Die Schwingen des Todes
telefoniert?«
»Wie kommen Sie darauf?« Donatti nahm einen kräftigen Schluck.
»Sie haben im Auto so das Gesicht verzogen.« »Manche Dinge ändern sich eben nie.« »Wie geht es ihm?«
»Schrecklich. Er lebt mit einem Herz, das nur noch zu fünfzig Prozent arbeitet, und das nach vier Bypassoperationen. Aber fünfzig Prozent sind verdammt viel für einen Typ, der nie ein Herz hatte.«
Decker lächelte und stieß sein Whiskyglas gegen das von Donatti.
»Worauf trinken wir?«, fragte Donatti. »Auf was Sie wollen.«
»Wie wär's mit großem finanziellem Erfolg?« »Guter Vorschlag.«
Donatti nahm die Scotchflasche und holte dann einen Schlüsselbund heraus.
»Lassen Sie uns in mein Büro gehen.« Er schloss die Tür auf.
»Nach Ihnen«, meinte Decker.
»Alter vor Schönheit«, erwiderte Donatti.
Decker zuckte die Achseln und trat in den fensterlosen Raum. Der Ventilator begann sich zu drehen, und das Licht ging an. Die Videomonitore ließen den Raum wie das Cockpit eines Raumschiffs wirken. Decker betrachtete die Bildschirme.
»Gutes Sicherheitssystem.«
»Es zahlt sich aus, vorsichtig zu sein.« Donatti nahm noch einen Schluck Scotch. »Ich bin hier mit allem abhörsicheren Schnickschnack ausgestattet, den es auf dem Markt gibt. Ich behaupte nicht, dass man mich nicht drankriegen kann, aber im Moment ist das das Beste, was man mit Geld kaufen kann. Außerdem hat das FBI seit dem 11. September Wichtigeres zu tun.« Er leerte sein Glas und goss sich einen neuen Drink ein.
»Nachdem Sie heute Morgen gegangen waren, bin ich neugierig geworden.« Er starrte Decker an. »Wieso interessieren Sie sich so für den Fall? Es ist doch eine lokale Angelegenheit.«
»Ich tu einem Freund einen Gefallen«, antwortete Decker.
»Sie opfern Ihren sauer verdienten Urlaub, um sich in den Drecklöchern von New York rumzutreiben und einen unbedeutenden Mord aufzuklären? Muss ja ein verdammt guter Freund sein.«
Decker analysierte Donattis Worte. Er hatte den Mord unbedeutend genannt - ein Trick, oder war es wirklich unter seiner Würde? Natürlich wollte Donatti Informationen, aber was genau wollte er wissen? Wie viel Decker wusste, damit er sich überlegen konnte, wie er sich absichern musste? Oder sollte das eine Art Waffenstillstand sein? Das war vermutlich Wunschdenken. Am Ende entschied Decker sich für die Wahrheit, weil dies das Einfachste war.
»Ich tu meinem Bruder einen Gefallen.«
Donattis Miene blieb ausdruckslos. »Ihrem Bruder?«
»Ja, meinem Bruder. Das Opfer ist ein Verwandter meines Bruders. «
»Sie sind mit dem Opfer verwandt?«
»Nein, mein Bruder ist mit ihm verwandt. Der Tote war der Schwager meines Bruders.«
»Sie wollen mir also erzählen, dass Sie nur hier sind, um Ihrem Bruder zu helfen.«
»Genau.«
»Ihrem Bruder?«
»Donatti, ich weiß, dass Sie ein Einzelkind sind, aber es gibt auch Leute, die nun mal Geschwister haben.«
»Soll das heißen, dass Ihr Bruder Ihre Hilfe braucht?«
Decker kratzte sich am Kopf. »Warum ist das ein Problem für Sie?«
»Ihr Bruder ist seit über fünfundzwanzig Jahren in Miami bei der Sitte. Ich vermute mal, dass er seine eigenen Verbindungen an der Ostküste hat.«
»Oh!« Decker lehnte sich zurück. »Jetzt verstehe ich. Das ist Randy, mein richtiger Bruder - obwohl er nicht blutsverwandt ist. Wir sind beide adoptiert. Ich lernte meine leibliche Mutter erst vor zehn Jahren kennen. Ihr jüngster Sohn, mein Halbbruder, ist derjenige, dem ich helfen will. Er ist ein Rabbi.«
»Ihr seid beide adoptiert?«
»Ja.«
»Dann sind Sie also ein Bastard.«
»Wussten Sie das nicht?«
Donatti musste lächeln.
»Woher kennen Sie Randy?«, fragte Decker.
»Florida ist eine Art New York-Süd. Was hier passiert, wirkt sich oft auf das aus, was dort passiert und umgekehrt. Meine Familie hatte immer ein persönliches Interesse daran zu wissen, wer bei der Sitte arbeitet. Dieser Typ, den sie umgebracht haben.. ist er Ihr Schwager?«
»Nein. Er ist der Schwager meines Halbbruders. Der Bruder der Frau meines Halbbruders.«
»Verstehe. Und Sie stehen ihm so nahe, dass Sie hierher kommen und Ihren Urlaub für ihn opfern?«
Decker dachte nach. »Ich mag ihn. Ich möchte nicht, dass ihm oder seiner Familie wegen seiner Verbindung zu dem Opfer etwas zustößt. Diese Möglichkeit besteht doch, oder?«
»Woher soll ich das wissen?« Donatti leerte sein zweites Glas Scotch.
»Einfach weil Sie ein gut informierter Mann sind, Donatti.« »Wollen Sie mich reinlegen,
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