Die Seelenkriegerin - 3
Stillstand. Dies ist der einzige Ort, an dem seine Pläne jemals scheiterten, Coldorras Symbolwert ist also beträchtlich. Es gab eine Zeit, da kämpften er und Anchasa so oft um dieses Stück Land, dass sich die Bewohner jeden Morgen beim Aufstehen angeblich erst erkundigen mussten, wer gerade ihr König war. Die meisten zogen mit der Zeit weg. Ich hätte das auch getan. Jetzt ist Danton nicht mehr, und ich bin neugierig, ob jemand zurückkehrt.«
»Steht das Gebiet inzwischen unter Salvators Kontrolle?«
Colivar nickte. »Noch hat es ihm Farah nicht streitig gemacht. Ich nehme an, er wird es eines Tages tun. Aber zuerst muss er herausfinden, wie ihm Sula dabei behilflich sein kann. Die Abschnitte des Magistergesetzes, in denen festgeschrieben ist, inwieweit wir uns an den Kriegen der Morati beteiligen dürfen, sind für einen Königlichen Magister ein wahres Labyrinth, und jeder legt sie ein wenig anders aus.«
Kamala bemerkte, dass sich seine Miene ein wenig verfinsterte, wenn er von seinem früheren Schüler sprach. »Sula wird kommen?«
»Ich denke schon. Es wäre ungewöhnlich, wenn er fernbliebe.«
»Machst du dir Sorgen, was ihn und Siderea angeht? Könnte es sein, dass er immer noch in ihren Diensten steht?«
Colivar zuckte steif die Achseln. »Siderea hat mit viel List versucht, über ihn an mich heranzukommen. Es ist ihr nicht geglückt. Seit er weiß, was sie im Schilde führt, ist er kein so leichtes Opfer mehr. Sie wird zu anderen Strategien greifen müssen.«
»Du bist ganz sicher, dass er dich nicht absichtlich verraten hat?« Sie fragte es leise.
Colivar setzte zu einer Antwort an – und zögerte. »Nein«, gestand er. »Nein, sicher bin ich nicht. Aber das war zu erwarten. Wir sind, wie wir sind.«
Im Zentrum der großen Ebene standen Zelte. Große und kleine, einfache und prächtige Zelte: eine richtige Stadt aus Stoff. Die Zelte im Norden waren sehr viel pompöser, und in der Mitte erhob sich ein großer Pavillon mit Spitzdach von der Größe eines stattlichen Herrenhauses. Die goldenen Fialen auf den Zeltstangen waren als doppelköpfige Habichte gestaltet, die lange Seidenwimpel in den Klauen hielten. Die Zelte im Süden waren von einfacherer Form, breit und niedrig im Stil der Wüste, mit Quastenschnüren versehen, um zur Belüftung die Wände hochzubinden. Zu beiden Seiten des Feldes erstreckten sich in einigem Abstand in schnurgeraden Reihen, so weit das Auge reichte, die schlichten zweckmäßigen Zelte für die Soldaten. Salvator und Farah hatten vereinbart, dass jede Seite sich auf tausend Mann beschränken sollte, aber jeder hatte mindestens noch einmal so viele Diener und Begleiter mitgebracht, unter denen sich ebenfalls verkleidete Soldaten befinden mochten, sodass ein riesiges Feldlager entstanden war.
Die Götter mögen verhüten, dass ein König jemals auf Reisen geht, ohne dass ihm ein Heer von Bediensteten hinterherläuft , dachte Kamala.
Das Treffen war ein einziges Pulverfass. Ein falsches Wort, und die beiden Männer, für die das ganze Spektakel aufgeführt wurde, befänden sich unversehens im offenen Krieg.
»Komm«, mahnte Colivar. »Es fängt bald an.«
Aber nicht ohne uns , dachte sie. Eine berauschende Vorstellung. Tausende von Männern und Frauen waren zu diesem Treffen gekommen, und sie und Colivar gehörten zu den wichtigsten Persönlichkeiten. Zwar würden sie heute wahrscheinlich noch nicht gebraucht – man hatte sie gebeten, den Verhandlungen als Zeugen beizuwohnen, damit sie gegebenenfalls später Ratschläge erteilen konnten –, doch wenn alles gut lief, konnte Kamala bei den kommenden Ereignissen eine viel größere Rolle zufallen. Vielleicht sogar in der Öffentlichkeit.
Ich gehöre jetzt ganz offiziell dazu , dachte sie. Und wusste nicht recht, ob sie sich darüber freuen oder erschrecken sollte.
Colivar hatte zwei Pferde beschworen, damit sie sich dem Lager auf Morati-Art nähern konnten. Das war eine der Bedingungen, auf denen Salvator bestanden hatte. Auf dieser Ebene sollte es keine Zauberei geben, solange das Treffen zwischen den beiden Königen andauerte.
Hieß das etwa, dass auch Salvator zu Pferde gekommen war, dass er Hunderte von Meilen wie ein gewöhnlicher Moratus zurückgelegt hatte? Wohl kaum. Vermutlich gab es hundert Büßer-Hexen und -Hexer, die mit Freuden den letzten Tropfen ihrer Lebensenergie für ihn opferten. Jeder einzelne von ihnen hätte seine Beförderung übernehmen können. Wenn solche Hexen und Hexer im Dienste
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