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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Frau hatte keinen Namen?«
    »Sie wollte uns keinen nennen. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht und meine nun auch, daß wir von ihr vielleicht mißbraucht wurden. Vielleicht wollte sie gar nicht nach Menii und in die Jungen Königreiche. Vielleicht war sie auf der Suche nach dieser Welt und führte uns mit Zauberkraft hierher.«
    »Diese Welt? Du hältst sie für anders als die unsere?«
    »Schon allein wegen der seltsamen Farbe der Sonne. Bist du nicht derselben Meinung? Du mit deinem melniboneischen Kenntnissen über solche Dinge mußt doch davon überzeugt sein.«
    »Ich habe allenfalls von solchen Dingen geträumt«, räumte Elric ein, wollte aber nicht mehr sagen.
    »Die meisten Piraten dachten so wie ich - sie entstammten allen möglichen Zeitaltern der Jungen Königreiche, soviel konnte ich feststellen. Einige kamen aus der Frühzeit der Ära, andere aus unserer Epoche - andere sogar aus der Zukunft. Bei den meisten handelte es sich um Abenteurer, die irgendwann einmal in ihrem Leben ein sagenhaftes Land von großem Reichtum gesucht hatten, das auf der anderen Seite eines alten Tors liegen sollte, eines Tors, das mitten im Ozean aufragte; statt dessen sahen sie sich hier gefangen, unfähig, durch das geheimnisvolle Tor zurückzukehren. Andere waren in Seeschlachten verwickelt und wähnten sich ertrunken und erwachten dann an der Küste der Insel. Viele, so nehme ich an, waren früher durchaus ehrlich, aber da die Insel den Männern große Entbehrungen aufnötigte, wurden sie mit der Zeit zu Wölfen, die sich gegenseitig beraubten und töteten, wie auch jedes Schiff, welches das Pech hatte, sich durch das seltsame Tor in ihre Gegend zu verirren.«
    Elric erinnerte sich an einen Traumfetzen. »Hieß es etwa das ›Rote Tor‹?«
    »Aye, mehrere nannten es so.«
    »Und doch ist die Theorie wenig wahrscheinlich, wenn du mir meine Skepsis verzeihst«, sagte Elric. »Als Mann, der durch das Schattentor getreten ist und Ameeron besucht hat.«
    »Du weißt von anderen Welten?«
    »Von dieser hatte ich noch nie gehört. Ich bin in solchen Dingen erfahren. Deshalb bezweifle ich den Grundgedanken. Trotzdem gab es da einen Traum.«
    »Einen Traum?«
    »Ach, nichts. Ich bin solche Träume gewöhnt und messe ihnen keine Bedeutung bei.«
    »Diese Theorie kann doch einem Melniboneer nicht überraschend vorkommen, Elric!« Smiorgan grinste wieder. »Eigentlich müßte ich skeptisch sein und nicht du.«
    Und Elric erwiderte, halb zu sich selbst sprechend:
    »Vielleicht habe ich mehr Angst vor den Schluß-folgerungen, die sich daraus ergeben.« Er hob den Kopf und begann mit einem abgebrochenen Speerschaft im Feuer herumzustochern. »Es gab da alte Zauberer in Melnibone, die die Ansicht vertraten, daß neben unserer Welt eine Unzahl anderer Welten existiert, gleichberechtigt nebeneinander. In der letzten Zeit haben mich meine Träume in dieselbe Richtung gewiesen.« Er zwang ein Lächeln auf seine Lippen. »Aber ich kann es mir nicht leisten, an solche Dinge zu glauben. Aus diesem Grunde wies ich das alles weit von mir.«
    »Warte auf den Morgen«, sagte Smiorgan Kahlschädel. »Die Farbe der Sonne wird die Theorie bestätigen.«
    »Vielleicht beweist sie auch nur, daß wir beide träumen«, sagte Elric. Der Geruch von Tod begann sie einzuhüllen. Er schob die Leichen fort, die dem Feuer am nächsten waren, und legte sich schlafen.
    Smiorgan Kahlschädel stimmte ein lautes, aber melodisches Lied in seinem Heimatdialekt an, dem Elric kaum zu folgen vermochte.
    »Singst du von deinem Sieg über deine Feinde?« fragte der Albino.
    Halb lächelnd unterbrach Smiorgan seinen Gesang. »Nein, Herr Elric. Ich singe, um die Schatten im Zaum zu halten. Immerhin müssen sich hier die Seelen all dieser toten Männer in der Dunkelheit herumtreiben; ihr Tod ist noch nicht lange her.«
    »Sei unbesorgt«, sagte Elric. »Ihre Seelen sind bereits verschlungen.«
    Trotzdem sang Smiorgan weiter, und seine Stimme klang lauter, das Lied inbrünstiger denn je zuvor.
    Kurz vor dem Einschlafen glaubte Elric ein Pferd wiehern zu hören und nahm sich vor, Smiorgan zu fragen, ob die Piraten etwa beritten gewesen waren. Er schlief aber ein, ehe er die Frage loswerden konnte.

3
    Da er sich an seine Fahrt auf dem Schwarzen Schiff kaum erinnerte, sollte Elric auch nie erfahren, wie er in die Welt gelangt war, in der er sich nun befand. In späteren Jahren würde er sich an die meisten Erlebnisse nur als Träume erinnern, Erlebnisse, die schon im

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