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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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der vergangenen Nacht zusammengeführt hatte. Dann brach er sofort ab und drehte sich fort.
    „Ich mache dir keine Vorwürfe.” Er stand auf und trat ans Feuer. „Aber es ist falsch.”
    Sie erstickte den Funken Scham, der in ihr aufglimmte. „Ich habe es mir nicht zur Gewohnheit gemacht, mit jedem Mann zu verkehren, über den ich im Wald stolpere. Tatsächlich hatte ich vor dir nur einen einzigen Liebhaber.” Sie sah zu, wie er im Feuer herumstocherte, ihr den Rücken zugewandt. „Aber ich glaube nicht, dass falsch ist, was wir getan haben. Vielleicht nach kalindonischen Gebräuchen ...”
    „Kaiindonischen Gebräuchen?” Er lachte scharf. „So wenige es gibt, sie haben nichts damit zu tun. Es hegt an mir. Du kannst es nicht mal ansatzweise verstehen, also, wie gesagt, ich mache dir keine Vorwürfe.”
    „Ich verstehe es aber. Du willst kein Kind zeugen und in deine zweite Phase eintreten, ehe du die Gaben der ersten Phase erlernt hast. Das will ich auch nicht.”
    Zum ersten Mal sah er sie kalt an. „Du verstehst es wirklich nicht. Unsichtbarkeit ist keine Gabe der ersten Phase.”
    Rhia erschauerte. Es hätte offensichtlich sein sollen, eine so starke Gabe bei einem so jungen Menschen. „Du ... du bist verheiratet?”, stieß sie endlich hervor.
    Marek schüttelte den Kopf und wickelte den Fisch aus. „Aber ...” Sie musste sich zu den Worten zwingen. „Du hast ein Kind.”
    „Ich hatte”, sagte er leise, ohne sie anzusehen. „Den hier können wir essen. Etwas trocken, aber nicht verbrannt.”
    „Wann?”, flüsterte sie.
    „Jetzt, ehe er kalt wird.”
    „Das habe ich nicht gemeint.”
    Er legte den Fisch hin und starrte auf den Fluss hinaus. „Vor zwei Jahren. Er ist auf die andere Seite gegangen, kurz bevor er geboren wurde.”
    „Marek, es tut mir so leid. Du musst...” „Er hat seine Mutter mitgenommen.”
    Die Worte erstarben in Rhias Kehle, und sie konnte nur mitleidig seufzen. Eine Kralle der Schuld wetzte sich an ihr, weil sie erleichtert darüber war, dass er jetzt nicht mehr verheiratet war.
    Sie betrachtete ihn, seinen Körper, der über die Überbleibsel des Feuers gebeugt war, und merkte, was sie störte.
    „Hast du in letzter Zeit noch jemanden verloren? Einen Bruder oder eine Schwester?”
    „Nein”, antwortete er.
    Und seine Eltern waren gestorben, als er zehn Jahre alt gewesen war. Das bedeutete, er schnitt sich seit zwei Jahren immer wieder die Haare, statt es nur einmal zu tun. So eine Vorgehensweise war in Asermos unbekannt, vielleicht hielten die Kalindonier es anders. Dennoch bedeutete es, dass er seine Frau und seinen Sohn betrauerte, als wären sie gerade erst verstorben.
    Eines Tages hatte sie vielleicht die Weisheit, einer Person in Mareks Situation zu helfen, ihr verstehen zu helfen, dass der Tod nur ein weiterer Schritt im Dasein war. Bis dahin konnte sie nur menschlichen Trost spenden.
    Sie setzte sich neben ihn und legte ihnen beiden die Decke um die Schultern. Er zerteilte den Fisch und gab ihr das größere Stück. Sie tauschte es gegen das kleine und schob seine Hand zu seinem Mund.
    „Nein”, sagte er. „Coranna hat gesagt, ich soll dich gut füttern.”
    „Und das tust du. Jetzt iss.”
    „Ich habe keinen Hunger.”
    „Ist mir egal.”
    „Ich habe sie umgebracht.” Marek starrte den Fisch an, als würde er sich auch wegen dieses Todes quälen. „Wenn wir besser aufgepasst hätten, wäre sie nicht schwanger geworden, und sie wäre noch am Leben.”
    „Vielleicht. Oder vielleicht wäre sie trotzdem gestorben.” Die Wahrheit war grausam, aber notwendig. „Krähe nimmt uns mit, wenn seine Zeit gekommen ist, nicht unsere.”
    „Krähe weiß nichts von den Gefühlen der Menschen.”
    „Ich glaube, er weiß alles. Ich glaube, er leidet mit uns, wenn jemand stirbt.”
    „Warum nimmt er uns dann immer wieder Menschen? Warum macht er dem Tod nicht ein Ende, und niemand muss mehr leiden, besonders nicht Krähe?” Marek schüttelte den Kopf. „Ich weiß, dass das dumm ist. Menschen müssen sterben, sonst gibt es keinen Platz für jene, die neu geboren werden. Der Tod ist Teil des Lebens. Ich kenne die ganzen Argumente. Aber es ist nicht fair.”
    „Natürlich ist es nicht fair.”
    „Und jede Nacht werde ich daran erinnert. Jede Nacht, wenn ich meine Hand nicht vor Augen sehen kann, selbst wenn der Vollmond scheint, erinnere ich mich, warum.”
    Natürlich. Sie hätte die Zusammenhänge schon früher erkennen sollen. Er war nicht bereit gewesen,

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