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Die Seele des Ozeans (German Edition)

Die Seele des Ozeans (German Edition)

Titel: Die Seele des Ozeans (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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etwas auszulösen. Unbedeutend. Fern. Nichtig. Sie hatte ihr Ziel erreicht. Es gab nur noch Schlafen und Träumen. Oh, sie war so müde. Wunderbar müde.
    „Fae! Bitte sag was. Sieh mich an.“
    Auf einmal spürte sie wieder etwas.
    Schwere. Etwas Raues, das sich gegen sie drückte. Hände berührten sie. Sie hatte wieder einen Körper? Warum? Wozu? Fae sehnte sich in die Schwerelosigkeit zurück. Sie wollte wieder Licht sein. Gedankenlos und frei.
    Es war viel zu kurz gewesen.
    „Lasst mich“, sagte jemand. „Ich will zurück.“
    Nur langsam wurde ihr bewusst, dass es ihre eigene Stimme gewesen war. Sie spürte das Zucken ihrer Finger. Ihre Haut war nass und kalt. Sie fror, und dieser jämmerliche Körper wurde mit jedem Atemzug schwerer.
    „Geht es dir gut?“, fragte eine andere Stimme. „Wie fühlst du dich?“
    Alexander, ihr Bruder. Fae öffnete blinzelnd die Augen. Sein Gesicht war tränennass und seltsam verzerrt. Die Liebe in seinem Blick verblüffte sie.
    „Oh Fae, ist es endlich vorbei? Sag schon? Hat es dich geheilt?“
    Er griff unter ihre Arme und richtete sie auf. Vor ihr lag das dunkle Meer, und neben ihrem Bruder saß das wunderbarste Wesen, das sie je erblickt hatte. Ungläubig starrte sie Kjell an. Sein Haar, sein Gesicht, die schimmernde Haut.
    Fae schloss die Augen und lauschte in ihren Körper hinein. Kein Schmerz, keine tödliche Präsenz. In ihren Fasern glühte die lebendige Kraft des Lichts. Die Magie der Ozeanseele.
    „Es ist weg“, hauchte sie. „Ich spüre es nicht mehr.“
    Alexander begann wieder zu weinen. Er umschlang sie so fest, dass ihr der Atem wegblieb. Ja, sie fühlte sich gesund und lebendig. Aber noch war diese Erkenntnis fern und unwirklich. Die Freude, die sie spürte, war wie ein Nebel.
    „Danke“, flüsterte sie.
    Kjell lächelte. Er war so fremd und schön, so unwirklich, dass die Angst wiederkehrte, alles sei nur ein langer, intensiver Traum, der ihr jeden Augenblick durch die Finger gleiten würde, um sie in die Realität zurückfallen zu lassen.
    Über diese Angst fielen ihr die Augen zu. Eine schwere, wohlige Müdigkeit spülte alles hinfort.
    „Ich träume“, hörte sie Ukulele aus weiter Ferne sagen. „Ich glaube, dass wir alle träumen. Oma, wenn du mich im Himmel hörst, dann sorge dafür, dass wir nicht aufwachen.“

~ Kjell ~
    Mit geschlossenen Augen döste er am Grund des Meeres, dicht am Rand eines Abgrunds, der in die Tiefsee hinabfiel. Ein Gefühl vollkommener Zufriedenheit erfüllte ihn vom Kopf bis zur Flossenspitze, wie er es nie zuvor verspürt hatte.
    Die Erinnerungen an Faes Glück und an ihren Kuss wärmten sein Inneres und ließen ihn zum ersten Mal in seinem Leben vergessen, dass ihm etwas fehlte.
    Endlich war er nicht länger allein. Sein Aussehen, das nicht in diese Welt gehörte, hatte weder Fae noch die Männer erschreckt. Er hatte in ihren Blicken gebadet, er hatte ihre Begeisterung genossen, und beides war so köstlich gewesen, dass er mehr davon wollte.
    Menschen hassen alles, was anders ist!, hörte er seinen Vater predigen. Sie können nur Tod und Schmerz bringen.
    Genauso unwahr wie diese Worte war die Behauptung, das Meer sei überall blau. Genauso falsch die Entscheidung, sich ein Leben lang von den herrlich bunten Riffen fernzuhalten, weil man einmal von einem ihrer Bewohner gestochen wurde.
    Nicht länger allein …
    Die ganze Nacht lang hatte er an Faes Bett gesessen und ihren Schlaf bewacht. Erst im Morgengrauen, als seine Haut so ausgetrocknet gewesen war, dass sie begonnen hatte, aufzureißen, war er zurück ins Wasser gegangen.
    Fae war geheilt. Das Unfassbare war geschehen, und sogar der Gedanke, dass die Lichtwesen nun zu schwach waren, um ihm noch einmal das Leben zu retten, wurde zu einem Teil seines Glücks. Machte ihn das nicht ein Stück weit menschlicher?
    Oh nein, er bereute nichts. In dieser Verwundbarkeit lag etwas Bedeutsames und Schönes. Für Fae war er verletzlich geworden.
    Kjell öffnete die Augen, als mechanische Laute durch das Wasser drangen. Ein Schiff näherte sich. Unverkennbar Alexanders Schiff.
    Weit oben, wo die Sonne das Wasser azurblau leuchten ließ, pflügte der Schatten durch die Wellen. Schnell schickte er ein paar Klicklaute in die Tiefe hinab, die ungeduldig beantwortet wurden. Im ersten Morgengrauen hatte der Pottwal sein Opfer in eine Felsspalte getrieben und auf Kjells Bitte hin den Angriff verzögert. Jetzt wurde es Zeit für den Jäger. Mit Hilfe des Echos seiner Stimme, das

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