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Die Segel von Tau-Ceti

Die Segel von Tau-Ceti

Titel: Die Segel von Tau-Ceti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Phelanerin. Sie hatten fünfzig Meter im engen Tunnel zurückgelegt, als sie zu einer Abteilung gelangten, die kaum größer war als eine Ausbuchtung des Gangs - nur dass die Hälfte der zylindrischen Wand plötzlich transparent wurde und das perlige Glühen des Lichtsegels durchließ.
    Tory ging zum Fenster und schaute hinaus. Das Segel war eine glühende Wand, die die Hälfte des Weltalls abdeckte. Davor — kaum einen Kilometer entfernt — schwebte das große kugelförmige Gebilde, aus dem ein Wald endlos langer Leinen spross. Die Leinen glühten im violetten Licht von Elektronen, die im Vakuum schimmerten. Das war also der Ankerpunkt, an dem die Far Horizons bei ihrem Fall zur Sonne aufgehängt war.
    Wegen des Unterschieds zwischen der Umdrehungsgeschwindigkeit des Sternenschiffs und des Lichtsegels schien die ganze Konstruktion einen riesigen Reigen zu vollfuhren. Tory hatte das Gefühl, in der Nähe einer großen Fahrradfelge zu stehen und die Rotation der Speichen zu beobachten — nur dass kein Fahrrad jemals so viele Speichen gehabt hatte wie das Sternenschiff der Phelaner. Die Befestigungsleinen verdrillten sich bei ihrem Tanz am Himmel derart, dass sie ein violett-schwarzes Kaleidoskop in ständiger Metamorphose vor einem perlweißen Hintergrund bildeten.
    Tory stand für eine Weile wie hypnotisiert da, bevor sie den Blick auf das »Anhängsel« selbst richtete. Ein Kabel so dick wie ein menschlicher Rumpf ging von der Ankerkugel aus und verschwand schließlich hinter einer Erhebung achtern am Sternenschiff. Sie musste auch nicht erst das Ende des dicken Kabels sehen, um zu wissen, dass das der Punkt war, an dem die Far Horizons aufgehängt war.
    Oberhalb der Ankerkugel fächerten die Befestigungsleinen aus. Jede war beim Austritt aus der schwarzen Sphäre so dick wie ein Peitschengriff. Der Durchmesser verringerte sich dann perspektivisch, bis die Leinen schließlich bis zur Unsichtbarkeit verdünnt wurden.
    »Wie regulieren Sie eigentlich die Leinenlänge?«, fragte Tory Maratel. Das Geheimnis, wie die Außerirdischen ein so unhandliches Objekt wie das Lichtsegel kontrollierten, war schon Gegenstand etlicher Feierabendgespräche im Gemeinschaftsbereich gewesen.
    »Sehen Sie diese Verdickungen?« Maratel deutete auf die peitschengriffartigen Formen, die aus der Sphäre wuchsen. »Wir verändern die Länge der Leinen, indem wir sie einholen oder verlängern. In diesen Verdickungen bewahren wir das zusätzliche Material auf.«
    »Ich sehe aber keine Gleitstücke, um eine Drehbewegung zu ermöglichen«, sagte Tory beim Blick auf die Sphäre. Um seinen Zweck zu erfüllen, musste der Anhang quasi als Differenzial den Unterschied in der Umdrehungsgeschwindigkeit des Sternenschiffs und des Lichtsegels ausgleichen. Wie er diese Aufgabe erfüllte, war jedoch nicht ersichtlich.
    »Wir verwenden ein molekulares Gleitsystem. Falls Sie sich dafür interessieren, wird es Ihnen jemand erklären, sobald wir wieder zurück sind.«
    Tory lachte gezwungen. »Erklären Sie es Garth oder Kit. Sonst wird mein Gehirn noch wegen Informationsüberlastung explodieren.«
    Sie standen einige Zeit da und beobachteten die riesige Pirouette am Himmel. Schließlich fragte Maratel, ob Tory genug gesehen hätte.
    »Ja, danke. Gehen wir jetzt zu den Fällen?«
    Maratel nickte. »Wir müssen nur ein Stück an der Peripherie entlang, um den nächsten Expresslift zu erreichen. Ich nehme nicht an, dass Sie Lust haben, die Wartungsleiter zu erklimmen.«
    »In Ihrem Schwerefeld? Nein, bitte nicht!«
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir unterwegs noch einmal Halt machen?«
    »Wo denn?«
    »Sie werden schon sehen.«
    Tory drang nicht weiter in sie. Maratel hatte schon ein paarmal ein Geheimnis daraus gemacht, wo sie mit Tory hingehen wollte, und jedes Mal war das Ziel das Warten wert gewesen. Sie hatte sich auch schon gefragt, ob diese Geheimniskrämerei ein allgemeiner Charakterzug der Phelaner war oder nur eine persönliche Marotte von Maratel.
    Die Außerirdische führte sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Sie mussten dann doch eine Kletterpartie über fünfzig Meter absolvieren, um die Kreuzung eines Hauptgangs zu erreichen. Danach unternahmen sie eine Wanderung entlang des Schiffsumfangs. So dicht an der Drehachse war der Gang ziemlich stark gekrümmt. Sie schienen sich immer an der tiefsten Stelle einer großen Mulde zu befinden, von wo die Korridore sich in beide Richtungen nach oben erstreckten. Und so weit sie auch gingen, sie

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