Die Seele des Feuers - 10
dringend der Herrscher mich braucht.«
»Aber das tu ich doch, Liebste. Du magst es vielleicht für befremdlich halten, aber in gewisser Weise finde ich es – aufregend.«
»Tatsächlich?« Sie setzte ihr verruchtes Grinsen auf. »Die Vorstellung gefällt mir. Dass es dich erregt, meine ich.«
Sie sah zu, wie er ihr Abendkleid öffnete und ihre Brüste küsste. Er kam hoch, um Luft zu schöpfen.
»Zu wissen, dass der Herrscher persönlich meine Gemahlin auserkoren hat, meine wunderschöne Tess, noch dazu auf direkte Weisung des Schöpfers, das ist das größte Kompliment, das man einem treuen Anderier machen kann.«
»Dalton«, sagte sie, ganz atemlos von seinen Küssen und Liebkosungen, »so kenne ich dich gar nicht.« Sie zog ihn näher zu sich. »Es gefällt mir. Es gefällt mir sogar sehr. Komm her und lass mich dir zeigen, wie sehr.«
Bevor sie begann, löste sie sich kurz von ihm.
»Bertrand war ebenfalls erfreut, Dalton. Er meinte, deine Einstellung gefalle ihm. Er meinte, er finde sie ebenfalls anregend.«
»Wir alle brauchen den Herrscher, damit er uns in die Zukunft führt und uns das Wort des Schöpfers überbringt. Ich bin so froh, dass du dazu beitragen kannst, den Herrscher von den Spannungen dieses Lebens zu erlösen.«
Sie hatte zu keuchen angefangen. »Ja, Dalton, das tue ich. Es ist so – ich weiß nicht – so wundervoll, zu etwas so Hohem berufen zu sein.«
»Warum erzählst du mir nicht alles ganz genau, während wir uns lieben. Ich würde wirklich gerne alles hören.«
»Ach, Dalton, ich bin ja so froh.«
Nach seinem Zusammensein mit Tess gestattete Dalton sich einige Tage der Erholung. Früher hätte er dieses Erlebnis als den Höhepunkt des Daseins empfunden, früher wäre es eine Quelle der Glückseligkeit gewesen.
Nach diesem Erlebnis jedoch musste er sich einige Tage von Tess fern halten, um sich für die Aufgabe, die es jetzt zu meistern galt, in einen Zustand gesteigerten Verlangens zu versetzen.
Draußen vor den Gemächern und Büros waren die Flure menschenleer. Bertrand befand sich zusammen mit Teresa im gegenüberliegenden Flügel und ließ sich Erleichterung von den Anspannungen seines hohen Amtes verschaffen. Dalton hatte sich vergewissert, dass Teresa in Bertrands Gesellschaft war. Die Vorstellung half ihm, sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren.
Bertrand und seine Gemahlin setzten alles daran, sich nur selten über den Weg zu laufen. Dabei kam ihnen zugute, dass sie Gemächer in gegenüberliegenden Gebäudeflügeln bewohnten.
Gelegentlich jedoch suchte sie ihn auf; ihre lautstarken Auseinandersetzungen waren beim Personal Legende. Eines Tages ließ Bertrand sich mit einer Platzwunde über seinem Auge sehen. Normalerweise gelang es ihm, den Gegenständen, mit denen sie nach ihm warf, auszuweichen, in diesem Fall jedoch hatte sie ihn in einem unbedachten Augenblick erwischt.
Teils wegen Hildemaras Beliebtheit, größtenteils jedoch wegen ihrer gefährlichen Verbindungen, wagte Bertrand nicht, seiner Frau die Stirn zu bieten, sie zu verärgern oder aus dem Weg zu räumen. Sie hatte ihm gedroht, er solle nur hoffen, dass sie nicht irgendwann unvermittelt eines natürlichen oder wie auch immer gearteten Todes starb, da sonst auch seine Gesundheit plötzlich in Gefahr geraten könne.
Eine Drohung, die Bertrand nicht auf die leichte Schulter nahm. Meistens ging er ihr einfach aus dem Weg, manchmal jedoch trieb ihn sein Hang zum Risiko dazu, sie mit törichten Bemerkungen oder auf andere Art aus der Fassung zu bringen, und dann machte sie sich auf die Suche nach ihm. Wo er sich gerade befand – ob im Bett, auf dem Abort oder in einer Besprechung mit wohlhabenden Hintermännern –, spielte dabei keine Rolle. Im Allgemeinen ging Bertrand Schwierigkeiten mit ihr aus dem Weg, indem er versuchte, auf der Hut zu sein, manchmal jedoch beschwor er ihren Zorn geradezu herauf.
Jahrelang hatte die Beziehung auf dieser Ebene gegenseitiger Entfremdung funktioniert und ihnen beiden eine Tochter beschert, aus der sich keiner der beiden etwas machte. Dalton hatte sie erst kürzlich gesehen, als man sie aus dem Internat herbrachte, damit sie bei ihren öffentlichen Ansprachen neben ihnen stand, während sie die Schrecken eines gleichgültigen Lord Rahl und einer gleichgültigen Mutter Konfessor lauthals verdammten.
Inzwischen hatte das Volk Lord Rahl abgelehnt und die Mutter Konfessor – nun, was aus ihr geworden war, wusste er nicht genau, er war jedoch einigermaßen
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