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die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin

Titel: die Seelenwächterin - Smith-Ready, J: Seelenwächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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ihr, sich in die sichere Nähe derer, die sie kannte, zurückzuziehen. Stattdessen nahm sie ihren Becher und schlenderte zu Razvin hinüber.
    Überrascht sah er sie an, und als sie neben ihm stand, rang er sich kaum ein „Gratuliere, Rhia” ab.
    „Danke.” Sie nahm einen großen Schluck, unterdrückte ein Schaudern – dieser Meloxa war nicht süßer als der, den sie vorher gehabt hatte – und begegnete seinem suchenden Blick. „Hat es dir geschmeckt?”
    „Das sollte es wohl. Ich habe bei der Zubereitung geholfen.”
    „Dann danke ich dir noch einmal.” Sie drehte sich um, um zu gehen, hielt aber noch einmal inne. „Deine Tochter hat mir vor einigen Nächten das Leben gerettet. Ich hoffe, ich kann ihr diese Ehre eines Tages ebenfalls erweisen.”
    „Ich hoffe, das musst du nie.”
    Sie zögerte. „Wie viele Bären und Bärenmarder gibt es in Kalindos?”
    Sein Blick wurde misstrauisch. „Einige.”
    „Mehr als gewöhnlich?”
    „Einige ist mehr als gewöhnlich. Kalindos ist ein Ort des Friedens. Im Gegensatz zu deiner Heimat.”
    „Asermos hat noch nie jemanden angegriffen. Die Kriege, die wir geführt haben, dienten alle der Verteidigung.”
    „Das stimmt schon.” Er wandte sich wieder seinem Teller zu und murmelte: „Aber nicht alle Kriege werden mit Pfeil und Schwert ausgetragen.”
    Sie betrachtete seine Haltung, um herauszufinden, ob seine Niedergeschlagenheit echt war. Hatten die Asermonier ihn so behandelt, wie er behauptete? Würden sie mit Marek das Gleiche tun? Sie dachte an Malis und Torynnas spottende Worte, damals am Flussufer.
    Bis sie sich entschieden hatte, was sie von Razvin hielt, war es am besten, Mitleid zu zeigen. Außerdem war es keine sehr kluge Taktik, sich Feinde im Rat der Kalindonier zu machen.
    „Im Namen meines Volkes”, sagte sie, „möchte ich mich entschuldigen.”
    Razvin sah erstaunt zu ihr auf, und sein Gesicht erschien ihr zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, arglos.
    Jemand zog an Rhias Arm.
    „Warum verschwendest zu deine Zeit damit, mit meinem Vater zu reden?”, fragte Alanka, „wenn du tanzen könntest?”
    Razvin erlangte seine Fassung sofort wieder und schenkte Rhia ein höfliches Lächeln. „Geh schon, du hast es verdient, dich heute Nacht zu amüsieren, und das gelingt dir sicher nicht mit einem müden alten Mann wie mir.”
    „Vater, hör auf, nach Komplimenten zu fischen.”
    Rhia ließ sich von Alanka zu den Freudenfeuern ziehen. Die Musiker begannen gerade, in einem schnelleren Tempo zu spielen.
    „Weißt du, wie man tanzt?”, fragte Alanka Rhia. „Natürlich. Wir haben auch in Asermos Feste gefeiert.” Sie sah hinauf in die Bäume, in denen Männer und Frauen in verschiedenen Kombinationen beisammensaßen, miteinander flirteten und noch viel weiter gingen. „Aber nicht so.”
    „Das dachte ich mir. Oh!” Alanka wirbelte zu Rhia herum, das Feuer im Rücken. „Siehst du den Mann mit den langen blonden Haaren? Den im grünen Hemd? Das ist Morran, der Rotluchs, von dem ich dir erzählt habe.” Sie schüttelte den Kopf. „Es geht mir besser ohne ihn. Er trinkt zu viel.” Mit dem Kinn deutete sie nach links. „Endrus, der Puma mit den braunen Haaren. Er trinkt auch zu viel.”
    „Was ist mit Marek?”
    „Er hat einen Grund, zu trinken.” Sie zuckte mit den Schultern. „Aber er hat deswegen nie eine Jagd verpasst oder auch nur einen einzigen Schuss verfehlt, was man von Morran nicht behaupten kann.”
    Rhia hielt ihren Becher hoch. „Wie kann man das Zeug überhaupt trinken?”
    „Sie haben deinen nicht genug gesüßt, was? Komm, wir holen dir mehr Honig.”
    Der Geiger spielte zu einer lebhaften Melodie auf, und schon bald schloss sich ihm ein Mann mit einer hölzernen Flöte an und dann einer, der auf einem Saiteninstrument spielte. Junge Menschen sprangen wie aufs Stichwort in einen Kreis und begannen zu tanzen – in kleinen Gruppen, in Paaren oder allein. Die Alteren standen am Rand und klatschten in ausgelassenem Rhythmus.
    Angetrieben von der Musik, dem Essen, den Getränken und ihrer Begegnung mit dem Tod, stellte Rhia ihren Becher hin und schloss sich dem Tanz an. Zum ersten Mal seit Tagen war ihr richtig warm.
    Jemand legte ihr einen Arm um die Taille. Es war Morran, der lachte, als er ihre Überraschung bemerkte.
    „Ich halte dich nicht auf”, sagte er, „bald stehen sie Schlange.”
    „Um mit dir zu tanzen?”
    Er lachte noch lauter, warf seinen Kopf zurück und schloss die braunen Augen. „Nein, mit

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