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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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unsichtbar wurden. Weshalb unsere Vorgänger diese Einsprengsel nicht entdeckten, ist uns ein Rätsel. Vielleicht sind sie nicht auf die Idee gekommen, die Wellenlängenbilder miteinander zu verbinden, oder ihre Computer waren nicht leistungsfähig genug für solche Operationen. Aber vielleicht hatten sie das Phänomen doch registriert und seine Bedeutung nur nicht erkannt. Auf jeden Fall haben unsere Leute in Paris dieses Bild gründlich analysiert. Die schemenhaften Objekte entsprechen mit einem Durchmesser von ungefähr zwanzigtausend Kilometern genau der Größe eines phelanischen Lichtsegels. Was wir hier sehen, meine Damen und Herren, ist ein Bild der Far Horizons und ihrer Schwesterschiffe beim Start!
    Sie können sich unsere Aufregung vorstellen, als wir uns bewusst wurden, was wir da sahen. Eine schnelle Berechnung ergab dann aber, dass vier Lichtsegel keine zwei-Komma-fünf-prozentige Trübung des Lichts der Nova zu bewirken vermocht hätten. Um den sich aufblähenden Feuerball so zu verdunkeln, wären viel mehr Lichtsegel erforderlich gewesen.«
    Pierce atmete tief durch und schaute kurz von seiner Textvorlage auf. Der triumphierende Ausdruck in seinen Augen war nicht zu übersehen. »Meine Damen und Herren, wenn wir davon ausgehen, dass die Schiffe der Phelaner in einem Winkel von zwanzig Grad zu beiden Seiten der Ekliptik ihres Systems standen, als Tau Ceti explodierte, beträgt die Anzahl der Lichtsegel, die erforderlich war, um die beobachtete Verdunkelung hervorzurufen, mehr als einhunderttausend!«

26
    Tory stand auf dem Balkon des Wohnbereichs der phelanischen Botschaft und suchte den Himmel nach Flugzeugen ab. Es herrschte ein Flugbetrieb wie auf einer Airshow. Direkt über und unterm Balkon schwebten drei Polizei-Hover-Cruiser. Sie balancierten auf Unterbodendüsen und schienen am Himmel festgenagelt. Das normalerweise leise Zischen dieser Fluggeräte geriet durch die Schalltrichterwirkung der Häuserschluchten zu einem Crescendo. Der warme Wind der Triebwerksabgase strich übers Dach, zerrte an ihrer Kleidung und zerzauste ihr das Haar.
    Viel höher und weiter weg zogen mehrere helle Funken am klaren blauen Himmel ihre Bahn: Militärflugzeuge. Und in den Häuserschluchten verborgen waren die Polizeieinheiten, die ganze acht Straßenzüge abgeriegelt hatten. Die Polizei hatte den ganzen Büroturm unterhalb der Botschaft besetzt und die paar Tausend Menschen evakuiert, die normalerweise im Gebäude arbeiteten. Überall waren Wachen postiert. Die unteren zwei Etagen der Botschaft waren auch verlassen. Von den menschlichen Mitarbeitern hatte sich seit drei Tagen keiner mehr blicken lassen.
    Tory verzog das Gesicht und beobachtete das patrouillierende Flugzeug. Sie hatte natürlich gewusst, dass es so enden würde — aber doch erst in sechs Jahren! Nun würden sie nie erfahren, ob der großartige Plan der Phelaner funktioniert hätte. Das fein gesponnene Gespinst aus Fiktion, das der Plan darstellte, war durch einen einzigen ausgefransten Wahrheitsfaden aufgedröselt worden.
    Die Reaktion auf Dard Pierces Enthüllung war genauso schnell wie verheerend gewesen. Selbst Räte, die normalerweise nichts aus der Fassung zu bringen vermochte, waren aufgesprungen und hatten die Phelaner verflucht. Weitere scharfe Anklagen waren gefolgt, als verschiedene Politiker sich attestierten, schon immer gegen die phelanische Resolution gewesen zu sein. Auch nach drei Tagen war die Atmosphäre noch hoch explosiv. Es schien, als ob jeder Amtsinhaber und Funktionär auf dem Planeten sich im Nachhinein als Widerstandskämpfer gegen die Außerirdischen profilieren wollte.
    Die Geschichte war mit Lichtgeschwindigkeit um die Welt gegangen und hatte sich im Weltraum verbreitet. Damit einhergegangen war eine Schockwelle aus Unglauben und Wut. Als dieser erste Schock abflaute, verlegten die Nachrichtenagenturen sich auf Ausschmückungen, um das Interesse der Öffentlichkeit aufrechtzuerhalten. Es hatte ein regelrechter Rummel eingesetzt, und die Wissenschaftler überboten sich mit ihren Prognosen bezüglich der Größe der Dritten Flotte. Die höchste Schätzung, die Tory bisher mitbekommen hatte, belief sich auf 250.000 Sternenschiffe mit über dreißig Milliarden Flüchtlingen. Die Botschaft hatte auch keinen Versuch unternommen, diese bizarren Übertreibungen zu korrigieren — die Wahrheit war auch so schon schlimm genug.
    Zwei Jahre lang hatte Tory sich in schlaflosen Nächten schweißgebadet gefragt, wie die Leute ihren

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