Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)
werde zum Gespött aller katholischen Fürsten im ganzen Reich! Das ist der Anfang vom Ende!« Fast heulte er vor Wut. Was ihn noch wütender machte, war, dass Förner immer noch scheinbar ungerührt und völlig unaufgeregt in dem Schreiben las.
Der Weihbischof selber war höchst erstaunt über seinen Herrn. Er hatte damit gerechnet, dass Dornheim beim Eintreffen des Mandats völlig in sich zusammenbrechen würde, hatte Heulen und Zähneklappern erwartet. Stattdessen zitterte der Fürstbischof nun vor Zorn. Er reagierte aggressiv wie ein in die Enge getriebenes Tier. Das war gut.
»Eminenz«, sagte Förner ruhig und faltete das Mandat wieder zusammen, »damit hatte ich schon gerechnet. Und ich bin ganz und gar nicht Eurer Meinung. Wir sind noch nicht am Ende. Dieses Schreiben bringt uns noch lange nicht um.«
»Ach ja?« Dornheim lachte freudlos auf. »Und was sollen wir Eurer Ansicht nach tun?«
»Die Sache aussitzen.«
»Himmel, Arsch und Zwirn, Förner, ist das alles, was Euch einfällt?« Der Fürstbischof brüllte. »Erst bringt Ihr mich dazu, diese unseligen Prozesse immer weiter zu treiben, und dann kommt Ihr mir mit solchen Plattheiten? Ich will eine Lösung, hört Ihr? Ich will von Euch wissen, wie wir heil aus dieser verfahrenen Angelegenheit herauskommen!«
Förner hob beschwichtigend die Hände. »Beruhigt Euch, Eminenz. So wie ich es sehe, ist diese Dorothea Flock der Dreh- und Angelpunkt unserer Gegner. Man will ihren Fall beispielhaft dazu benutzen, die gesamten Prozesse als rechtswidrig hinzustellen und auszuhebeln. Das werden wir zu verhindern wissen.«
»Was ist denn eigentlich mit diesem Weib?«, brummte Dornheim. Schließlich konnte er nicht über jede beschuldigte Hexe Bescheid wissen.
»Nichts Besonderes.« Förner zuckte die Schultern. »Eine der üblichen Besagungen. Schadenszauber, Teufelsbuhlschaft, Wettermachen, Hostienfrevel, das Übliche eben. Sie genießt derzeit Aufschub wegen Schwangerschaft, die Niederkunft wird für nächsten Monat erwartet. Danach«, setzte er lächelnd hinzu, »werden wir den Fall so schnell wie möglich abschließen.«
»Ihr meint, ich soll das Weib trotz des Mandats aburteilen und hinrichten lassen?«
»Was sonst?«
»Und wenn der Kaiser sich das nicht bieten lässt?«
Der Weihbischof hob die Augenbrauen. »Der Kaiser steht im Krieg. Der Kaiser braucht Geld. Und der Kaiser ist auf die Loyalität seiner katholischen Reichsfürsten angewiesen. Wenn es hart auf hart kommt, bieten wir ihm eine größere Summe zur Unterstützung der Katholischen Liga. Da wird er nicht nein sagen. Bis dahin spielen wir auf Zeit. Erst einmal werden wir auf das Mandat antworten, und zwar mit guten Argumenten. Wir fangen an, mit dem Reichshofrat zu verhandeln und uns gegen diese unverschämten Vorwürfe lange und umständlich zu verteidigen. Das dauert. Das dauert mindestens so lange, bis diese Delinquentin ihr Kind zur Welt gebracht hat und wir ihren Fall weiter verhandeln können. Wir werden die Hexe so schnell wie möglich ihrer gerechten Strafe zuführen. Und wenn das Weib erst einmal brennt, dann ist es endgültig vorbei mit dem Widerstand der Bürgerschaft, glaubt mir.«
»Meint Ihr wirklich?« Dornheim atmete tief durch. »Jahrelang«, sagte er weinerlich, »jahrelang habe ich dem Teufel die Stirn geboten, habe mit ihm gerungen, habe unser christliches Gemeinwesen gegen seine Angriffe verteidigt. Dass mir jetzt ausgerechnet der Kaiser in den Rücken fällt, kommt mich hart an. Ausgerechnet der Mann, der das Schwert des Katholizismus führt, der sich Verteidiger des wahren Glaubens nennt! Der stellt sich nun gegen mich, seinen treuesten Parteigänger … «
»Das habt Ihr nicht verdient, Eminenz! Ihr, einer der höchsten geistlichen Fürsten im Reich! So etwas kann nicht angehen!«
Der Fürstbischof ballte die Fäuste. »Ihr habt recht, Förner! So lasse ich mich nicht behandeln. Ich werde meine Sache gegenüber dem Reichshofrat mit allem Nachdruck vertreten! Caspar!«
Der Mohr, der die ganze Zeit über in einer Ecke gesessen und gedöst hatte, kam heran und verbeugte sich.
»Hol mir einen Schreiber!«
Fuchs von Dornheim brauchte mehrere Stunden, um seine Rechtfertigung zu diktieren. Als Förner am Abend noch einmal in der Residenz erschien, war die Erwiderung an den Kaiser bereits fertig, und der Fürstbischof ließ es sich nicht nehmen, ihm den letzten Absatz des Schreibens höchstpersönlich vorzulesen. »› … Solche Processe habe ich allein zur Ausbreitungk
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