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Die Seemannsbraut

Die Seemannsbraut

Titel: Die Seemannsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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zitterte. Dann enthüllte das scharfe Glas jenseits von Upholder eine bräunliche Segelpyramide: die wartende
Thor
.
    Er setzte das Fernglas ab und ordnete seine Gedanken. War er von Anfang an entschlossen gewesen, den Angriff selbst zu führen? Wenn die Sache schiefging, würde man ihn gefangennehmen oder … Er verzog den Mund. Das Oder war es nicht wert, daran zu denken.
    Bolitho wußte sehr wohl, auch wenn er einen anderen Offizier mit dem Kommando betraute und der Angriff mißglückte, würde man ihm die Schuld zuschreiben. Die nächsten Monate waren für England zu wichtig, besonders für die Flotte. Und Führerschaft und Vertrauen gingen Hand in Hand. Aber für die meisten Seeleute unter seinem Befehl war er noch ein Fremder und mußte ihr Vertrauen erst erwerben. Gehörte Todessehnsucht etwa auch zu seinen Motiven? Unwillig verwarf er den Gedanken.
    Er richtete sein Augenmerk wieder auf die stämmige Brigg, wie sie sich duckte und über die steilen Wellen stieg. In Gedanken sah er bereits das Land. Der Ankerplatz von La Guaira bestand hauptsächlich aus einer offenen Reede vor der Stadt. Sie wurde durch mehrere Forts verteidigt. Einige davon waren wegen der kommenden und gehenden Schatzschiffe ganz neu angelegt.
    Obwohl La Guaira nur etwa sechs Meilen von der Hauptstadt Caracas entfernt war, konnte man diese einzig über eine gewundene und etwa viermal so lange Bergstraße erreichen.
    Sobald man die
Hyperion
und ihre Begleitschiffe von Land aus sichtete, würden die Spanier schleunigst die Hauptstadt benachrichtigen. Aber wegen der damit verbundenen Verzögerung könnte La Guaira ebensogut eine Insel sein, dachte Bolitho. Alle die von Handelsschiffen und Blockadebrechern gesammelten Informationen wiesen darauf hin, daß man die gekaperte Fregatte
Consort
nach Puerto Cabello gebracht hatte, siebzig Meilen weiter westlich an der Küste. Sie hatte er absichtlich als sein Motiv herausstellen lassen. Doch wenn die Spanier nicht glaubten, daß die britischen Kriegsschiffe allein wegen der Fregatte gekommen waren? Es hing so viel von Prices Karten und Beobachtungen ab – und vor allem vom Glück.
    Er schaute zum Deck hinunter und biß sich auf die Lippen.
    Auch vor neun Jahren, als er die alte
Hyperion
geführt hatte, hätte er keinen Untergebenen mit einer solchen Mission beauftragt. Er wandte sich an die Seesoldaten. »Bald gibt es Arbeit für euch, Kinder.«
    Als er sich von der Saling hinunterschwang, sah er immer noch ihre grinsenden Gesichter vor sich. Es war ja so leicht: ein gutes Wort, ein Lächeln, und sie würden für ihn sterben. Das machte ihn traurig und bescheiden zugleich.
    Bis er unten ankam, war er sich über alles klar geworden.
    »Gut denn, in einer Stunde ändern wir Kurs nach Südwest.
Upholder
und
Tetrarch
sollen dichter unter Land kreuzen. Wir selbst wollen den Dons nicht so nahekommen, daß sie unsere Stärke erkennen …«
    Alle nickten beifällig, nur Segelmeister Penhaligon lächelte sauer. Bolitho setzte hinzu: »Oder unsere Schwäche.
Thor
soll sich zusammen mit
Vesta
in Luv von uns halten. Geben Sie mir Bescheid, wenn es hell genug ist, um zu signalisieren.«
    Er schritt zum Poopdeck und blieb noch einmal stehen.
    »Kapitän Haven, einen Augenblick, wenn ich bitten darf.«
    In der großen Kajüte fiel das zunehmende Sonnenlicht durch das getrocknete Salz auf den Heckfenstern und malte seltsame Muster auf den Boden. Das Schiff hatte bereits vor Tagesanbruch klar zum Gefecht gemacht. In Bolithos Unterkunft waren Vorhänge, Verkleidungen und spanische Wände abgenommen und das Mobiliar zur Sicherheit in die unteren Räume gebracht worden. Er musterte die schwarzen Rohre der Neunpfünder vor den geschlossenen Stückpforten zu beiden Seiten der Kajüte. Diese zwei Schönen hatten nun den Raum für sich.
    Haven stand breitbeinig da, den Hut in beiden Händen. Bolitho hatte ihm den Rücken zugekehrt und sah durch das verschmierte Glas auf die See hinaus.
    »Ich habe die Absicht, mich in der Abenddämmerung auf
Thor
einzuschiffen«, begann Bolitho. »Sie übernehmen die
Hyperion,
zusammen mit
Vesta
und
Tetrarch.
Beim ersten Tageslicht morgen früh sollten Sie vor Puerto Cabello stehen. Der Feind wird überzeugt sein, daß Sie einen Angriff beabsichtigen. Man wird Ihre volle Kampfkraft nicht erkennen – bisher sind wir noch unentdeckt geblieben.«
    Er drehte sich um und sah gerade noch rechtzeitig, daß der Kommandant seinen Hut zerknüllte. Bolitho hatte einen Gefühlsausbruch oder

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