Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
aufleuchten. Cornelius machte unwillkürlich eine Rückwärtsbewegung, aber Schwarzcontz ergriff ihn sanft am Ellbogen und führte ihn zu der Alten hin, der jetzt die Tränen übers runzlige Gesicht liefen. »Ihr habt vielleicht schon gehört«, sagte er mit sanfter Stimme, »dass der Teufel jedem, der den Pakt mit ihm unterschreibt, sein Mal aufdrückt. Irgendwo am Körper, oft an den geheimsten Stellen, damit es nicht entdeckt werden kann. Dieses Hexenmal muss gefunden werden – eine Aufgabe, die wohl ein Arzt am besten erfüllen kann. Denn wer kennt den menschlichen Körper besser als ein studierter Physikus?«
    Cornelius hob abwehrend die Hände. »Ich habe keine Ahnung, wie ein solches Hexenmal aussehen sollte.«
    »Oh, mein Bester, ich auch nicht.« Schwarzcontz zuckte in gespielter Hilflosigkeit mit den Schultern. »Das Mal kann bei jeder Hexe anders sein. Alles, was wir wissen – und da sind sich die Experten in der Dämonologie einig – ist, dass das Zeichen des Teufels ohne Gefühl ist und auch nicht blutet.«
    »Dann sucht Ihr es doch«, wehrte der junge Arzt ab. »Ihr habt im Gegensatz zu mir in solchen Dingen Erfahrung.« Hilfeheischend sah er Kircher an, und der erwiderte seinen Blick. »Vielleicht genügt es ja«, meinte der Jesuit, »wenn ein Arzt anwesend ist, um das Ergebnis der Untersuchung zu bezeugen.«
    »Nun gut«, gab Schwarzcontz nach. »Dann werde ich die Leibesvisitation durchführen.«
    Er trat hinter die Alte und stülpte ihr einen schmutzigen Rupfensack über den Kopf. Dann begutachtete er ihre Rückseite peinlichst genau, vom Kopf bis zu den Fersen. Nichts. Er ging um sie herum, suchte an Armen, Beinen und Bauch. Cornelius wandte sich angewidert ab, als der Jurist erst die eine, dann die andere Brust anhob, darunter sah und sie dann wieder fallen ließ. Schließlich hob er die Arme der Kreuselmännin mit rasselnden Ketten hoch über ihren Kopf. Schwarzcontz untersuchte die linke Achselhöhle.
    »Ts, ts, ts«, machte er plötzlich. »Doktor, hättet Ihr wohl die Freundlichkeit, mir eine Nadel zu reichen?« Cornelius kam der Bitte nach und gab dem Hexenkommissar eine der Nadeln, mit denen er normalerweise Wunden vernähte. Dann sah er zu, wie Schwarzcontz in eine erhabene Warze stach. Die Kreuselmännin rührte sich nicht.
    »Schreiber, notiert: Bei der Delinquentin wurde unter der linken Achsel ein Hexenmal entdeckt, taub und ohne Blut.«
    Schwarzcontz richtete sich zufrieden auf und gab Cornelius die Nadel zurück. Der lachte auf. »Ich bitte Euch, solche Male sind fast bei jedem Menschen vorhanden. Dies hier sieht aus wie eine ganz gewöhnliche dunkle Hauterhabenheit. Solche Phänomena sind öfters gefühllos, so wie manche Leberflecke oder auch viele Warzen. Sie besitzen auch manchmal keine Blutgefäße. Da gibt es vieles … «
    »Ah, was haben wir denn da?« Der Jurist hatte derweil den Rupfensack entfernt und seine Suche im Gesicht und am Hals der Kreuselmännin fortgesetzt. Jetzt winkte er Cornelius heran. »Seht!«
    Unterhalb des Kinns, in einer Falte, hing ein längliches Fetzchen Haut mit einer stecknadelkopfgroßen Verdickung am Ende. Der junge Arzt breitete lächelnd die Arme aus. »Eine Stielwarze, Doktor, das ist nichts Besonderes.«
    Schwarzcontz legte Cornelius väterlich die Hand auf die Schulter. »Mein junger Freund, ich sehe, wie wenig Ihr über die Hexerei in all ihren Ausprägungen wisst. Lasst mich Euch aufklären.«
    Cornelius machte sich sanft los. »Ich bitte darum, Doktor.«
    »Habt Ihr schon einmal etwas von Familiaren oder Hilfsgeistern gehört?«
    »Ihr meint, die Tiere, die oft Begleiter von Druden sind?« Das war Pater Kircher, der sich nun einmischte. »Raben, schwarze Katzen und dergleichen?«
    »Ja, genau.« Schwarzcontz nickte. »Weil die Unholden sich durch ihren Pakt abseits aller anderen Menschen stellen und mit ihnen keine echte Gemeinschaft mehr pflegen können, gibt ihnen der Teufel manchmal ein Tier als Gefährten, um ihre Einsamkeit zu lindern. Eine Kröte, Schlange oder auch, wie Ihr schon richtig bemerktet, Vögel oder Katzen. Solch einen Familiaren muss die Hexe mit ihrem eigenen Blut nähren. Und dafür entwickelt sie irgendwo an ihrem Körper eine Hexenzitze.« Er wies mit der Hand auf den Hals der Kreuselmännin. »Was hier zu sehen ist. Sagt an, Weib, welches Tier ist wohl Euer teuflischer Begleiter?«
    Die alte Eierfrau stand immer noch wie ein Häuflein Elend da, nackt und bloß. Jetzt fing sie an, am ganzen Körper zu zittern.

Weitere Kostenlose Bücher