Die Schwingen des Todes
Sie, warum?«
»Warum?«
»Weil C.D. nicht redet.«
»Haben er und der Alte immer noch Kontakt?«
»Ja, klar. Seit er wieder aufgetaucht ist, wir haben das beobachtet, hat er Joey immer wieder mal einen Besuch abgestattet. Nichts Wichtiges. Wahrscheinlich gibt es keine Verpflichtungen mehr. Joey hat C.D. damals adoptiert; sie sind nicht miteinander verwandt. Aber wahrscheinlich wissen Sie das schon.«
»Ja.«
»C.D. hat keine Blutsverwandten mehr, keine Freunde, absolut keine sozialen Bindungen. Aber was er hat, ist eines der miesesten Blättchen in der Szene. Zwanzig bis dreißig Hochglanzseiten voller junger Mädchen, alle gerade erst achtzehn geworden, aufgemacht wie jüngere Teenager - gerade richtig, um die schmutzige Fantasie des Mannes um die fünfzig zu beflügeln. Sie wissen schon - Schülerin/Lehrer, Schwester/Patient, die beste Freundin Ihrer Tochter...«
»Wie reizend.«
»Ich hab nicht die leiseste Ahnung, wem er diesen Dreck verkauft, aber es muss einen Absatzmarkt dafür geben. Das u rsprüngliche billige, selbst gemachte Blättchen hat sich zu einem Hochglanzmagazin mit Profifotos und Anzeigenwerbung gemausert. Ich will damit nicht sagen, dass es am Zeitungsstand ganz vorn liegt, aber über zu wenig Käufer muss er sich nicht beklagen.«
»Vom Tellerwäscher zum Millionär.« »Wissen Sie, was ich glaube?« »Was?«, fragte Decker.
»Ich glaube, Donatti schenkte Benedetto Washington Heights, damit der ihn im Gegenzug aus der Familie aussteigen ließ. Der Typ ist viel zu sehr Einzelgänger, um sich Befehle von Leuten gefallen zu lassen, die über ihm stehen. Andererseits kann man nicht gerade behaupten, dass er sich der Welt gegenüber geöffnet hat. Wenn er in Saus und Braus lebt, versteckt er es jedenfalls gut.«
»Besitzt er nicht auch ein eigenes Haus, Brian?«, warf Novack ein.
»Ja. Ihm gehören einige Immobilien rund um die Hundertfünfunddreißigste, in einer Gegend, die als Shona Bailey Area bekannt ist. Da oben gibt es noch die alten Sandsteinhäuser, eigentlich ganz hübsch, aber in einem ziemlich schlechten Zustand. Shona Bailey ging es eine Zeit lang richtig gut - das Viertel war der Liebling der Internetmillionäre. Dann platzte die Seifenblase, und der 11. September gab ihnen den Rest. Soweit ich gehört habe, konnte C.D. die Häuser für ein Butterbrot kaufen.«
Novack schüttelte den Kopf. »Man kann sagen, was man will blöd ist der Typ nicht.«
»Wenn ich also nach ihm suchen wollte, würde ich ihn in der Gegend um die 135. Straße finden?«, fragte Decker.
»Ich denke schon, obwohl ich nicht glaube, dass er an einem Sonntagmorgen um Viertel vor zehn dort ist. Warum wollen Sie i hn suchen?«
»Weil Sie sagten, dass der Mord seine Handschrift trug. Und wenn er Jagd auf junge Mädchen macht, könnte eine verzweifelte Fünfzehnjährige genau das Richtige für ihn sein.«
»Ich wüsste nicht, warum er sich mit Minderjährigen abgeben sollte, wenn er jede Menge Volljährige kriegen kann, die ihm all seine Wünsche erfüllen. Die Frauen sind verrückt nach ihm -und er ist genau der Typ böser Junge, auf den kleine dumme Mädels stehen.«
Nicht nur kleine dumme Mädels. Decker dachte einen Augenblick nach. »Haben Sie seine Adresse?«
Cork sah ihn prüfend an. »Was haben Sie vor, Decker? Einfach mal vorbeigehn und ihm ein paar Fragen stellen? Wenn Sie hinter Donatti her sind, können Sie nicht einfach dort aufkreuzen und sich vorstellen. Sie brauchen eine Empfehlung. Sonst redet er nicht mit Ihnen.«
»Mir bleibt keine Zeit für Feinheiten«, sagte Decker. »Ich will ihm einfach nur ein paar Fragen stellen.«
»Soll ich mitkommen?«, bot Novack an. Decker versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Er hatte Donatti allein sprechen wollen. »Gern.«
»Willst du bei diesem Blödsinn mitmachen, Mick?« Cork verzog das Gesicht.
»Wissen Sie, Novack, vielleicht ist er noch nicht mal zu Hause«, sagte Decker leichthin. »Ich hab ja Ihre Handynummer. Wenn ich etwas erreiche, ruf ich Sie an. Es sei denn, Sie wollen unbedingt mitkommen.«
Novack schüttelte den Kopf. »Nicht wenn die Knicks heute Nachmittag spielen. Außerdem habe ich meiner Frau versprochen, die Garage sauber zu machen. Und wenn ich das nicht rechtzeitig schaffe, kann ich meinen ruhigen Nachmittag vor dem Fernseher vergessen.«
»Dann sollten Sie nach Hause gehen, Mick. Ich komm schon klar.« Zu Cork gewandt, sagte Decker: »Seine Adresse?«
»Wollen Sie da wirklich hin?«
Decker
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