Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
Vom Netzwerk:
würde? Leider ergaben ihre weiteren Nachforschungen, dass der
damalige Notar der Familie ihren Großvater nur um zwei Jahre überlebt hatte und
das gesamte Notariat mit allen Dokumenten bei einem Großbrand Ende 1918
vernichtet worden war.
    Obwohl
die beiden Brüder, wie später Onkel und Neffe, nicht nur die Bibliothek,
sondern die gesamte Villa von oben bis unten auf den Kopf gestellt hatten,
fanden sich keine weiteren Hinweise mehr. Einzig ein zugemauerter Raum im
Keller, den Lukas’ Großvater, der alte Heinrich, bereits vor langen Jahren
hatte aufbrechen lassen, ließ vermuten, dass hier einmal etwas Wertvolles
gelagert haben könnte. Aber Lukas und seinen Onkel verband noch mehr: die
gleiche Liebe für altgriechische Philosophie, für vor- und frühchristliche
Schriften über die verschiedensten Strömungen des Glaubens, vom Judentum über
die Essener, Gnostiker und Albigenser. Viele Stunden hatten sie bei gemeinsamen
Studien darüber verbracht. Das Fundament, auf dem von Stettens Glauben und
Weltbild ruhte, hatte sein Onkel Franz geschaffen. Sein furchtbarer Tod war wie
ein tonnenschwerer Felsen auf dieses Fundament geprallt und hatte es in seinen Grundfesten
erschüttert. Die offizielle Version seines Todes, welche die Polizei in
Absprache mit der Familie von Stetten verlautbart hatte, lautete, dass der
Bischof in seinen privaten Räumen einem tragischen Raubmord zum Opfer gefallen
war. Was insofern der Wahrheit entsprach als die Täter gründliche Arbeit
geleistet hatten und alles, was irgendwie von Wert war, darunter viele der
antiquarischen Kostbarkeiten seiner privaten Bibliothek, weggeschleppt hatten -
wobei die Täter laut der geschädigten Versicherung enormes Fachwissen bekundet
hatten.
    Wovon
die Öffentlichkeit jedoch nie ein Wort erfahren durfte, war, dass der Bischof Opfer
eines schrecklichen Ritualmordes und grausam verstümmelt aufgefunden worden war.
Der oder die Täter hatten mit weißer Kreide ein Kreuz auf den Boden gezeichnet
und in Nachahmung der Kreuzigung Jesu den armen Mann vollkommen nackt an den
Holzfußboden seines eigenen Arbeitszimmers genagelt. Dazu hatten die Täter besonders
lange antike Eisennägel verwandt. Was den Schluss nahe legte, dass Überfall und
Mord von den Tätern bis ins Detail geplant worden waren, denn welcher
Einbrecher führte derartige Nägel mit sich? Der oder die Mörder hatten dem
Bischof zudem die Ohren abgeschnitten und mitgenommen. Als letzten
unmenschlichen Akt hatten sie ihn entmannt. Zu den Merkwürdigkeiten, die dem
Gerichtsmediziner deshalb auffielen, gehörte, dass diese Verstümmelungen den
Tatort theoretisch in ein blutiges Schlachtfeld hätten verwandeln müssen. Tatsächlich
fanden sich kaum Blutspuren, die Tat war äußerst pedantisch, sauber und mit
medizinischer Akribie durchgeführt worden. Die Polizei stand vor einem völligen
Rätsel. Die Täter hatten fette Beute gemacht. Wozu dann diese grausame Folter?
Hofften sie, aus dem Bischof noch mehr herauszupressen? Oder waren die
wahnsinnigen Mörder pervertierte Priesterhasser mit medizinischer Ausbildung,
die aus reinem Sadismus folterten? Von den Tätern fehlte bisher jegliche Spur;
diese hatten am Tatort nicht den kleinsten Hinweis hinterlassen. Die
Haushälterin hatte an jenem Abend frei gehabt und keiner der Anwohner hatte irgendetwas
Auffälliges bemerkt. Zudem war bisher keiner der gestohlenen Gegenstände bei
den von der Polizei überwachten einschlägigen Hehlern aufgetaucht, was die
Aufklärung zusätzlich erschwerte. Heinrich von Stetten, der Bruder des
Bischofs, hatte eine hohe Belohnung auf die Ergreifung der Täter ausgesetzt. Daraufhin
waren viele Anrufe bei der neu gebildeten Sonderkommission „Kreuz“ eingegangen,
aber jede einzelne Spur verlor sich im Nichts.
    Es
gab nur einen einzigen Anhaltspunkt, bei dem der leitende Ermittler nicht
einmal sicher war, ob dieser überhaupt als solcher zu bewerten war. Der Bischof
wurde am Abend seines Todes von seinen Mördern an seinem Schreibtisch
überrascht, als er gerade seine nächste Sonntagspredigt ausarbeitete. Er musste
sofort geahnt haben, dass er sterben würde, denn er hatte auf dem Blatt als
letzte Botschaft ein einzelnes, riesiges "X" hinterlassen, als würde
er den Text komplett ausstreichen wollen. Wegen der Schwere des Verbrechens und
der Prominenz des Opfers hatte man schließlich auch das BKA um Amtshilfe
gebeten und den Entwurf der Predigt von Spezialisten als Ganzes analysieren
lassen. Womöglich verbarg sich im

Weitere Kostenlose Bücher