Die Seelenkriegerin - 3
die ihn erheiterte.
»Genau.«
Colivar sah Ramirus an. Er las weder Überraschung noch Spott in den Zügen des alten Magisters. Tatsächlich hatte ihm Ramirus schon vor einiger Zeit vorhergesagt, dass früher oder später eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit nötig werden könnte. Nun überlegte er wohl, ob dies der Moment war, auf den er gewartet hatte.
Wenn Ramirus noch immer für das Haus Aurelius arbeitet , überlegte Colivar, dann dienen wir abermals rivalisierenden Monarchen. Wird er sich bereitfinden, sich in einem Krieg mit mir zu verbünden, während wir in einem anderen nach wie vor Feinde sind?
Natürlich kannte er die Antwort auf diese Frage. Ramirus lebte für solche Herausforderungen. Dass damit akute Gefahren verbunden sein konnten, verlieh dem Spiel nur umso mehr Würze. Wie viele ernst zu nehmende Bedrohungen gab es auf dieser Welt schon für jemanden seines Standes?
Der weißhaarige Magister nickte langsam und strich sich seinen langen Bart. »Deine Argumentation ist ungewöhnlich, Lazaroth, aber ihre Berechtigung lässt sich nicht bestreiten. Ich habe meine Zweifel, wie sich dein Vorschlag im Einzelnen realisieren lässt, fest steht freilich, dass wir an einen Scheideweg gelangt sind und nicht einfach blind weiterstolpern können.
Ich jedenfalls bin alt genug, um mich an die Finsteren Zeiten zu erinnern. Und ich möchte sie nicht noch einmal erleben. Niemals.« Er nickte knapp. »Ja. Ich wäre bereit, mein Wissen, soweit es sich auf die Invasion der Seelenfresser bezieht, mit den hier Anwesenden zu teilen. Um zu sehen, was wir mit vereinten Kräften dagegen unternehmen können.«
»Das gilt auch für mich«, meldete sich Sula.
Lazaroth sah Colivar an. Sein Blick war wie eine Kampfansage.
»Ich schließe mich an«, sagte Colivar ruhig.
Wie sorgfältig du deine Zusage formuliert hast, Ramirus! Man verspricht die Welt, ohne irgendeine Verpflichtung einzugehen. War das mit Rücksicht auf mich? Hast du befürchtet, ich würde mich nicht auf ein Versprechen einlassen, mein gesamtes Wissen zu teilen? Oder wolltest du dich nur selbst nicht so weit engagieren?
Mein Wissen hat dich schon immer gereizt, und nun hast du ein Umfeld gefunden, das es dir erlaubt, danach zu greifen. Du musst sehr erfreut sein, dass Lazaroths Plan deinen eigenen Wünschen so sehr entgegenkommt!
Natürlich war das vermutlich kein Zufall. Ramirus war kein Magister, der etwas dem Zufall überließ. Die einzige Frage war, ob er offen mit Lazaroth konspiriert oder ihn mit subtileren Methoden vor seinen Karren gespannt hatte. Colivar kannte Ramirus gut genug, um Letzteres für wahrscheinlicher zu halten.
Mein alter und geschätzter Rivale , dachte er nüchtern. Du bist gefährlicher für mich als alle Seelenfresser zusammen.
Angesichts seiner persönlichen Geschichte war das ein wahrhaft erschreckender Gedanke.
Colivar stand auf dem Wehrgang, der um das Dach von Keirdwyns Burg herumführte, beobachtete die schneebedeckten Berge im Norden, die im Schein der Abendsonne glitzerten, und wartete. Normalerweise hätte er das Protektorat sofort nach Beendigung von Lazaroths Konferenz verlassen, aber etwas hatte er zuvor noch zu erledigen.
Die eisenbeschlagene Tür öffnete sich, und ein Magister trat heraus.
Ramirus.
Colivar nickte, als sich der andere neben ihn stellte und ebenfalls die Aussicht betrachtete, schwieg aber zunächst und fuhr nur mit dem Finger über den Rand der Brüstung. An einem dunklen Flecken auf dem grauen Stein hielt er inne. »Hier hat wohl jemand Selbstmord begangen«, sagte er im Plauderton.
Ramirus blickte auf das Mal hinab. »Beinahe. Er wurde davon abgehalten.«
Colivar beschwor ein wenig Magie, um festzustellen, von wem das Blut stammte. »Rhys.«
Ramirus nickte. »Die Verzweiflung kann einen Mann, der plötzlich entdeckt, dass er einen geliebten Menschen verraten hat, zum Äußersten treiben. Im Übrigen sind solche Vorfälle lohnende Studienobjekte.«
»Ein so starker Todeswunsch wird nie vollends überwunden«, sagte Colivar leise, »aber er kann in anderer Gestalt wieder auftreten. Manchmal ist das, was wir ›Mut‹ nennen, nichts anderes als sein öffentliches Gesicht.«
Ramirus zog eine Augenbraue hoch. »Du glaubst, Rhys’ Mut wäre nicht mehr gewesen als das? Ein Todeswunsch?«
»Nein. Ich habe seinen Werdegang untersucht und mich vergewissert, dass er ein echter Märtyrer war. So selten dieser Menschenschlag auch ist. Aber ich frage mich … hatte er in seinen letzten
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