Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
übliche elektronische Eingangstür. Es kann dort mehr oder weniger jeder
hineinspazieren, der einen Schlüssel für ein Schließfach hat. Prüfen Sie es am
besten selbst. Ich musste noch nicht einmal eine Vollmacht oder ein
Ausweisdokument vorweisen. Die Schließfächer sind in einem kleinen Raum ohne
Überwachungskameras neben der Schalterhalle. Die Schlösser sind sehr einfach,
mit nur maximal zwei Arretierstiften, wenn überhaupt. Jeder Hobbyschlosser
könnte sich mit dem entsprechenden Werkzeug Zutritt verschaffen.“
„Sie
scheinen mir eine ganze Menge von Sicherheitsvorkehrungen und Schlössern zu
verstehen, Signorina Rosenthal“, stellte Grassa verkniffen fest. „Nun denn. Ich
nehme Ihnen das alles zwar nicht ab, kann Ihnen beiden aber im Moment auch
nicht das Gegenteil beweisen. Bitte händigen Sie mir den Schlüssel Ihres Mietwagens
aus. Wir werden das Fahrzeug ins Präsidium verbringen und dort forensisch
untersuchen“
Rabea
stand auf und kramte den Schlüssel aus ihrer Gesäßtasche, als der von Grassa
angeforderte Arzt die Küche betrat.
Grassa
sprang sofort auf. „Und Dottore, wie geht es Signorina von Stetten? Kann ich
mit ihrer Befragung beginnen?“
„Äh,
Commissario Grassa. Ich wusste nicht, dass es Ihnen so dringend mit der
Befragung ist. Da ihr Vater mich darum gebeten hat, habe ich der Signorina eine
Beruhigungsspritze gegeben. Sie schläft tief und fest“, erklärte der Arzt
beunruhigt, da ihm soeben dämmerte, dass er unwissentlich dem Willen des Commissario
zuwider gehandelt hatte. Grassa musterte den Arzt äußerst verärgert. Der Commissario
musste sich wohl oder übel in das Unvermeidliche ergeben. „Also gut. Da ich
momentan nichts daran ändern kann ...", schnaubte er und suchte sich ein
neues Ziel: "Weil Ihr Anwalt, Herr Jesuit und vor allem das Alibi, das
Ihnen Frau Rosenthal zum Mord an meinem Beamten bescheinigt hat, mich daran
hindern, sehe ich davon ab, Sie sofort mitzunehmen. Damit Sie keine weiteren,
ungenehmigten Ausflüge mehr unternehmen, werde ich einen Beamten zu Ihrer
Überwachung postieren. Morgen früh um neun erwarte ich Sie zusammen mit Ihrer
Schwester und Signorina Rosenthal im Präsidium, um Ihre Aussagen aufzunehmen.
Seien Sie pünktlich, verstanden?“
„Ja,
natürlich.“ Lukas beeilte sich zuzustimmen, erleichtert, den Commissario und
seine unangenehmen Fragen vorerst los zu werden.
„Gut.
Kommen Sie, Dottore. Auf ein Wort.“ Herrisch winkte Grassa den Arzt herbei und
eingeschüchtert dackelte ihm der kleine grauhaarige Mann hinterher.
Pater
Simone lehnte mit dem Rücken an der Anrichte und hatte den Verlauf des Frage-
und Antwortspiels zunächst bass erstaunt, dann mit sich mehr und mehr düsterer
Miene verfolgt. Nachdem sich der Commissario und der Arzt verabschiedet hatten,
richtete er sich zu seiner vollen und imposanten Größe auf, marschierte zur Tür
und, nach einem forschenden Blick in den Flur, schloss er sie mit einem festen
Ruck. Dann drehte er sich mit verschränkten Armen langsam zu Rabea und Lukas um
und fixierte die beiden mit gewitterschwangerer Miene. Lukas rutschte bereits
unbehaglich auf seinem Korbsessel hin und her, während Rabea ihre Fingernägel einer
jähen Inspektion unterzog.
"Nun,
das war ja eine äußerst interessante Vorstellung, die ihr zwei da gegeben hat.
Wie hieß denn das Stück? Wie lüge ich erfolgreich die Polizei an? Chapeaux, Hut
ab, eine reife Leistung. Ich habe euch bisher keine Fragen gestellt. Weder, was
ich da in aller Eile in einem Schließfach unterbringen sollte, noch warum. Weil
ich dein Freund bin Lukas, und du gesagt hast, ich solle dir vertrauen. Das
habe ich getan, blind. Aber da es aussieht, dass ich dank euch unverhofft eine
kriminelle Laufbahn eingeschlagen und mir damit eine kapitale Beichte
eingebrockt habe, wirst du mir sicherlich zustimmen, dass du mir spätestens
jetzt eine Erklärung schuldig bist. Also, was hast du mir zu sagen?"
"Natürlich,
Simone. Entschuldige bitte. Es war bisher einfach keine Zeit dazu. Es ist eine
längere Geschichte, aber ich werde versuchen, das Wesentliche für dich
zusammenzufassen.“ Zehn Minuten später beendete er seinen Bericht und wartete
nun auf die Reaktion Pater Simones. Dieser hatte sich zwischenzeitlich auf dem
vormals von Grassa besetzten Stuhl gesetzt und zwirbelte nachdenklich seine
dicken Augenbrauen. Ohne Vorwarnung polterte er plötzlich los: "Beim
heiligen Ignazio. Jetzt brauche ich einen Schnaps. Habt ihr einen Grappa
da?"
"Ich
denke
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