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Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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geben.
    Gabriel
musterte verächtlich den ordentlichen Stapel mit Simones abgelegter Kleidung.
Mit seinem staubigen Stiefel gab er dem Stapel einen Stoß, so dass die ganze
herrliche Ordentlichkeit verging. "Einesist klar, einen Sinn
für Mode oder zumindest passende Farben habt ihr Jesuiten nicht", monierte
er.
    "Ist
ja wohl auch nicht nötig“, erwiderte Simone prompt. „Mein Modesinn begründet
sich nur auf einem: Hauptsache, es kratzt nicht. Haben Sie schon einmal eine
Mönchskutte von vor 150 Jahren anprobiert oder noch früher? Ich sage Ihnen, die
Brüder waren nicht zu beneiden, man bekommt schon vom Hinsehen die
Krätze."
    Leicht
genervt davon, dass sich sein Opfer so gar nicht einschüchtern ließ, stieß
Gabriel ihn zur Folterbank und forderte ihn barsch auf: “Genug geschwatzt. Rauf
jetzt auf den Tisch, Dickerchen."
    Behindert
durch seine enorme Leibesfülle kletterte Pater Simone umständlich hinauf. Als
er der Länge nach auf der Streckbank lag, band ihm der Vollstrecker die
Lederriemen um die Gelenke und zurrte sie kraftvoll fest. Ohne jegliche
Vorwarnung drehte er dann bis zum ersten Anschlag an der Kurbel und entlockte
Pater Simone damit ein erschrockenes Stöhnen. Er lag nun mit bis zum Zerreißen
angespannten Muskeln und Sehnen ausgestreckt vor Gabriel, während sein großer
bleicher Bauch sich wie eine schneeige Kugel über ihm wölbte. In kürzester Zeit
bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn und er sehnte den Moment herbei,
wenn Gabriel ihm endlich eine erste Frage stellen würde. Schließlich konnte er
Gott nur dann seine Standhaftigkeit beweisen, wenn er statt einer Antwort stumm
blieb. Leider gehörte es zu den subtilen Methoden Gabriels, sein Opfer erst ein
wenig in den eigenen Schmerzen schmoren zu lassen. Pater Simone hielt die
Stille nicht lange durch, hauptsächlich um den blonden Grünschnabel zu ärgern,
rettete er sich in das, was er außer beten, predigen und kochen am besten
konnte: Witze erzählen. „Einen habe ich noch: Kommt ein Kapuziner in den Himmel,
klopft vorsichtig an und wird unauffällig hineingelassen. Nach einiger Zeit
fällt ihm ringsum eine aufgeregte Geschäftigkeit auf. Prächtige Blumenwerden
in Vasen arrangiert, ein langer roter Teppich wird entrollt und sämtliche
Kerzen angezündet. Erstaunt fragt er nach, was das zu bedeuten habe und er
erfährt, dass man einen Jesuiten erwarte. Das versteht der Kapuziner nicht und
er fragt bei Petrus nach, ob denn im Himmel nicht Gerechtigkeit herrsche? Wieso
man bei einem Jesuiten so viel Aufhebens mache, während man seinen Eintritt
kaum beachtet habe. Und Petrus antwortet ihm: ’Weißt du, Kapuziner treffen hier
beinahe jede Woche ein, aber du ahnst nicht, wie lange es her ist, dass wir
einen Jesuiten begrüßen durften.’"
    Gabriel
schüttelte den Kopf, er wirkte jetzt leicht verärgert: "Sie sind ja ein
echter Komiker. Wie ich sehe, machen Sie sich Hoffnungen auf den Himmel. Nun,
ich werde mein Bestes geben, dass Sie sich den roten Teppich auch verdienen.
Dann geht´s jetzt los. Mehr Christen für die Löwen", rief er laut und
drehte ungerührt die Kurbel ein Stück weiter, bis das nächste Zahnrad griff.
Simone stieß einen markerschütternden Schrei aus, als die erste Sehne riss.
     
    Der
Protektor kehrte erst nach fünfzehn langen Minuten in den Überwachungsraum
zurück. Zusammengeschnürt wie ein Paket, waren Rabea inzwischen alle Gliedmaßen
eingeschlafen, aber ihr Geist war dafür umso wacher.
    "Wichtige
Angelegenheiten ruhen leider auch nicht nachts. Wo waren wir stehen geblieben?
Ach, ja. Sie wollten wissen, was ‚FK’ bedeutet. Das ist die Abkürzung für
Folterkammer. Gabriel hat sich hier unten ein hübsches kleines Spielzimmer
eingerichtet. Er ist auf perverse Art äußerst kreativ, wenn sie wissen, was ich
meine." Noch immer verstellte der Protektor seine Stimme mit dem Verzerrer.
    Rabea
beschloss, ihre Karten offen auf den Tisch zu legen, auch wenn sie momentan ein
ganz mieses Blatt in der Hand hatte. Jetzt, da Simone nicht mehr anwesend war,
hielt sie es für unnötig, weiter Spielchen zu spielen.
    "Ist
es nicht auf Dauer sehr anstrengend, Ihre Stimme zu verstellen? Ich weiß, wer
Sie sind, Herr Protektor, oder sollte ich lieber sagen, Frau Protektor?"
    "Sehr
schön. Schlaues Kind." Rabea fühlte, wie ihr die Augenbinde abgenommen
wurde.
    "Das
brauchen wir ja nun nicht mehr." Carlotta van Kampen blickte beinahe
liebevoll auf ihre Gefangene hinab. Entgegen ihrer Art, aufdringlich bunt

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