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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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äußerst gründlich vor - von vorn nach hinten, von oben nach unten und von innen nach außen. Er durchstöberte Deckers Taschen und sah seine Kreditkarten sowie seine persönlichen Papiere durch. Dann zog er aus der Brieftasche das einzige Foto, das Decker bei sich trug - der Schnappschuss von Jacob.
    Donatti hielt ihm das Foto hin. »Ist das das einzige Bild, das Sie bei sich haben?«
    »Mein Sohn hat es mir vor ein paar Tagen geschenkt. Normalerweise habe ich überhaupt keine Bilder meiner Familie bei mir.«
    »Aus Sicherheitsgründen?«
    »Es soll Leute geben, die etwas gegen mich haben«, meinte Decker lächelnd.
    Donattis Gesicht blieb ausdruckslos. Er starrte das Bild an. »Er ist Ihrer Frau wie aus dem Gesicht geschnitten.«
    Deckers Magen krampfte sich zusammen. Er antwortete nicht und versuchte, unbeeindruckt zu wirken.
    »Das stimmt doch, oder?«, fragte Donatti.
    »Ja, das kann man wohl sagen.«
    Donatti legte das Foto in Deckers Brieftasche und steckte sie wieder in dessen Innentasche zurück. Dann durchsuchte er die r estlichen Jackentaschen und kramte den Umschlag mit den Fotos vom Tatort hervor.
    Der Anblick ließ ihn innehalten.
    Sorgfältig betrachtete er jedes einzelne Bild. Als er auf das Foto stieß, das Ephraim mit Shaynda zeigte, zögerte er erneut. Obwohl sein Blick auf den Gesichtern ruhte, blieb sein Gesicht völlig ausdruckslos. Nach einer Weile schob er die Fotos abrupt in den Umschlag zurück und ließ das ganze Paket wieder in Deckers Tasche gleiten. Dann trat er von der Tür zurück. »Okay. Sie können reinkommen.«
    Der Loft war riesig, mit einem Tonnengewölbe und hohen, staubigen Fenstern, durch die gedämpftes Licht hereinfiel. Vor jedem Fenster hing ein Rollo, aber nur einige waren heruntergezogen. Der Fußboden bestand aus alten Kirschholzdielen, abgenutzt, aber immer noch intakt. Der größte Teil des Studios war leer, abgesehen von einer Reihe Einbauschränken unter den Fenstern, einer Hantelbank, einem Cellokoffer neben einem Hocker und der eigentlichen Aufnahmefläche. Hier spielte sich also alles ab: eine Unmenge von Requisiten, zahllose Hintergrundrollen, Teppiche in vielen verschiedenen Farben, Stühle, Tische und Beleuchtungsutensilien. Decker sah Blitzschirme, Stative, Reflektoren und Scheinwerfer, die alle um eine Art Podest herum aufgebaut waren.
    Im Hintergrund lief Musik - etwas Klassisches, atonal und avantgardistisch, das Decker nicht kannte. Das Stück klang gedämpft und leise, wie eine Unterhaltung im Flüsterton. Zwei junge Männer - eher noch Teenager - bauten gerade den Hintergrund und die Fotoausrüstung um und holten verschiedene Requisiten aus Kisten und Kästen. Sie wirbelten um die Bühne und die Hauptdarstellerin - ein Mädchen, nackt bis auf eine Federboa um den Hals und Stöckelschuhen an den Füßen. Ihr blondes Haar war nachlässig hochgesteckt. Sie hatte wenig Makeup aufgelegt etwas Lippenstift, einen Hauch Rouge.
    Große blaue Augen musterten ihn.
    Decker konnte sich gerade noch beherrschen, sie anzustarren, und blickte stattdessen auf seine Schuhe.
    Alle seine Mädchen waren volljährig.
    Wahrscheinlich hatte sie gerade die achtzehn überschritten aber sie war aufgemacht wie eine Vierzehnjährige.
    Donatti fingerte wortlos an einem Stativ im Hintergrund herum, auf dem ein Blitzgerät befestigt war. »Schießen Sie los.«
    »Redest du mit mir?«, fragte Decker. »Ja, natürlich.«
    »Hättest du etwas dagegen, wenn wir uns unter vier Augen unterhalten?«
    »Etwas abgelenkt, Lieutenant?«
    »Abgelenkt ist das richtige Wort.«
    »He - Sie haben gesagt, es sei wichtig. Ich dachte, wir könnten uns unterhalten, während ich weiterarbeite.« Er sah Decker in die Augen, aber seine Miene blieb kalt und ausdruckslos. »Wenn Sie mit mir unter vier Augen sprechen wollen, werden Sie warten müssen.«
    »Wie lange?«
    »Keine Ahnung. Aber Sie können sich setzen, wenn Sie wollen. Sie dürfen sich sogar eine Tasse Kaffee nehmen.«
    Deckers Augen wanderten durch den Raum. Auf einem der Schränke unter den Fenstern stand eine Kaffeekanne. Er ging hinüber, goss sich einen Pappbecher mit schwarzem Kaffee ein und blickte sich suchend nach einem Stuhl um.
    »Matt, hol dem Lieutenant eine Kiste, damit er sich setzen kann«, befahl Donatti.
    Einer der Jungen rannte hinüber und brachte Decker eine Holzkiste. Decker bedankte sich; dann sah er zu, wie Donatti das Mädchen in Positur stellte, wobei er sich wieder bemühte , nicht zu auffällig hinüberzustarren.

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