Die Séance
wollt – falls wir eingeladen sind, natürlich.”
“Na klar seid ihr eingeladen”, sagte Ilona.
“Okay, okay”, sagte Ana. “Nun mach schon.”
“Ist es dunkel genug? Oder wollt ihr es noch gruseliger haben?”, neckte Dan.
“Dieser Nebel ist schon gruselig genug”, sagte Ilona und erschauerte.
“Das ist bloß Nebel”, sagte Christina und schaffte es gerade noch, ihre Stimme dabei nicht zu heben. Verdammt. Es sah ihr gar nicht ähnlich, so nervös zu sein, aber es konnte einem schon den Verstand rauben, plötzlich feststellen zu müssen, so exakt der Beschreibung der Opfer eines Serienmörders zu gleichen.
Entweder ein Nachahmer …
Oder ein Irrer, der vor zwölf Jahren durch die Maschen der Fahndung geschlüpft war.
“Und dann ist auch noch Vollmond”, fügte Ana hinzu.
“Denkst du an Werwölfe?”, hänselte Tony.
“Da draußen gibt es schon genug echte Monster”, sagte Christina. “Man muss nicht noch extra welche dazuerfinden.”
Plötzlich herrschte ungemütliche Stille im Raum. Ihr wurde klar, sie hatte diese Worte eher gezischt, statt sie normal auszusprechen.
“Tut mir leid”, sagte sie schnell. Was stimmte bloß nicht mit ihr? Es war bloß …
Es war bloß dieses dämliche Ouija-Brett und die Vorstellung, mit Geistern reden zu können. Plötzlich merkte sie, wie die Vergangenheit in ihr hochstieg, eine Vision, die viel zu real war. Sie konnte ihre Granma vor sich sehen, nachdem ihr Großvater gestorben war. Wie sie im Stuhl saß und sie ernst anblickte. Sie hatte geträumt, sie hätte mit ihrem Großvater gesprochen. Ein Psychologieprofessor erzählte ihr später, solche Träume wären Abwehrmechanismen, eine Methode, sich mit dem Verlust eines geliebten Menschen abzufinden. Aber Granma hatte gesagt: “Das ist gefährlich. Du hast eine Tür geöffnet …”
Das war bloß Granma gewesen mit ihren irischen Märchen. Solche Träume hatte sie später nie wieder gehabt. Nicht einmal, als sie ihre Eltern verlor.
Das alles lag jetzt längst hinter ihr. Sie war eine vollkommen vernünftige, gesunde Person, und es war bloß dieser irische Sinn für Humor, der sie alle dazu brachte, so zu tun, als würden sie an Kobolde glauben, an die Todesfee und sogar an hellseherische Träume.
“Okay, Ana, dann zeigen wir allen mal, wie das geht”, sagte sie und senkte dramatisch die Stimme. “Es war eine finstere und stürmische Nacht … nein, es war eine finstere und neblige Nacht, und der unheimliche Vollmond stieg über dem Dunst auf.”
Diese kleine Witzelei schien ihre Stimmung allerdings überhaupt nicht zu verbessern, was wohl auch alle Anwesenden deutlich merkten.
“Alles okay, Christie?”, fragte Mike.
“Mir geht’s gut”, schnappte sie.
“Mein Fehler”, sagte Mike. “Tut mir leid, ich hätte nicht …”
“Mike, bitte entschuldige. Ich wollte niemanden anfauchen. Ich schätze, ich bin bloß müde.”
“Alles in Ordnung?”, fragte Dan leise.
“Ja, natürlich. Los, Ana, lass uns dieses Ouija-Ding spielen, damit wir’s hinter uns haben, okay?”
“Hallo, Ouija-Brett”, sagte Ana, als würde sie einen alten Freund begrüßen.
Christina zwang sich zu grinsen, berührte mit den Fingerspitzen ganz sacht die Planchette, die sich bewegte und langsam “Guten Abend” buchstabierte.
“Bist du heute Abend mit einem Geist in Kontakt, Ouija-Brett?”, fragte Ana.
“Meint sie das ernst?”, hörte Christina Tony Dan ins Ohr flüstern.
“Wer weiß?”, antwortete Dan.
“Ernst? Ernst wird es nur, wenn wir es dazu machen”, warf Mike ein.
Christina wusste, dass sie selbst die Planchette nicht bewegte, also musste es Ana sein, die das Gerät dazu brachte, die Antworten zu buchstabieren.
“J-A”, las Ilona leise mit.
“Wer bist du?”, fragte Ana.
Alle starrten auf das Brett, während die Planchette sich wieder zu bewegen begann und Dan laut mitlas: “B-E-A-U-K-I-D-D … Buhkid?”
“Das kann nur heißen Buh, Kid”, sagte Mike. “Buh, wie bei Halloween. Kid, wie so ein Kind, das sagt: ‘Gib mir Süßes, sonst gibt’s Saures.’“
“Nein”, murmelte Dan. “B-E-A-U. Beau, wie ein Männername.”
“Wie General Beauregard, der Militärführer der Konföderierten im Bürgerkrieg”, schlug Tony vor. “Richtig?”
“Oder wie Beau Kidd. Der Detective, der angeblich der Interstate-Killer gewesen sein soll!”, keuchte Dan.
“Das hast du sicher mit Absicht gemacht!”, warf Mike Ana vor.
“Hab ich nicht”, erwiderte sie trotzig.
“Das Ding
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