die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin
für schlechtes Brot. Ich werde es nicht vergessen.”
Sie verdrehte die Augen und entschloss sich, auf weitere Ermahnungen zu verzichten, besonders weil sich ihr die Kehle eng zusammenzuziehen schien. Tereus umarmte sie schnell und ließ sie dann los, als könnten sich die Arme nicht mehr lösen lassen, wenn er sie für mehr als einen Augenblick festhielt.
„Ohne weitere Umschweife”, Galen hob seine Hand, „ziehen wir davon.”
Und er meinte wirklich ohne jede Umschweife, denn er drehte sich auf der Stelle um und ging in die Wälder. Sie musste sich beeilen, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren, und hatte nur noch Zeit, den anderen zum Abschied kurz zuzuwinken. Am Rand von allen stand Areas und sah zu, wie sie ging.
Sie und Galen gingen, ohne zu sprechen, den gut festgetretenen Pfad, der mit trockenen aschegrauen Blättern bedeckt war, entlang. Sonnenlicht strömte über den Waldboden, denn die Bäume mussten erst noch sprießen. Auch wenn sie am Anfang der Wanderung gezittert hatte, die Anstrengung wärmte p>sie, und sie öffnete ihren Mantel.
„Geht es dir zu schnell?”, erkundigte sich Galen, lange nachdem es wichtig gewesen wäre.
„Nein.” Rhia versuchte, nicht zu keuchen. „Wann würdet Ihr gern eine Pause machen und essen?”
„Jetzt nicht.”
Sie verfiel wieder in Schweigen und versuchte, an etwas anderes als ans Essen zu denken. Links von ihrem Pfad kratzte ein Eichhörnchen am Erdboden unter einem kleinen Laubhaufen, um eine vergrabene Eichel hervorzuholen. Mit einem Triumphgeschrei eilte das Tier einen nahen Baum hinauf, um einen gemütlichen Fleck zu finden, an dem es speisen und in Rhias Richtung hin angeben konnte.
Der Pfad schlängelte sich den Weg hinauf, und bald wurden Hickorys und Eichen von Pinien und Fichten abgelöst. Auf dem Waldboden vermischten sich Zapfen mit dem Laub, das immer mehr von der Morgensonne ummantelt wurde. Rhia spähte vorsichtig nach den Schatten. So weit waren sie während ihrer Ausbildung nie gegangen.
Endlich blieb Galen an einem Ort stehen, der bewusst ausgewählt zu sein schien, und doch sah er für Rhia nicht anders aus als jeder andere Ort, an dem sie vorbeigegangen waren. Aber ihre müden Beine und ihr leerer Bauch verbaten ihr, sein Zeitgefühl infrage zu stellen. Galen setzte sich auf einen umgestürzten Baum und öffnete seinen Beutel.
„Wir essen zuerst das frische Fleisch. Danach gibt es dann nur noch getrocknetes Wild.”
Sie nahm den Klumpen Fleisch und das Stück Brot, das er ihr hinhielt, und versuchte, nicht zu gierig zu wirken. Ihr Mund allerdings weigerte sich, dabei mitzumachen, und so schlang sie die erste Hälfte der Mahlzeit hinunter, ehe sie etwas schmecken konnte.
„Du hast jedenfalls den Appetit einer Krähe”, sagte Galen. „Jetzt habe ich keinen Zweifel mehr, sie ist dein Geist.”
Rhia zwang sich, zu Ende zu kauen, ehe sie fragte: „Hattet Ihr vorher Zweifel?”
„Bis zur Weihung sind diese Dinge nie sicher.” Er sprach jetzt langsamer, so als wählte er die Worte mit mehr Bedacht. „Manchmal, wenn man seinem Geist keine Ehre erweist, nimmt ein anderer seinen Platz ein.”
Rhia bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend. „Ich habe versucht, Krähe abzuweisen, nach dem Tag bei Dorius. Ich habe versucht, so zu tun ...”
„Dennoch hat Krähe dich gewählt. Ich bin mir sicher.”
Sie fragte sich, wie er sich bei ihr so sicher sein konnte, wo er sich doch bei seinem eigenen Sohn geirrt hatte.
Galen berührte die Spitze der rotbraunen Feder, die um seinen Hals hing. „Der Blick eines Falken ist nur so stark wie sein Wille, zu sehen. Meine Blindheit hat mich früher versagen lassen, und ich habe darum gebetet, es nicht auch bei dir zu tun.” Er sah sie an. „Das habe ich nicht, und das werde ich nicht.”
„Versagen ist endgültig”, bemerkte sie, „und solange Areas lebt, habt Ihr noch nicht versagt. Er wird seinen Weg finden, wenn Ihr ihm helft.”
Galen rollte ein weiches Stück Brot zwischen seinen Fingern und presste es zu einer dünnen Oblate zusammen. „Ich bedauere, dass die Verwirrung meines Sohnes euch beiden Streit gebracht hat.”
„Wenn er so tut, als wäre er etwas, das er nicht ist, welche Zukunft kann uns dann bleiben?”
„Er ist ein Feigling.”
Rhia erschreckten Galens harte Worte, auch wenn sie mit seinem Urteil übereinstimmte. Sie hatte das gleiche Wort für sich selbst verwendet, weil sie ihren eigenen Geist verleugnet hatte.
„Ein Feigling, weil er sich den Wünschen
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