrem unschuldigen Schlaf betrachtete, wandelte sich sein Bild von Rina und begann stellvertretend für alles Unschuldige und Gute zu stehen. Sexuelle Fantasien mit ihr erschienen ihm schließlich pervers -wie ein Inzest.
    Seine eigene Mutter hatte sterben müssen, als er vierzehn war.
    Vielleicht würde ihm diese ja etwas länger bleiben.
    Seine eigene Madonna.
    Irgendwie machte ihn dieses Bild glücklich.

26
    Ich war in der Tiefschlafphase, aus der mich eigentlich nichts hätte wecken können - und doch musste mein Gehirn etwas registriert haben. Mein Herz hämmerte in der Brust, als ich nach dem Hörer tastete; mein Kopf fühlte sich an wie Watte. Ich muss wohl »Hallo!« gesagt haben, denn sie fing an zu sprechen, obwohl ich die Worte noch nicht einordnen konnte. Als ich »Lieutenant« hörte, wurde ich hellhörig. Die Uhr

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