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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Landschaft unter mir feststellen konnte.
    Irgendwann wandte der griesgrämige Gurmendor den Kopf und rief: »Unter uns. Windseite gegen Abend.«
    Ich bemerkte, dass Ranvidar suchend in die angegebene Richtung blickte. Ich folgte ihrem Blick und sah eine kleine Gruppe von Uniformierten, die eine Landstraße entlangmarschierte. Etwas war merkwürdig an den Gestalten, und ich kniff die Augen zusammen, um Einzelheiten zu erkennen.
    Â»Orks«, sagte Ranvidar.
    Â»Eierdiebe«, hörte ich Gurmendor knurren.
    Ich beugte mich vor und fragte flüsternd: »Was meint er damit?«
    Ranvidar antwortete nicht sogleich. Endlich sagte sie: »Jemand aus den Mittländern raubt unsere Horste aus. Wir haben einen Räuber mit einem gestohlenen Gelege auf dem Weg nach Raakus erwischt, aber er wollte uns nicht verraten, was er damit vorhatte.«
    Der große Adlermann, der offensichtlich über das Gehör einer Fledermaus verfügte, fügte grollend hinzu: »Er ging zu früh kaputt, der kleine Tiermann.«
    Ein Ork? Ich schüttelte den Kopf. Warum sollte ein Ork sich in die Totenberge wagen und dort Adlerhorste ausrauben?
    Maris, der bis jetzt geschwiegen hatte, rief: »Der Markgraf hat Orks in seinen Diensten.«
    Das stimmte. Jeder in den Mittländern kannte den Markgrafen und seine Sammelleidenschaft. Aber Adlereier? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich Wigher – bei aller Sammelwut – mit den Riesenadlern anlegen und es sich darüber hinaus gleich noch mit dem Bardenstein verscherzen würde. Ich mochte mir nicht ausmalen, welchen Trümmerhaufen eine Gruppe verärgerter Adler aus einem Schloss machen könnte.
    Â»Wozu braucht jemand eure Eier?«, fragte ich Ranvidar. Sie antwortete mit einem Achselzucken, das mich beinahe von ihrem Rücken katapultiert hätte und uns kräftig an Höhe verlieren ließ. »Man munkelt, Magier verwendeten sie für Zauberwerk«, sagte sie schnell und leise, bevor sie mit einigen kräftigen Flügelschlägen wieder zu Gurmendor emporstieg.
    Ich dachte über ihre Worte nach. Es klang plausibel – Magier hatten wenig Skrupel, durchaus auch lebende Wesen für ihre Tränke oder Beschwörungen zu opfern. Und Markgraf Wigher hatte einen Magus in seinen Diensten.
    Ich konnte ein selbstmitleidiges Seufzen nicht unterdrücken. Erst die Seelentrinker, jetzt die Eierdiebe – und Mar Ayomida stieß mich ohne genaue Instruktionen oder Informationen mitten hinein in diesen Wirrwarr. Das sah ihr wieder einmal ähnlich.
    Ich sah zu Maris hinüber. Er war so verschlossen wie alle Elben, wenn es um Elbenangelegenheiten ging. Genau genommen musste ich ihm dankbar sein, dass er mir in den letzten Nächten so viel offenbart hatte, das war ein Zeichen der Freundschaft und großen Vertrauens. Ich schämte mich, denn ich hatte ihm noch nicht angemessen dafür gedankt. Das galt es dringend nachzuholen, wenn wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten.
    Als hätte er meine Gedanken gespürt, drehte er den Kopf mit dem wild flatternden Haar in meine Richtung. Die Anspannung war aus seinem Gesicht gewichen und er hielt sich nicht mehr ganz so krampfhaft fest. Ich lächelte ihm zu und schalt mich dann einen Dummkopf. »Genießt du den Flug?«, schrie ich hinüber.
    Er nickte und lächelte. »Gurm hat anfangs immer ein wenig Mühe mit mir.« Seine klangvolle Stimme überbrückte mühelos den sausenden Abgrund zwischen uns. »Aber ich weiß ja, dass er mich nicht fallen lässt.«
    Der Adler stieß ein Schnauben aus. »Sei dir nicht so sicher, Barde. Wenn du mich beim nächsten Start wieder so kneifst, werfe ich dich in den nächsten Tümpel.«
    Â»Platsch«, kommentierte Ranvidar fröhlich und nutzte die günstige Stimmung gleich für ein kurzes Liedchen deftigeren Inhalts. Als sie allerdings mit meiner schwächlichen Unterstützung zum dritten Mal den Refrain »Da holte die Marktfrau den Kürbis heraus« anstimmen wollte, unterbrach sie Gurmendor barsch: »Jetzt halt endlich den Schnabel, du krächzender Flederwisch!«
    Ranvidar schnaubte beleidigt, schwieg dann aber eisern für den kurzen Rest des Fluges.
    Als die Residenz vor uns zu sehen war, gewann Gurmendor mit einigen kräftigen Flügelschlägen noch einmal ein gutes Stück an Höhe. Vielleicht war er besorgt darum, in der Stadt mit unserem Erscheinen für Panik

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