Die Seele des Feuers - 10
um ihr Gesicht zu schützen, doch das war unmöglich, so heftig zitterten ihre Hände vor dem Mund, während ihre und Bruce’ Schreie sich vermischten.
Bethany stand, umhüllt von Flammen, mitten in der Feuerstelle.
Das Feuer umloderte sie in kreisenden, sich überschlagenden Wirbeln und verzehrte ihren schmächtigen Körper. Sie reckte die Arme in die wütende, weiße Hitze, so wie man der Sonne nach einem Bad an einem warmen Frühlingsnachmittag die Arme entgegenstreckt.
Der Gestank des blasenübersäten, schmorenden Fleisches kroch Nora in die blutende Nase und raubte ihr den Atem, bis sie an dem Gestank und Geschmack zu ersticken drohte und keine Luft mehr bekam. Sie konnte den Blick nicht von Bethany lösen, von ihrer Tochter, die bei lebendigem Leib verbrannte. Der Anblick erschien ihr unwirklich, ihr Verstand sperrte sich dagegen.
Nora stürzte einen Schritt in Richtung Flammen, um ihre Tochter dem Feuer zu entreißen. Eine innere Stimme, ein letzter Rest Verstand, sagte ihr jedoch, daß es viel zu spät war. Drängte sie, sich mit Bruce aus dem Staub zu machen, bevor es sie ebenfalls erwischte.
Bethanys Fingerspitzen waren völlig weggebrannt. Ihr Gesicht war nichts als wirbelnde, gelborangefarbene Flammen. Das Feuer brannte mit ungestüm entflammter, wildentschlossener Wut. Die Hitze sog Nora den Atem aus den Lungen.
Plötzlich erhob das Mädchen ein schrilles Geschrei, als hätte schließlich ihre Seele selbst Feuer gefangen. Der Schrei fuhr Nora schmerzhaft bis ins Mark.
Bethany brach zu einem Häuflein zusammen. Flammen schossen um ihren zusammengekrümmten Körper in die Höhe, schlugen über die Steine ringsum, züngelten kurz an der Einfassung hoch. Funken sprühten in den Raum, tanzten und wälzten sich über den Fußboden. Einige erloschen zischend am Saum von Noras Kleid.
Bruce’ Nachthemd mit festem Griff umklammernd, riß Nora Bruce an sich und floh mit ihm aus dem Haus, während das Böse die Überreste ihrer Tochter verschlang.
19. Kapitel
Snip setzte sich ins Gras und schlug die Beine übereinander. Die kühlen Ziegelsteine an seinem schweißnassen Rücken waren ein angenehmes Gefühl. Tiefer sog er die lieblich duftende Nachtluft ein, die durch die offenen Fenster wehenden Wohlgerüche von schmorendem Fleisch, den sauberen Geruch des Apfelholzstoßes. Sie würden Überstunden machen müssen, um das Durcheinander nach dem Fest fortzuräumen, daher hatte man ihnen eine willkommene Ruhepause gewährt.
Morley reichte ihm die Flasche. Bevor sie sich ordentlich vollaufen lassen konnten, würde es spät werden, aber wenigstens eine Kostprobe konnten sie sich gönnen. Snip nahm einen kräftigen Schluck. Bevor er den Schnaps jedoch hinunterschlucken konnte, fing er heftig an zu husten, wodurch er den größten Teil wieder ausspuckte.
Morley lachte. »Hab doch gesagt, das Zeug ist stark.«
Snip wischte sich mit der Rückseite seines Ärmels über das Kinn. »Wohl wahr. Woher hast du das Zeug? Es ist gut.«
Snip hatte noch nie etwas so Starkes getrunken, das beim Hinunterrinnen derart brannte. Er hatte gehört, angeblich sei das Zeug gut, wenn es brannte. Sollte sich ihm je die Gelegenheit bieten, hatte man ihm erzählt, wäre er ein Narr, so etwas Gutes auszuschlagen. Er mußte abermals husten. Der hintere Teil seiner Nase, tief in seinem Rachen, brannte fürchterlich.
Morley beugte sich zu ihm. »Irgendein wichtiger Kerl hat es zurückgehen lassen. Hat behauptet, es sei ein übles Gesöff. Wollte sich vor aller Augen wichtig machen. Pete, der Mundschenk, hat das Zeug zurückgebracht und weggestellt. Als er sich eine andere Flasche schnappte und damit nach draußen lief, habe ich mir das Zeug gegriffen und unters Hemd geschoben, bevor jemand etwas mitbekommen hat.«
Snip war den Wein gewöhnt, den sie beim Abräumen abstauben konnten. Gewöhnlich leerte er fast leere Fässer und Flaschen, sammelte den Bodensatz und das, was übrig blieb. Den seltenen Schnaps hatte er noch nicht in die Finger bekommen.
Morley tippte gegen den Flaschenboden und hielt Snip die Flasche schräg an die Lippen. Snip trank, vorsichtig geworden, einen Schluck, den er ohne auszuspucken hinunterbekam. Sein Magen fühlte sich an wie ein brodelnder Kessel. Morley nickte anerkennend. Snip setzte ein stolzes, selbstgefälliges Grinsen auf.
Durch die weit entfernten, offenen Fenster hörte er im Versammlungssaal all die Gäste, die auf den Beginn des Festes warteten, miteinander sprechen und lachen. Snip spürte die
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