Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
eines
Kampfhundes. Während sich Simone an der Maschine zu schaffen machte, betrat
Rabea die Küche. Grassa und Lukas sprangen bei ihrem Eintreten beide
gleichzeitig auf. Galant rückte der Commissario einen Korbstuhl für sie zurecht
und wies mit einladender Geste darauf.
Lukas
drängte bei ihrem Anblick einen kurz aufkeimenden unzüchtigen Gedanken in die
aufmuckende Gehirnsynapse zurück und erkundigte sich stattdessen besorgt: „Wie
geht es Lucie?“
„Erstaunlich
gut, sowohl physisch als auch psychisch. Die Schrammen und blauen Flecke sind
nicht weiter schlimm. Der Arzt ist gerade eingetroffen, Commissario. Er wird
Lucie gleich untersuchen. Ah, Pater Simone. Genau das, was ich jetzt brauche“,
bedankte sich Rabea für den Kaffee mit einem liebenswürdigen Lächeln bei ihm,
das selbst einen Eisbär zum Schwitzen gebracht hätte, jedoch bei Simone seine
Wirkung verfehlte. Er grummelte etwas Unverständliches vor sich hin und wandte
sich dann schnell ab, um seinen verdächtig magentaroten Kopf in dringenden
Angelegenheiten erneut in den offenen Kühlschrank zu stecken.
Aha.
Rabea hatte den Braten sofort gerochen. Da hatte jemand seinem besten Freund
die Schandtat bereits gebeichtet. Amüsiert dachte sie bei sich, dass Pater
Simone wahrscheinlich hinter ihrem Rücken seine Finger zum Hexenkreuz
verschränkte und sich wehmütig in alte Zeiten zurücksehnte, als man
„Versuchungen durch verdächtige Frauenzimmer“ noch mit dem Scheiterhaufen
klärte. Aber Pater Simones Gemütszustand war momentan ihre geringste Sorge und
so wandte sie sich den Erfordernissen des Augenblicks, in Form des Commissario
Grassa zu: „Was kann ich für Sie tun, Commissario?“, fragte Rabea betont
munter, und warf mit beiden Händen ihre gelöste Haarflut über die Schulter
zurück. Dadurch konnte der Commissario deutlich erkennen, dass die Signorina
keinen Büstenhalter trug. Die Geste verfehlte nicht die erwünschte Wirkung und
Grassa schluckte kurz mit hüpfendem Adamsapfel.
Lukas
sah es natürlich und bekam wie Simone einen roten Kopf.
Rabea,
die rechts von Lukas saß, fing seine zorngeladene Schwingung auf und warf ihm
einen verschwörerischen Seitenblick zu, um ihn daran zu erinnern, dass dies zu
ihrer Taktik gehörte. Taktik hin oder her, Lukas presste die Zähne so fest
zusammen, dass es knirschte. Für einen Moment tatsächlich aus dem Konzept
gebracht, räusperte sich Grassa und lockerte seine Krawatte. "Ähm,
Signorina Rosenthal. Heute Morgen sind Sie zusammen mit Herrn von Stetten
weggefahren, um das Schließfach einer Bank der Provinz Ancona zu öffnen. Herr
von Stetten hat mir erzählt, dass er den Schlüssel dazu gestern von dem Ermordeten
erhalten hat. Nun behauptet er, das Schließfach war leer. Was sagen Sie dazu?“
„Was
Ihnen Herr von Stetten gesagt hat, stimmt. Das Schließfach war leer. Wir sind
zu spät gekommen“, antwortete Rabea ohne zu zögern und schlug ihre nackten
Beine in einer geschmeidigen Bewegung übereinander. In Unkenntnis des
blutverschmierten Messers im Kofferraum fügte sie hinzu: „Wenn Sie uns nicht
glauben, dann durchsuchen Sie doch uns und den Wagen.“
„Keine
Sorge, das werden wir tun“, antwortete ihr der Commissario. „Verraten Sie mir
auch, um welche Bank es sich handelte? Sie werden sicherlich verstehen, dass
wir Ihre Aussagen vor Ort überprüfen müssen.“
Das
war natürlich der Schwachpunkt ihres Planes, schließlich hatte Rabea in der
Bank den Zugang zu dem Schließfach mit ihrer Unterschrift quittiert. Aber sie
hatte alles genau durchdacht, nachdem sie das zerknitterte Formular aus ihrer
Handtasche gekramt und überprüft hatte. Auf dem Formular wurde kein direkter
Bezug auf den Inhalt genommen und im Grunde hatte sie nur dafür unterschrieben,
dass sie das Schließfach ordentlich vorgefunden hatte. Es konnte also genauso
gut leer gewesen sein. Da es im Schalterraum ziemlich düster gewesen und der
Mann sowieso mehr damit beschäftigt gewesen war, ihre nackten Beine
anzustarren, baute sie darauf, dass ihm die beiden ledernen Schriftrollen unter
ihrem Arm nicht richtig aufgefallen waren, jedenfalls nicht gut genug, um sie
genauer zu beschreiben. Wenn doch, konnten sie immer noch die geleerten Hüllen
herausrücken.
Rabea
nannte ihm die Adresse und fügte hinzu: „Sie werden sehen, Commissario, dass es
sehr wohl möglich ist, dass jemand vor uns das Schließfach geleert hat. Es ist
eine sehr kleine Provinzbank, ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen, bis auf
die
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