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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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ausgerollt hatte, machte sie sich ein Kissen aus einem neuen Batzen Heu. Doch ihr Kopf sehnte sich nicht danach, dort zu ruhen.
    Sie setzte sich an das kleine Fenster im Dach und starrte hinaus auf das Feld, wo sie Marek in der vergangenen Nacht zum ersten Mal im Vollbesitz seiner Macht erblickt hatte. Sie drückte die Decke an ihr Gesicht, atmete tief seinen Duft ein und betete zu Wolf um seine Sicherheit. In ihren Gedanken wirbelten die Worte durcheinander und konnten die Gefühle, die sie damit vermitteln wollte, nicht bis zu Mareks Geist tragen. Sie vermochte sich nur an den Stoff zu klammern und Mareks Namen zu flüstern, bis sie in einen unruhigen Schlaf fiel.

38. KAPITEL
    D unkelheit legte sich über das Weizenfeld. Die Krieger K I versteckten sich zwischen den langen blassgrünen Ähren. Irgendwo mittendrin lagen Rhias Brüder, beide wie die anderen Bärenmarder bewaffnet mit mehreren Dolchen in verschiedenen Größen. Rhia hatte die beiden kaum erkannt, als sie angekommen waren. Aber das lag nicht an ihrer Rüstung oder der Kriegsbemalung, mit der sie ihre Gesichter zugekleistert hatten. Vielmehr hatte es damit zu tun, dass sich ihre Augen in die von Mördern verwandelt hatten. Rhia selbst war für die beiden nur noch eine unter Tausenden, für deren Schutz sie kämpften.
    Schutz vor was, fragte sie sich, als sie aus der Öffnung des Krankenzeltes hinaus auf das Feld starrte. Wenn die Nachfahren gewannen, was war dann? Würde man den Asermoniern gestatten, ungehindert ihr Land zu verlassen, oder würden sie versklavt und gezwungen, sich den überlegenen Nachfahren zu ergeben? Was geschah mit den Dörfern in der Umgebung, wenn Asermos fiel?
    Und die Geister? Die Nachfahren hatten sie voller Verachtung und Hohn aus ihrer eigenen Stadt vertrieben, wenn sie überhaupt je dort gewesen waren. Würden die Geister bleiben, wenn niemand mehr da war, der sie verehrte, oder würden sie ihre Magie mit zurück in ihr Reich nehmen und dort für immer verschließen? Noch schlimmer: Was war, wenn Marek recht hatte und die Geister selbst sterben mussten, wenn niemand mehr lebte, um an sie zu glauben?
    Sie schlang sich die Arme um die Taille und zitterte trotz der warmen Nacht, die allmählich zu Ende ging. Ihre Augen schmerzten bei dem Versuch, die Bogenschützen zu erkennen, die hinter einer Steinmauer den Hügel hinab zu ihrer Rechten standen. Im Gegensatz zu den steinernen Mienen ihrer Brüder war in Alankas Augen eine Angst zu sehen gewesen, die einem den Magen zusammenzog. Rhia wusste, dass sie genauso viel Angst davor hatte, zu töten, wie davor, zu sterben.
    Mehrere scharfäugige Adler standen in der Reihe der Bogenschützen. Sie würden auf mögliche Ziele hinweisen und nach den Schwächen in der Rüstung und der Aufstellung des Feindes suchen. Jetzt beobachteten sie die Bäume am anderen Ende des Feldes und suchten nach den ersten Anzeichen von Bewegung.
    Selbst in der Dunkelheit strahlte die goldene Eiche noch und erinnerte Rhia an Areas’ Liebe und an den Tod, der seinen Onkel Dorius dort erwartete. Auch wenn Schmetterlinge allgemein nicht als Krieger galten, ließen Dorius’ Gaben der Verwandlung und Verjüngung ihn doch viele Treffer ertragen, ehe er ihnen erliegen würde. Außerdem brauchte die Armee in einer verzweifelten Situation wie dieser jeden Mann, der stark genug war, eine Streitaxt zu schwingen.
    Rhia hatte überlegt, ob sie Dorius warnen sollte, die Schlacht zu meiden, aber er würde kämpfen, egal, was sie sagte. Soweit sie wusste, war Krähe sowieso entschlossen, die Seele dieses Mannes an genau diesem Tag zu sich zu nehmen. Sich seinem Willen in den Weg zu stellen fühlte sich falsch an. Aber zu wissen, dass jemand, der ihr seit ihrer Kindheit heb war, kurz davorstand, seinen letzten Sonnenaufgang zu sehen, fühlte sich an, als würde auch in ihr selbst etwas sterben.
    „Du solltest etwas essen.”
    Elora stand neben ihr und hielt ein Brett mit Brot und Käse in der Hand, dazu eine Flasche Wasser.
    „Ich habe keinen Hunger.” Rhia meinte es tatsächlich ernst. „Das ist mir egal.” Sie stieß mit dem Brett gegen Rhias Schulter. „Wenn du heute ohnmächtig wirst, ist das nur ein weiterer lebloser Körper, über den ich klettern muss. Jetzt iss.”
    Dankbar nahm Rhia das Brett entgegen. Elora setzte sich hin und flocht ihr langes aschblondes Haar zu einem festen Zopf.
    Als Rhia einen Schluck aus der Flasche nahm, sagte Elora:
    „Ich habe ein Stärkungsmittel ins Wasser getan.”
    Sofort

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