Die Seelenfischer (Seelenfischer-Trilogie) (German Edition)
schickten sich gerade
an, der Haushälterin zu folgen, als Frau von Stetten sie zurückhielt:
"Meine Herren, eines noch. Ich bitte Sie, hierüber absolutes Stillschweigen
zu bewahren. Der Fund betrifft allein die Familie von Stetten und ich wünsche
nicht, dass ein Wort darüber das Haus verlässt. Sie haben einen für ihre Firma
höchst lukrativen Auftrag erhalten. Ich hoffe, wir verstehen uns, Herr
Fugga?" Dem alten Fugga, der glaubte in seinem Leben noch nie einer so
schönen und beeindruckenden Frau begegnet zu sein, schnürte es die Kehle zu. Er
schluckte und brachte kein Wort heraus. Völlig eingeschüchtert konnte er bloß
nicken. Allzu gut hatte er verstanden, dass ihm die sagenhafte Baronin soeben
auf elegante Weise die Pistole auf die Brust gesetzt hatte.
Allerdings
wusste er, dass er wegen dieser Angelegenheit ein ernstes Wörtchen mit seinem
Sohn wechseln musste, da ihm dessen interessierter Gesichtsausdruck keinesfalls
entgangen war. Er war an sich ein guter Junge und neigte nicht zu Prahlereien.
Wenn er nüchtern war. Leider trank sein lediger Sohn mit seinen gleichgesinnten
Kumpanen am Wochenende im „Bierkutscher“ regelmäßig einen über den Durst. Er
würde ihm nach Feierabend tüchtig ins Gewissen reden müssen.
Frau
von Stetten schloss die Tür hinter sich, nahm den tragbaren Telefonhörer auf
und wählte eine der eingespeicherten Nummern. Die
freundliche Stimme eines jungen Mannes meldete sich.
"Grüß
Gott, hier ist Evelyn von Stetten. Könnte ich bitte den Bischof sprechen, es
ist dringend."
"Einen
Moment, bitte." Sie wurde sofort verbunden, im dortigen Büro war
selbstverständlich bekannt, dass es sich bei der Anruferin um die Schwägerin
des Bischofs handelte.
"Was
gibt es denn so Wichtiges, meine Liebe?", meldete sich eine angenehm
jovial klingende Stimme.
"Grüß
dich, Franz. Ich brauche deine Hilfe. Sofort", erklärte ihm seine
Anruferin ohne Umschweife. Und dann schilderte sie ihm ihr ganzes Dilemma.
Zwei
Stunden später fuhr der Bischof von Bamberg, der deswegen seinen gesamten
Terminplan umgeworfen hatte, in einem dunklen Mercedes vor. Seine Schwägerin
erwartete ihn bereits auf der breiten Freitreppe und geleitete ihn in die
Bibliothek.
Bischof
Franz von Stetten, der die Leidenschaft für Bücher mit seinem älteren Bruder
Heinrich teilte, nahm eine erste Sichtung des Fundes vor und war sogleich von
der Vielfalt und der Qualität der Werke elektrisiert. Beinahe minütlich zog er
eine neue Kostbarkeit hervor, darunter eine Vielzahl von wissenschaftlichen
Abhandlungen, angefangen vom 11. bis ins 18. Jahrhundert hinein. Zitternd vor
Aufregung thronte er inmitten der Folianten auf dem Teppich und konnte sich
kaum entscheiden, welches der Werke er als erstes aufschlagen sollte. Er zögerte
wie ein Verhungernder, der sich unvermittelt inmitten eines köstlichen
Feinschmeckerbuffets wiederfindet und nicht weiß, welchen Leckerbissen er sich
als erstes gönnen soll. Etwas war dem Bischof aber gleich zu Beginn
aufgefallen: Die meisten der Bücher hatten zur Zeit ihrer Veröffentlichung auf
dem kirchlichen Index gestanden, ihr Besitz war als Ketzerei und Häresie
angeprangert worden. Von einigen anderen hatte er noch nie gehört. Ob es sich
hier um die letzten Exemplare verschollener Werke handelte, die dem Feuer der
Ignoranz seinerzeit entkommen waren? Eines war jedoch klar: In seiner
Gesamtheit stellte dieser Fund tatsächlich einen unermesslichen Schatz dar.
Zwei enorm dicke Bände entpuppten sich als Attrappen und er fand in ihrem
Inneren jeweils ein 30x20 cm großes, verschlossenes Kistchen aus
gehämmertem Blech. Ihr Inhalt war schwer und klimperte. Vermutlich Münzen. Da
er auf Anhieb die Schlüssel dazu nicht entdecken konnte, legte er sie zunächst beiseite.
Ihn interessierten sowieso viel mehr die Bücher. Auch die lederne Karte eines
fernen Landes, die aus einem der Bücher rutschte, legte er beiseite. Nachdem er
eine ganze Weile in den kostbaren Schriften geschwelgt hatte, rief er nach
seiner Schwägerin und unterbreitete ihr eine Idee, die in ihm herangereift war:
Da sein Bruder Heinrich in weniger als sechs Wochen seinen 70. Geburtstag
feierte, würde er, Franz, alle Bücher aus dem Versteck mitnehmen,
katalogisieren und am Morgen des Geburtstages zurückkehren, um die Bücher in
dem klimatisierten, den Raritäten vorbehaltenen Zusatzraum der Bibliothek auszustellen.
Die Freude über den kostbaren Fund würde bei seinem Bruder hoffentlich so groß
sein, dass er seiner
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